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Zur Einschätzung der epidemiologischen Situation von Campylobacter spp., Yersinia enterocolitica, Salmonella spp., Rotaviren und Kryptosporidium parvum in Milchviehbeständen mit Durchfallproblemen im nördlichen Baden-Württemberg wurden in einer Querschnittsstudie 425 Kälberkotproben und 401 Kuhkotproben in 30 Milchviehbetrieben entnommen und untersucht. Zum Zeitpunkt der Probenentnahme zeigte mindestens ein Kalb je Betrieb klinische Symptome einer Durchfallerkrankung. In jedem Betrieb wurden alle Kälber im Alter von 0 - 21 Wochen und deren Mütter in die Studie miteinbezogen. Zusätzlich wurden betriebsspezifische und einzeltierspezifische Daten erhoben und Umgebungsproben von den Kälberboxen und dem Tränkegeschirr entnommen. Die untersuchten bakteriellen Erreger wurden mittels Anzüchtung aus den Kot- und Umgebungsproben isoliert und anschließend biochemisch (C. spp., Y. enterocolitica) bzw. anhand der Objektträgeragglutinationsreaktion (Salmonellen) differenziert. Zusätzlich wurden aus den Kälberkotproben bovine Rotaviren und Kryptosporidium parvum mittels kommerzieller ELISA-Tests bestimmt. Kryptosporidium parvum wurde parallel außerdem mittels phasenkontrastmikroskopischer Untersuchung nachgewiesen. Folgende Prävalenzen wurden festgestellt: Erreger Prävalenz Campylobacter spp. 29,6 % C. jejuni subsp. jejuni 89,7 % C. jejuni subsp. doylei 7,1 % C. coli 3,2 % Y. enterocolitica 0,7 % Salmonella spp. 4,7 % bovine Rotaviren 7,5 % Kryptosporidium parvum 19,3 % Die Prävalenzen aus den Kuhkotproben betrugen für Campylobacters spp. 13,9 %, für Y. enterocolitica 4 % und für Salmonellen 1,2 %. Sowohl eine klinisch festgestellte Durchfallerkrankung als auch die Nachweishäufigkeit der untersuchten Erreger waren vom Lebensalter der Kälber abhängig. Diarrhoeerkrankungen traten in den ersten vier Lebenswochen der Kälber signifikant häufig auf. Zwischen dem Auftreten einer klinischen Diarrhoe und dem Nachweis von Erregern bestand, bis auf bovine Rotaviren, jedoch kein Zusammenhang. Der Großteil der Durchfälle trat mithin unabhängig von den hier untersuchten Erregern auf. Die Erreger C. spp. und Y. enterocolitica spielen im Rahmen des Kälberdurchfallkomplexes eine untergeordnete Rolle, da für beide Erreger kein Zusammenhang zwischen dem Lebensalter, in dem Durchfallerkrankungen bei Kälbern vermehrt auftreten, und einer gleichzeitig vorhandenen Durchfallerkrankung feststellbar war. Salmonellen werden vermehrt von neugeborenen Kälbern (< 1 Woche) bzw. von Kälbern, die sich neben der Geburt in einer weiteren Stressphase befinden, ausgeschieden. Es bestand weiterhin kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Ausscheidungshäufigkeit von C. parvum und einer Durchfallerkrankung. Kälber scheiden C. parvum nicht nur in den ersten vier Lebenswochen sondern auch später aus, was die Vermutung nahe legt, dass ältere Kälber als symptomlose Ausscheider fungieren. Somit verteilen sie den Erreger in der Umwelt und können Neugeborene damit infizieren. In der univariaten Analyse wirkten sich die Rinderzahl und Kälbergesamtzahl der einzelnen Betriebe, die Tränkemethode, die Haltung sowie die Rasse unterschiedlich signifikant auf die Nachweishäufigkeit der untersuchten Erreger aus. In Betrieben mit weniger als 132 Rindern waren Campylobacter spp. seltener nachweisbar als in Betrieben mit mehr als 144 Rindern. Salmonellen waren in Betrieben mit weniger als 22 Kälbern signifikant häufiger nachweisbar. Die Nachweishäufigkeit von Campylobacter war am größten bei abgesetzten bzw. in einer Gruppe gehaltenen Kälbern, während jene von C. parvum und bovinen Rotaviren bei einzeln gehaltenen bzw. mit dem Nuckeleimer getränkten Kälbern am größten war. Außerdem wurden bei schwarzbunten Kälbern signifikant seltener bovine Rotaviren nachgewiesen als bei Kälbern anderer Rassen. Die multivariate Analyse der hier vorliegenden Untersuchungen machte deutlich, dass sowohl bovine Rotaviren als auch Salmonellen häufige Erreger im Kälberdurchfallkomplex darstellen. In Bezug auf Campylobacter spp., Y. enterocolitica und C. parvum wurde deutlich, dass diese Erreger von meist symptomlosen, älteren Tieren ausgeschieden werden, und diese als Ansteckungsquelle für andere, meist jüngere Kälber dienen. Bei den fünf untersuchten Erregern handelt es sich um potentiell auch für den Menschen infektiöse Keime. Zudem stellen Kälber nach den in der hier vorliegenden Studie ermittelten Prävalenzwerten insgesamt ein Reservoir für diese fünf zoonotischen Erreger dar.