zum Inhalt springen

Fachbereich Veterinärmedizin


Service-Navigation

    Publikationsdatenbank

    Die Bedeutung von Pneumolysin für die Entstehung des akuten Lungenversagens bei Pneumokokkenpneumonie:
    eine experimentelle Untersuchung (2008)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Gutbier, Birgitt (WE 2)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2008 — III, 144 Seiten
    ISBN: 978-3-86664-704-6
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/7874
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Physiologie

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62600
    physiologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Einleitung und Aufgabenstellung
    In Deutschland erfolgen ca. 4% aller Klinikeinweisungen aufgrund einer ambulant erworbenen Pneumonie. Die Letalität dieser Erkrankung ist bei schweren Verläufen mit 5%-29% hoch (188). Weltweit ist die Pneumonie beim Menschen die häufigste Infektionskrankheit. Besonders Menschen mit geschwächtem Immunsystem und mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung sind gefährdet, an einer Pneumonie zu erkranken.
    Ein komplizierter Pneumonieverlauf kann zum akuten Lungenversagen führen, dessen Charakteristika die Bildung eines Lungenödems durch Schädigung der alveolokapillären Barriere und die Entstehung einer pulmonalarteriellen Hypertonie sind. Die hierfür relevanten Pathomechanismen sind derzeit noch nicht hinreichend bekannt
    Streptococcus pneumoniae ist weltweit mit 16-24% und in Deutschland mit fast 50% der häufigste Erreger der ambulant erworbenen Pneumonie (1;191). Das zytolytische und proinflammatorische Toxin Pneumolysin ist ein wichtiger Pathogenitätsfaktor der Pneumokokken. Die Rolle des Pneumolysin bei Pneumokokkenpneumonie und Entstehung des akuten Lungenversagens ist noch unzureichend bekannt.
    Ziel der vorliegenden Dissertationsarbeit war es, die Rolle des Pneumolysin für die Entstehung des akuten Lungenversagens bei Pneumokokkenpneumonie zu untersuchen und die an der Pneumolysin-induzierten Lungenschädigung beteiligten Effektorsysteme zu identifizieren. Im Fokus der Studie standen insbesondere Untersuchungen zum Einfluss von Pneumolysin auf die alveolokapilläre Barriere und auf die pulmonalvaskuläre Hämodynamik.
    Material und Methoden
    Bei Mäusen wurde eine Pneumokokkenpneumonie induziert um, in vivo Störungen der alveolokapillären Barrierefunktion und die zelluläre Immunantwort im Krankheitsverlauf untersuchen zu können. Im ex vivo- Modell der isoliert ventilierten und blutfrei perfundierten Mauslunge fand zudem eine detaillierte Charakterisierung der Wirkung von rekombinantem Pneumolysin statt. Mit dieser Methode konnte das native, intakte Organ unabhängig von humoralen, metabolischen oder zentralnervösen Faktoren des Gesamtorganismus untersucht werden.

    Dabei bestand die Möglichkeit, nach Pneumolysin-Provokation hämodynamische Veränderungen der pulmonalen Strombahn, Änderungen der endothelialen Permeabilität, Anreicherung von Thromboxan B2 im venösen Perfusionsmedium und Mediatoren im Lungengewebe zu erfassen.
    Ergänzend wurden in vitro-Untersuchungen an humanen Endothel- und Epithelzellmonolayern zur Charakterisierung Toxin-induzierter Veränderungen auf zellulärer Ebene eingesetzt.
    Ergebnisse
    In der murinen Pneumokokkenpneumonie wurde eine pulmonale Hyperpermeabilität bereits 12 Stunden post inoculationem beobachtet und damit deutlich früher registriert, als der Einstrom neutrophiler Granulozyten in die Lunge. Die frühe Schädigung der alveolokapillären Barriere erfolgte somit offenbar unabhängig von einem pulmonalen Neutrophileneinstrom.
    Am Modell der isoliert perfundierten Mauslunge wurde der Beitrag von Pneumolysin an der Lungenschädigung detailliert analysiert. Aerosoliertes Pneumolysin verursachte eine mikrovaskuläre Permeabilitätserhöhung und intravaskuläres Pneumolysin sowohl eine mikrovaskuläre Permeabilitätserhöhung, als auch eine pulmonale Hypertonie. Des Weiteren erhöhte Pneumolysin dosisabhängig die endo- und epitheliale Permeabilität in vitro.
    Ferner konnte demonstriert werden, dass Plättchen-aktivierender Faktor (PAF) bei der Entstehung der Pneumolysin-induzierten pulmonalen Schädigungen eine Schlüsselrolle einnimmt. Exogenes PAF erhöhte ebenso wie Pneumolysin den pulmonalarteriellen Druck in isolierten Mauslungen. Pneumolysin erhöhte den PAF-Gehalt im Lungengewebe und den Thromboxan-Gehalt im pulmonalvenösen Perfusionsmedium. In Lungen PAF-Rezeptor-defizienter Mäuse führte die Perfusion mit Pneumolysin zu deutlich verringerter pulmonalvaskulärer Druckreaktion und Thromboxan-Freisetzung verglichen mit Wildtyp-Lungen. Durch den Einsatz spezifischer Inhibitoren wurde gezeigt, dass am weiteren Signalweg hauptsächlich der Thromboxan-Rezeptor und intrazellulär die phosphatidylcholin-spezifische Phospholipase C, sowie der Rho-Kinase Weg beteiligt sind. Weitere Experimente mit Lungen PAF-Rezeptor-defizienter Mäuse demonstrierten darüber hinaus auch eine wesentliche Beteiligung des PAF an der Pneumolysin-induzierten pulmonalen Hyperpermeabilität.
    Schlussfolgerung
    Zusammenfassend sprechen die Ergebnisse für eine wichtige Bedeutung des Pneumolysin für die Enstehung des akuten Lungenversagens bei Pneumokokkenpneumonie. Plättchen-aktivierender Faktor ist hierfür ein zentraler Mediator. Diese Erkenntnisse könnten zur Entwicklung neuer pharmakologischer Interventionsstrategien zur therapeutischen Beeinflussung des akuten Lungenversagens bei schwerer Pneumonie führen.