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Probiotika werden wegen ihrer heilsamen Wirkung schon lange in der Nutztierhaltung eingesetzt. Bisher ist wenig zu ihrer Wirkungsweise bekannt. In der vorliegenden Arbeit sollte der Einfluss des probiotischen Stammes E. faecium auf die Morphologie der Darmschleimhaut des Schweins untersucht werden.
Zur Untersuchung gelangten insgesamt 40 Ferkel im Alter von 14, 28, 35 und 56 Tagen. Je 20 Tiere erhielten das Probiotikum Enterococcus faecium SF 68 (NCIMB 10415, Cyclactin®, Roche) als Futterbeigabe bzw. dienten als Kontrolle. Jede Altersgruppe, bestehend aus fünf Ferkeln, deren Muttertiere (Duroc x Deutsche Landrasse) bereits ab dem 25. Trächtigkeitstag probiotisch gefüttert worden waren, erhielt ab dem 15. Lebenstag Futter, das mit dem Probiotikum supplementiert war.
Gewebeproben für licht- und elektronenmikroskopische, histochemische bzw. morphometrische Untersuchungen wurden unmittelbar nach der Euthanasie der Tiere (mit dem Pentobarbital Natrium- Produkt Eutha 77®) aus dem Duodenum, proximalen und distalen Jejunum, Ileum, Caecum, Colon ascendens und dem Colon descendens entnommen.
Die Gewebeproben wurden in Bouin für die Lichtmikroskopie bzw. in 2% Paraformaldehyd + 2,5% Glutaraldehyd in 0,1M Cacodylatpuffer (pH 7,5) für die Rasterelektronenmikroskopie fixiert.
Morphometrische Untersuchungen der Zottenlänge, Kryptentiefe, des Verhältnisses von Zottenlänge zu Kryptentiefe sowie des Vergrößerungsfaktors der Schleimhautoberfläche wurden an ca. 5µm dicken H.E. Schnitten bei 6,25 bzw. 125facher Vergrößerung durchgeführt.
Mit Hilfe der Perjod Schiff-Alzianblau Methode wurden die Schleimsubstanzen der Darmschleimhaut charakterisiert bzw. die Anzahl der Becherzellen ermittelt. Zum Nachweis von Zellproliferationen wurde der gegen das Kernprotein Ki67 gerichtete MIB-I Antikörper angewandt. Das Vorhandensein des programmierten Zelltodes wurde mit der TUNEL-, Apostain- und Caspase3- Methode geprüft.
Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen ergaben hinsichtlich der Zottenformen ein sehr vielfältiges, jedoch fütterungs- und altersunabhängiges Bild. Die am häufigsten vorkommenden zungen- bzw. fingerförmigen Zotten wurden besonders im Duodenum und Ileum durch Zottenkämme ergänzt. Letztere waren im Ileum kranzförmig um die, in diesen Darmabschnitten häufig vorkommenden, sog. Dome angeordnet.
Die Zottenlänge zeigte bei Kontroll- und Probiotikumtieren gleichermaßen eine Verkürzung am 35. Lebenstag im Vergleich zu den jüngeren und älteren Individuen. Dieses Phänomen zeigte sich auch in den abnehmenden Werten des Zotten-Kryptenverhältnisses bzw. des Vergrößerungsfaktors der Schleimhautoberfläche durch Zottenbildung und der in den Zotten des Duodenums und Ileums bzw. den Krypten des Duodenums und Caecums abnehmenden Zahl der Becherzellen.
Die Lieberkühn Krypten waren ganz allgemein im Dickdarm tiefer als im Dünndarm, sie nahmen in allen Darmabschnitten mit fortschreitendem Alter an Länge zu.
Das Verhältnis zwischen Zottenlänge und Kryptentiefe ergab im Jejunum die höchsten Werte.
Der Vergrößerungsfaktor für die Darmoberfläche durch Kryptenbildung war im Jejunum und Ileum im Vergleich zu den Dickdarmabschnitten signifikant (p < 0,05) kleiner.
Eine altersabhängige Zunahme des Faktors war hier nicht so deutlich zu erkennen wie im Falle der Kryptentiefe. Im proximalen und distalen Jejunum sowie im Colon ascendens nahm der Vergrößerungsfaktor bis zum 35. Tag zu, am 56. Tage hatte er wieder ein niedrigeres Niveau erreicht.
Die qualitative Beurteilung der Becherzellen ergab, dass deren Schleimsubstanzen im gesamten Darmtrakt größtenteils Alzianblau-positiv, also sauer reagierten.
Der die Darmoberfläche bedeckende Schleim war im Dünndarm PAS-positiv und im Colon ascendens Alzianblau-positiv.
Die quantitative Bestimmung der Becherzellen wies im Duodenum der 14 Tage (p < 0.05) alten Tiere einen signifikanten Unterschied auf. Die Probiotikatiere hatten in diesem Darmabschnitt mehr Becherzellen in den Zotten als die Kontrolltiere.
Die Anzahl der proliferationsaktiven Zellen war, verglichen mit den übrigen Darmabschnitten, in den Krypten des Jejunums am größten. Die hier ermittelten Werte unterschieden sich in allen Altersgruppen deutlich von denen des Duodenums und im proximalen Teil auch von allen Dickdarmabschnitten.
Die zum Nachweis von Apoptosevorgängen angewandten Methoden brachten keine zuverlässigen Ergebnisse.
Mit Ausnahme der bei der quantitativen Erfassung der Becherzellen festgestellten Unterschiede zwischen Kontroll- und Probiotikumtieren konnte für alle erhobenen Untersuchungsparameter im gesamten Darmtrakt kein deutlicher Gruppeneffekt festgestellt werden. Das bedeutet, dass der Zusatz von E. faecium zum Ferkelfutter keine offenkundigen Veränderungen an der Morphologie des Dünn- und Dickdarms bewirkt hatte.