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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Die Etablierung der humanen Elektrophysiologischen Untersuchung EPU an Ratte und Maus mit dem Nachweis einer sicheren Anwendung am dTGR-Modell (2011)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Schwarz, Ines (WE 2)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2011 — 115 Seiten
    ISBN: 978-3-86664-951-4
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/10916
    Kontakt
    Institut für Veterinär-Physiologie

    Oertzenweg 19 b
    14163 Berlin
    +49 30 838 62600
    physiologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Kardiovaskuläre Erkrankungen stellen die Haupttodesursache in den hoch entwickelten Industrienationen dar. Etwa 44 % aller Todesfälle in Deutschland sind auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen. Wesentliche Ursache für die nach wie vor hohe Sterblichkeit ist der plötzliche Herztod, bedingt durch Herzrhythmusstörungen.
    Die elektrophysiologische Untersuchung (EPU) kann in der Evaluation zahlreicher Herzrhythmusstörungen hilfreich sein. So können komplexe Herzrhythmusstörungen lokalisiert und ihr Entstehungsort oder der Verlauf der Erregung spezifisch analysiert werden. Auch die Form, Anzahl und Auslösbarkeit von Arrhythmien durch die programmierte elektrische Stimulation oder durch medikamentöse Provokation (z.B. durch Katecholamine) bildet eine wichtige Grundlage in der Erforschung von Herzkreislauferkrankungen. Die EPU dient ebenfalls der Risikoabschätzung maligner Arrhythmien bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern. Dabei besteht das Prinzip jeder EPU aus zwei grundlegenden Techniken: 1. Signalaufnahme aus und 2. elektrische Stimulation in lokalisierten Arealen des Herzens. Es werden die jeweiligen Stationen der Stromleitung am Herzen, beispielsweise Sinusknoten, AV-Knoten und verschiedene Stellen in der Herzkammer getestet. Beim Auftreten der jeweiligen Herzrhythmusstörung werden Art und Mechanismus der Störung erfasst. Außerdem wird untersucht, wie sich die Herzrhythmusstörung unterbinden lässt.
    Ziel der Etablierung der humanen EPU im Versuchstierbereich (Versuchsteil 1) war die Erforschung bestimmter Pathomechanismen durch Messung physiologischer Parameter des Reizbildungs- und Reizleitungssystems, um die EPU auch in der Herz-Kreislaufforschung mit kleinen Versuchstieren anwenden zu können, wo sie nicht nur zur Erforschung und Aufdeckung von Pathomechanismen am Herzen eingesetzt werden kann, sondern auch bei der Wahl der adäquaten Therapie durch Untersuchung und Nachweis von anti- bzw. proarrhythmischen Effekten hilfreich sein kann. Es konnte gezeigt werden, dass die humane EPU in leicht modifizierter Form auf Maus und Ratte übertragbar und eine sichere Anwendung möglich ist. Somit kann das Reizbildungs- und Reizleitungssystem nun auch unter Einfluss bzw. fehlendem Einfluss bestimmter Zellen, Gene oder Substanzen untersucht werden und dabei der Klärung pathophysiologischer Entstehungsmechanismen klinischer Herzrhythmusstörungen dienen sowie bei der Aufklärung von Wirkmechanismen neuer Antiarrhythmika und Überprüfung von deren Wirksamkeit hilfreich sein.
    Ziel des zweiten Versuchsteil war die Anwendung der im Versuchsteil 1 etablierten intrakardialen EPU am hypertrophen, für Renin und Angiotensinogen doppelt transgenen Rattenherz (dTGR) mit dem Zweck, die Arrhythmieanfälligkeit eines hypertrophen Myokards sicher darzustellen und eventuelle positive Effekte des Renin-Inhibitors Aliskiren bzw. kardioprotektive Einflüsse der Omega-3-Fettsäuren (Ω3-polyunsaturated fatty acids; Ω3-PUFA) Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure zu zeigen. Mit Hilfe der EPU konnte in vivo gezeigt werden, dass Ω3-PUFA und Aliskiren die Induzierbarkeit von Herzrhythmusstörungen deutlich senken. In verschiedenen Versuchstiergruppen (Wildtyp Sparague Dawley als Kontrolle, unbehandelte dTGR, dTGR mit Aliskiren und dTGR mit Ω3-PUFA) wurden von jedem Tier die elektrophysiologischen Daten erhoben und die Induzierbarkeit von Arrhythmien getestet. Unbehandelte dTGRs entwickelten aufgrund einer Überexpression von Renin und Angiotensinogen in den ersten Lebenswochen eine Herzhypertrophie. Im Oberflächen-EKG zeigte sich bei diesen Tieren ein verlängerter QRS- und QTpeak-Intervall und eine verbreiterte T-Welle. Diese elektrokardiographischen Veränderungen waren weder bei der dTGR Gruppe mit Ω3-PUFA noch bei der dTGR Gruppe mit Aliskiren zu beobachten.
    Die als Finalversuch durchgeführte EPU zeigte eine bei 17 % liegende und somit stark reduzierte Auslösbarkeit von Arrhythmien in beiden behandelten dTGR-Gruppen, gegenüber einer bei 75 % liegenden Auslösbarkeit in der unbehandelten dTGR-Gruppe. In der Kontrollgruppe lag die Auslösbarkeit von Arrhythmien bei 0 %. Auch unterschieden sich die Gruppen in Art und Anzahl der auszulösenden Arrhythmien. Die unbehandelte dTGR-Gruppe zeigte eine erhöhte Induzierbarkeit von malignen Arrhythmien wie ventrikuläre Tachykardien und Kammerflimmern, während in den mit Ω3-PUFA oder Aliskiren behandelten dTGR-Gruppen nur benigne Arrhythmien wie Vorhofflimmern und vereinzelt ventrikuläre Extrasystolen auslösbar waren. Es konnte somit mit Hilfe der humanen EPU der kardioprotektive Effekt von Ω3-PUFA hinsichtlich der Induzierbarkeit von Herzrhythmusstörungen aufgezeigt werden.
    Mit der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass die humane EPU auf den Labortierbereich übertragbar ist und als Methode zur Evaluation elektrophysiologischer Eigenschaften des Herzens sowie brady- und tachykarder Herzrhythmusstörungen einsetzbar ist.