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Trotz der medizinischen Fortschritte der letzten Jahre liegt die Prävalenz der schweren Sepsis bei 11% und stellt die dritthäufigste Todesursache dar. Jährlich sterben in Deutschland 60000 Menschen aufgrund einer Sepsis und auf Intensivstationen steht die durch diese Erkrankung bedingte Mortalität an erster Stelle. Als ursächlich für die Entwicklung einer Sepsis beziehungsweise eines Multiple Organ Dysfunction Syndrom (MODS) werden Alterationen im Bereich der Mikrozirkulation angesehen.
Eine entscheidende Rolle in diesem Prozess spielen die Leukozyten, welche unter anderem durch Freisetzung von Sauerstoffradikalen zur Entstehung der endothelialen Dysfunktion beitragen und diese zusätzlich agravieren. Daher wird in der Antagonisierung der schädigenden Mediatoren, wie zum Beispiel reaktiven Sauerstoffspezies, ein Behandlungsansatz zur adjunktiven Sepsis-Therapie gesehen.
EUK-8 - ein antioxidativ wirkendes SOD/Katalase-Mimetikum, welches der oxidativen Schädigung von Organen entgegenwirkt, hat bereits in mehreren Studien positive Effekte auf die Mikrozirkulation und die Inflammationsreaktion gezeigt.
Die Beeinflussung der mesenterialen Mikrozirkulation, insbesondere der funktionellen Kapillardichte und der Leukozyten-Endothel-Interaktion, standen im Mittelpunkt dieser Arbeit. Ziel dieser tierexperimentellen Untersuchung war es, dieses Antioxidants hinsichtlich seiner Wirksamkeit bei Vorliegen einer Sepsis tierexperimentell zu untersuchen.
Die Untersuchung mikrozirkulatorischer Störungen ist unter klinischen Bedingungen nur beschränkt möglich, daher wählten wir mit Genehmigung der zuständigen Tierschutzkommission ein Tiermodell an der Ratte. Mit Hilfe dieses Modelles wurde der Effekt der Gabe von EUK-8 auf die mesenteriale Mikrozirkulation, auf die systemische Entstehung von Produkten einer Oxidationsreaktion (MDA, oxLDL, AOPP, Kontrollen zur Peroxidbestimmung), die antioxidative Kapazität und auf paraklinische Parameter, wie die Leukozytenzahl, unter einer Lipopolysaccharidbelastung von 10 mg/kg Körpergewicht untersucht. Die Beurteilung der mesenterialen Mikrozirkulation erfolgte mittels Intravitalmikroskopie. Hierbei wurde das Ausmaß der Leukozytenadhärenz am Endothel der mesenterialen Venolen als Maß für die Leukozytenaktivierung und die funktionelle Kapillardichte als Parameter für die Endothelperfusion bestimmt.
In der intravitalmikroskopischen Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass nach
einer Stunde Endotoxinämie die LPS-bedingte Abnahme der funktionellen Kapillardichte in den mesenterialen Venolen durch die Verabreichung von EUK-8 signifikant beeinflusst werden konnte. Es zeigten sich signifikante Unterschiede beim Vergleich zwischen Kontroll- und Endotoxingruppe sowie zwischen der Endotoxin- und der EUK-8-Gruppe. Ebenso kam es zu einer signifikanten Reduktion der Anzahl der fest adhärenten Leukozyten an mesenterialen Venolen der Ratte in der Endotoxin-EUK-8-Gruppe im Vergleich zur Endotoxin-Gruppe. Die temporäre Leukozytenadhärenz wurde durch die EUK-8-Gabe nicht statistisch charakteristisch beeinflusst.
Durch den Einsatz von EUK-8 konnten die Parameter MDA, oxLDL und AOPP sowie die Kontrollen zur Peroxidbestimmung nicht signifikant beeinflusst werden. Auch bezüglich der antioxidativen Kapazität und der endotoxinbedingte Leukopenie konnte kein statistisch charakteristischer positiver Effekt nachgewiesen werden.
Der nachgewiesene Effekt von EUK-8 auf die funktionelle Kapillardichte und die feste Leukozytenadhärenz unterstützt die Hypothese, dass leukozytenunabhängige Mechanismen für diesen Vorgang existieren. Gleichzeitig konnte der intravitalmikroskopisch evaluierte Effekt von EUK-8 durch die Bestimmung der gewählten labordiagnostischen Parameter in dieser Versuchsanordnung nicht nachvollzogen werden. Für den klinischen Einsatz von EUK-8 ist ein aussagekräftiger Laborparameter als Kontrolle über den Behandlungserfolg jedoch unerlässlich. Daher sollten sich weiterführende Untersuchungen mit anderen Entzündungsmarkern, wie beispielsweise den Interleukinen, befassen. Andere Studien könnten die bereits evaluierten Parameter über einen längeren Zeitraum erfassen, da nach längerer Untersuchungsdauer möglicherweise noch ein signifikanter Unterschied in Erscheinung treten könnte.