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Vibrio spp. sind ubiquitär in marinen Lebensräumen verbreitet und können regelmäßig aus der Umwelt und aus Lebensmitteln (z. B. Garnelen und Krabben) isoliert werden. Der Verzehr von bzw. Kontakt zu Lebensmitteln, die Vibrio spp. enthalten, kann beim Menschen zu Erkrankungen führen. Die Spezies sind durch eine hohe genetische Diversität gekennzeichnet. So kann bei V. parahaemolyticus z. B. zwischen pandemischen Typen und umweltassoziierten Stämmen unterschieden werden. Neben der genetischen Ausstattung spielen auch Umweltbedingungen, wie z. B. Hitze oder Kälte, eine entscheidende Rolle, Resistenzen gegenüber der Prozessierung und Zubereitung von Lebensmitteln auszubilden bzw. Krankheiten auszulösen.
In 28 % der im deutschen Einzelhandel erstandenen Garnelen- und Krabbenerzeugnisse konnten eine oder mehrere Vibrio spp. nachgewiesen werden. Dabei war in nahezu 50 % der Vibrio spp.-positiven Proben mindestens ein V. parahaemolyticus-Isolat vorhanden. In 45,5 % der V. parahaemolyticus-positiven Proben konnte trh und in 4,5 % tdh/trh nachgewiesen werden.
Mit Hilfe der Multi-Locus-Sequenz-Typisierung (MLST) konnte eine hohe genetische Diversität für die verschiedenen untersuchten V. parahaemolyticus-Stamm-Gruppen gezeigt werden. Dabei wurde, wie für Umweltstammsammlungen typisch, ein hoher Anteil neuer Allele und Sequenztypen identifiziert. Stammcluster enthielten hauptsächlich Stämme, die vom selben Kontinent stammten. Die hohe Diversität der Sequenztypen führte zu wenig verlässlichen Verbindungen bei den Analysen auf Nukleotid-Ebene. Die Verlässlichkeit konnte erhöht werden, indem die Beziehungen auf Peptid-Ebene mit Hilfe des neu entwickelten AA-MLST-Typisierungsschemas untersucht wurden. Die dabei beobachtete Abnahme der Diversität beruht vor allem darauf, dass nur nicht-synonyme Nukleotidsubstitutionen zu einer veränderten Aminosäure führen. Auf Peptid-Ebene zeigten die Cluster keine Abhängigkeit zur geographischen Herkunft der Stämme. Vor allem die häufig auftretenden Peptid-Sequenztypen waren durch eine globale Verbreitung gekennzeichnet. Allerdings konnten auch nur lokal auftretende Peptid-Sequenztypen identifiziert werden. Die Analyse der Populationsstruktur ergab – übereinstimmend mit der Literatur –, dass diese dem epidemischen Modell der klonalen Expansion folgt und sich vor allem durch die Lebensweise von V. parahaemolyticus erklären lässt, die häufige Anpassungen auch auf genetischer Ebene nötig macht.
Die Studien zur Veränderung der Genexpression bei V. parahaemolyticus ergaben, dass Temperaturstress – sowohl bei Kälte als auch Hitze – zu einer globalen Anpassung der Expression durch Repression und Induktion führt. Bei niedrigen Temperaturen wurden vor allem Gene induziert, die mit der Anpassung an atypische Umweltbedingungen assoziiert sind. Dazu zählen u. a. die klassischen Kälteschock-Proteine (CSP), Proteine zur Modifikation der DNA-Topologie, Reparatur der DNA sowie für die Biosynthese und Degradation von Membranbestandteilen. Bei Hitze überwog dagegen die Induktion von Genen, die am Metabolismus oder an Transportprozessen beteiligt sind. Zusätzlich wurden die klassischen Hitzeschock-Proteine (HSP) induziert. Generell konnte eine antagonistische Expression von CSPs und HSPs beobachtet werden. Durch Hitze wurden Gene induziert, die ggf. zu einer Kreuzprotektion gegenüber oxidativem Stress führen könnten. Dagegen könnte durch Kälte die Resistenz gegenüber Säurestress erhöht werden, da Gene der molekularen Säurestress-Antwort induziert wurden. Von den klassischen Pathogenitätsfaktoren, wie z. B. Exotoxinen und Sekretionssystemen, wurden keine umfassend durch Temperaturstress induziert. Allerdings wurde bei 42 °C eine Induktion von Genen beobachtet, die an der Adhärenz, am Schwärmen und an der Auflösung von Geweben beteiligt sind. Somit könnten die Kolonisierung und/oder Invasion von V. parahaemolyticus nach einem Hitzeschock erleichtert sein.