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Die koronare Blutflussregulation und somit die Sauerstoffbereitstellung an das Myokard wird durch interagierende Mechanismen (metabolische, myogene, endotheliale, neurogene Kontrolle), die die Widerstände der Gefäßsegmente regulieren, optimiert. Humanmedizi-nisch- klinische und physiologische Untersuchungsergebnisse weisen eindeutig auf die Rele-vanz der koronaren Arteriolen mit Durchmessern kleiner 20 µm bezüglich der physiolo-gischen und pathophysiologischen Durchblutungsregulation des Herzens hin. Das erste Ziel bestand in der Etablierung eines neuartigen Modells, um erstmalig Durchmesseränderungen koronarer, terminaler Arteriolen zu untersuchen. Das zweite Ziel war die Beurteilung druck-vermittelter (myogener) Regulationsmechanismen des Blutflusses in diesem Gebiet. Bei Nichtauffinden eines geeigneten arteriolären Gefäßabschnittes fanden alternative Untersu-chungen zu postkapillären Venolen statt. Isolierte Rattenherzen wurden in ein modifiziertes, miniaturisiertes Langendorff-Modell integriert und mit einer 37 °C warmen, oxygenierten (O2:CO2, 97:3% vol:vol) Krebs-Henseleit-Lösung (KHL) perfundiert (CaCl2 1,25 mmol/l, KH2PO4 1,2 mol/l, Pyruvat 2 mol/l, KCl 3,8 mol/l, MgCl2 x 6 H2O 1,2 mol/l, NaHCO3 15,5 mol/l, Glukose 11,5 mol/l, Mannitol 16 mol/l, NaCl 123,4 mol/l, EDTA 0,05 mol/l, Insulin 5 IE). Der pH-Wert, der O2- und CO2-Partialdruck wurden während der Untersuchungen regelmäßig kontrolliert. Nach einer Stabilisierungsphase (30min) schloss sich die Rezirkulation (Volumen 20 ml) und die selektive Arretierung der Herzmuskelzellen durch Tetrodotoxin (50 µmol/l) an. Vorversuche ergaben einen Untersuchungszeitraum von 120min mit stabilen Funktionswerten. Das Perfu-sionssystem wurde auf einen Mikroskoptisch platziert und das Mikroskop zur Visualisierung der koronaren Gefäße um 90° gekippt. Fluoresceinisothiozyanat-Dextran im Perfusat ver-stärkte den Kontrast. Die Differenzierung zwischen Arteriolen und Venolen erfolgte durch die Beurteilung der Flussrichtung fluoreszierender Mikrobeads. Ein computer- kontrollierter Perfusionsdruck (PP) von 80 mmHg galt als Kontrolldruck (mmHg x 0,133 = kPa). Der PP wurde in der Hauptgruppe in 20 mmHg Schritten stufenweise auf Werte zwischen 40 mmHg und 140 mmHg eingestellt (PPArt, n = 6). Die Ermittlung des maximalen Regulationsspektrums (40 bis 140 mmHg) erfolgte in Vorversuchen (VV) an isolierten, schlagenden Herzen. In allen Versuchen fand nach einer jeweils 10-minütigen Stabilisierungsphase pro Druckstufe die Videoaufzeichnung der Gefäße statt. Die Durchmesser zu den einzelnen Druckstufen wurden offline ermittelt. Es wurden bis zu 19 Arteriolen pro Herz und Druckstufe untersucht. Um passive Antworten koronarer Arteriolen zu bestimmen, wurden die Gefäße in einer zweiten Gruppe (PAP+SNP, n = 6) vor den Druckänderungen bei sonst identischem Untersuchungsverlauf maximal dilatiert. In einer dritten Gruppe (PPArtKontrolle, n = 3) blieb der PP konstant 80 mmHg für 120min. Postkapilläre Venolen wurden bei konstantem koronaren Fluss in folgenden Gruppen untersucht: In der vierten Gruppe (Venolen, n = 5) wurde der Druck im rechten Vorhof in 5 cm-Schritten (0 cmH2O bis 30 cmH2O) geändert, (cmH2O x 0,098 = kPa). Die fünfte Gruppe (KontrolleVenolen, n = 4) diente Untersuchungen, während derer der Druck im rechten Vorhof konstant 0 cmH2O für 120min blieb. Es wurden bis zu 16 Venolen pro Herz und Druckstufe untersucht. Darüber hinaus sollen die Ergebnisse zusätzlicher VV als Grundlage für weitere Projekte dienen (Dosis- Wirkungsbeziehungen: Adenosin-Konzentrationen in der KHL von 10 -7 mol/l bis 10 -4 mol/l, Nitroprussid-Natrium-Konzentrationen in der KHL von 10 -8 mol/l bis 10 -6 mol/l, Maximaldilatation der Gefäß- muskulatur durch Dipyridamol in der KHL von 1,25 x 10 -4 mol/l). Der Steigungskoeffizient (b1) der Druck-Flussbeziehungen betrug in der Gruppe PPArt 0,05 ± 0,008 ml/min/mmHg, in der Gruppe PAP+SNP 0,13 ± 0,011 ml/min/mmHg und in der Gruppe PPArtKontrolle -0,02 ± 0,003 ml/min/min (arithmetischer Mittelwert (0 ) ± Standardfehler des Mittelwertes).Die Arteriolen wurden in zwei Gruppen (Ausgangsdurchmesser < 10 µm und > 10 µm) eingeteilt. PP-Senkungen führten in der Gruppe PPArt zur Gefäßdilatation: 40 mmHg: 20,9/ 14,0; 60 mmHg: 11,0/ 10,6 (Mediane der prozentualen Durchmesseränderungen; Gefäße < 10 µm/ > 10 µm). PP-Steigerungen riefen Gefäßkonstriktionen hervor: 100 mmHg: -7,3/ -9,2; 120 mmHg: -18,6/ -9,6; 140 mmHg: -5,1/ -10,6. Die Maximaldilatation der Gefäße vor den Druckänderungen in der Gruppe PAP+SNP führte zu passiven Durchmesserände-rungen: PP 40 mmHg: -15,4; 60 mmHg: -8,2; 100 mmHg: 3,8; 120 mmHg: 8,2; 140 mmHg: 17,5 (Mediane der prozentualen Durchmesseränderungen). In der Gruppe PPArtKontrolle blieben die Durchmesser annähernd konstant: bis 60min 0,0, nach 80min 0,9, nach 100min -0,2, nach 120min 0,7. Die Streuung der Daten war im Gefäßsegment < 10 µm größer als bei Ausgangsdurchmessern > 10 µm. Ursächlich wird ein je nach topographischem Ursprung der untersuchten Arteriolen unterschiedlicher Basistonus diskutiert. Ursachen segmentaler Unterschiede werden im unterschiedlichen Aufbau der Gefäßwand und einer heterogenen Exprimierung spannungsaktivierbarer Ionenkanäle, die die myogene Reaktion vermitteln, vermutet. Die Gesamtwiderstandsänderungen (RGes.; 0 ) einzelner Herzen (berechnet mittels Ohm-Gesetz) und die auf Grund von Durchmesserbestimmungen berechneten Widerstands-änderungen (RGef.; Median) wurden verglichen. Das Ausmaß der prozentualen Widerstands- änderungen im präkapillären Gefäßsegment war während aller Druckstufen wesentlich größer als die Gesamtwiderstandsänderung: 40 mmHg: -40,1/ -15,5; 60 mmHg: -31,2/ -8,2; 100 mmHg: 49,5/ 6,0; 120 mmHg: 72,4/ 11,0; 140 mmHg: 90,7/ 13,9 (prozentuale Widerstandsänderungen; RGef./ RGes.). Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass koronare Arteriolen mit Ausgangsdurchmessern < 30 µm entscheidend an der myogenen Regulation des Gesamtwiderstandes beteiligt sind. Druckzunahmen des rechten Vorhofs führten im wesentlichen zu Durchmesserzunahmen in der Gruppe Venolen, wobei bei Drücken von 5 cmH2O und 10 cmH2O einige Durchmesser vermindert waren. Gefäße mit Ausgangs- durchmessern < 15 µm zeigten stärkere Durchmesserzunahmen als Gefäße > 15 µm: 5 cmH2O: 3,3/ 0,7; 10 cmH2O: 6,1/ 3,2; 15 cmH2O: 8,3/ 5,6; 20 cmH2O: 12,9/ 6,6; 25 cmH2O: 14,0/ 9,1; 30cmH2O: 14,6/ 12,0 (Mediane der prozentualen Durchmesseränderungen; Gefäße < 15 µm/ > 15 µm). Die Ursache wird in einer größeren Compliance kleinerer Gefäße vermutet, da gefäßeigene Muskelzellen erst unter allmählicher Größenzunahme in die Gefäßwände eingelagert sind. Die Gruppe KontrolleVenolen zeigte zu allen Messzeit-punkten vergleichsweise geringe Durchmesseränderungen. Demzufolge scheint die Com- pliance eine wichtige Rolle bei der Widerstandsverteilung venolärer Gefäße zu spielen.