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Einleitung und Zielstellung:
Das akute Nierenversagen ist eine häufig tödlich verlaufende Erkrankung mit fast vollständigem Funktionsverlust der Nieren aber der potentiellen Möglichkeit einer funktionellen Wiederherstellung der geschädigten Strukturen. In der Humanmedizin wird bei Versagen der konventionellen Therapie eine Hämodialysebehandlung durchgeführt. In der Veterinärmedizin besteht oft nur die Möglichkeit der Infusionsbehandlung oder Peritonealdialyse.
In einer prospektiven Studie von Mai 2003 bis November 2004 sollte die technische Durchführbarkeit der Hämodialyse bei Hunden mit akutem Nierenversagen unter Berücksichtigung der Wirkungen und Nebenwirkungen ermittelt werden.
Material und Methoden:
Mit akutem Nierenversagen vorgestellte Hunde, die auf Infusions- und medikamentöse Therapie keine ausreichende Verbesserung der Nierenfunktion (Absinken der Harnstoff- und Kreatininwerte, Verminderung der klinischen Urämiesymptome) zeigten, wurden nach Einwilligung der Besitzer hämodialysiert.
Die Diagnose akutes Nierenversagen basierte auf Anamnese, klinischen und labordiagnostischen Befunden, Leptospirenserologie und bildgebender Diagnostik des Urogenitalsystems. Für die Behandlung wurden transkutane Doppellumenkatheter, high flux (FX40, FX60) und low flux (F3, F4HPS, F6HPS) Dialysatoren (Fresenius Medical Care GmbH) und das bikarbonatbasierte Hämodialysesystem 4008 mit volumetrisch kontrollierter Ultrafiltration (Fresenius Medical Care GmbH) verwendet. Die Überwachung erfolgte alle 30 Minuten anhand eines Protokolls (Vitalfunktionen, Messung des arteriellen Blutdrucks, Dokumentation klinisch auffälliger Nebenwirkungen).
Ergebnisse:
Im Untersuchungszeitraum wurden 12 Hunde im Alter zwischen 1 und 11 Jahren (Median (M) 7) mit einem Gewicht zwischen 9,5 und 42 kg (M 27,5) dialysiert.
Ursachen des akuten Nierenversagens waren Infektionen (7) (Leptospirose 5, Leishmaniose 1, Pyelonephritis 1), Hyperkalzämie infolge eines malignen Lymphoms (2), Pankreatitis (1), hepatonephrotisches Syndrom (1), unklar (1).
Bei Vorstellung hatten die Patienten Harnstoffwerte von 17,5 - 91,6 mmol/l (M 48) und Kreatininwerte von 265 - 1343 μmol/l (M 717). Der Zeitraum von Vorstellung bis zur Einleitung der Dialysebehandlung betrug 0,25 - 4 Tage (M 2). Vor der ersten Dialysebehandlung lagen die Harnstoffwerte bei 20,5 - 99 mmol/l (M 50,2) und die Kreatininwerte bei 459 - 1455 μmol/l (M 829).
Insgesamt wurden 29 Behandlungen bei 12 Hunden (1 - 5 / Hund, M 2) durchgeführt. Die Behandlungsdauer betrug 82 – 296 min (M 175). Das gereinigte Blutvolumen betrug 3 – 72 l (Median 15,6). Im Verhältnis zur Körpermasse der Patienten betrug das kumulierte Blutvolumen 118 - 2089 ml/kg (M 665).
Bei Betrachtung aller Dialysebehandlungen sanken die prädialytischen Harnstoffwerte von 15,9 - 81,1 mmol/l (M 31) im Laufe der Behandlung auf 2,2 - 64,3 mmol/l (M 14,5). Die Harnstoffreduktion betrug zwischen 20,7 und 89,8% (M 57,4). Die prädialytischen Kreatininwerte von 266 - 1456 μmol/l (M 618) sanken auf 109 – 968 μmol/l (M 333) nach der Dialyse, die Kreatininreduktion betrug 14,5 - 76,4% (M
51). Auf die Urämie zurückgeführte Symptome wie Inappetenz, Vomitus, Apathie und Diarrhoe konnten bei 9 Patienten vermindert werden.
Bei 17 Behandlungen wurden 24 Nebenwirkungen wie Übelkeit/Erbrechen (8), Blutflussprobleme (8), Hämolyse (4), Gerinnung im Schlauchsystem (3) und technische Probleme (1) beobachtet. Zwei Behandlungen mussten aufgrund der Nebenwirkungen abgebrochen werden.
Drei Patienten (25%) wurden mit Nierenwerten im Referenzbereich entlassen, ein weiterer hat 6 Wochen nach Erstvorstellung noch geringgradig erhöhte Nierenwerte (Kreatinin 168 μmol/l). Die Überlebensrate betrug somit 33 %. Sieben Hunde wurden auf Besitzerwunsch oder aufgrund der schlechten Prognose der Grunderkrankung euthanasiert und einer verstarb (Überlebenszeit 3 – 8 Tage, M 5). Die Ursache des Nierenversagens der überlebenden Patienten war in zwei Fällen eine Leptospireninfektion, einmal eine Pankreatitis und einmal unklar.
Schlussfolgerung und klinische Relevanz:
33% der Hunde mit akutem Nierenversagen, die auf eine konventionelle Therapie nicht ansprachen, erholten sich unter der Hämodialysebehandlung und konnten aus der Klinik entlassen werden. Durch die Hämodialyse wird Zeit für regenerative Prozesse im Nierengewebe gewonnen. Von 12 dialysierten Patienten hatten 9 ein verbessertes Allgemeinbefinden. Die ersten Erfahrungen mit der Hämodialyse waren positiv, wobei die Überlebensraten durch verbessertes Management und exakte Fallselektion verbessert werden sollen.