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Chicken Ig-like Rezeptoren (CHIR) kodieren für Oberflächenproteine der Immunglobulin-Superfamilie und sind in einem zusammenhängenden Cluster auf einem Minichromosom des Huhns lokalisiert. In der vorliegenden Arbeit wurde die genomische Organisation dieses Genclusters im Detail untersucht. Hierzu wurde zunächst eine Bibliothek künstlicher Bakterienchromosomen (BAC) nach CHIR-positiven Klonen durchmustert. Die gewonnen Klone wurden dann im Rahmen einer Kooperation durch das Wellcome Trust Sanger Institut sequenziert. Die sich anschließende detaillierte Analyse der erhaltenen Sequenzen zeigte, daß CHIRs eine Multigenfamilie bilden, die aus mindestens 60 funktionellen Genen besteht. Darüber hinaus wurden 43 Pseudogene und Genfragmente identifiziert. Die funktionellen Gene lassen sich vier unterschiedlichen Rezeptortypen zuordnen, die aktivierende Eigenschaften besitzen (CHIRA), inhibitorisch wirken (CHIRB) oder bifunktionelle Signaltransduktionsmotive tragen (CHIR1C, CHIRC). Innerhalb dieser vier Gruppen gibt es noch einige Subtypen, so daß sieben unterschiedliche Varianten beschrieben werden konnten. CHIRs besitzen eine oder zwei Ig-Domänen in ihrem extrazellulären, N-terminalen Bereich und können einen kurzen oder langen zytoplasmatischen Schwanz tragen, der inhibitorische Signaltransduktionsmotive enthalten kann. Um zu untersuchen, ob die gefundenen CHIR-Gene in vivo exprimiert werden, wurde eine umfangreiche Transkriptanalyse durchgeführt. Hierzu wurden sowohl CHIR-cDNAs mittels RT-PCR amplifiziert, als auch Transkripte einer bestehenden Bibliothek untersucht und Datenbanken nach CHIR-ESTs durchsucht. Die erhaltenen Sequenzen wurden mit den CHIR-Genen verglichen. Es konnte festgestellt werden, daß eine Vielzahl von CHIR-Genen abgelesen wird. Keines der Transkripte zeigte jedoch vollständige Sequenzübereinstimmung mit einem der untersuchten Gene, woraus geschlossen werden kann, daß die CHIR-Gene hochpolmorph sind. Die Gewebeverteilung der Transkripte zeigte zudem, daß CHIRs vor allem auf Zellen des Immunsystems exprimiert werden. Die zusammenhängende Organisation der CHIR-Gene legt deren Entstehung aus einem gemeinsamen Vorläufer-Gen durch wiederholte Gen-Duplikationen nahe. Um diese Theorie näher zu untersuchen, wurden Stammbäume der CHIR-Gene erstellt. Die Analyse dieser Stammbäume zeigte, daß die einzelnen funktionellen Gruppen untereinander eine erhöhte Homologie im Vergleich zu Mitgliedern anderer Gruppen zeigen. Dies deutet darauf hin, daß die einzelnen Gruppen jeweils aus einem Vorläufer entstanden und dann in evolutionär jüngerer Vergangenheit expandiert sind. Ähnliches wurde auch für KIRs gezeigt. Sie stellen zusammen mit LILRs und NKp46 die evolutionär nächsten Verwandten der CHIRs bei Säugern dar. Aus den strukturellen, funktionellen und evolutionären Ähnlichkeiten wurde daher abgeleitet, daß es sich bei den CHIR-Clustern um eine zum LRC synthene Region handelt. Die Funktion und die Liganden der CHIR-Proteine konnten bisher nicht aufgeklärt werden. Aus diesem Grund wurden Analysen zur Variabilität und Strukturvorhersage der CHIR-Proteine durchgeführt. Dabei konnte gezeigt werden, daß die Proteinsequenzen der CHIR-Proteine hochvariabel sind. Diese Variabilität legt zusammen mit den Strukturvorhersagen nahe, daß es sich bei dem Liganden der CHIRs ebenfalls um polymorphe Moleküle handeln muß. Die Parallelen zu Rezeptoren des Säuger-LRC, wie den KIRs oder LILRs, lassen außerdem vermuten, daß es sich bei dem Liganden um MHC-Klasse-I-Moleküle des Huhns handeln könnte. Mögliche Aspekte der Funktion von CHIR-Proteinen bei der Immunantwort des Huhns wurden diskutiert. Die Untersuchung der einzelnen CHIRs, ihrer Liganden, der zell-spezifischen Expression und ihrer Funktion wird es in Zukunft erlauben, die Rolle der CHIRs bei der Immunantwort des Huhns aufzuklären. Die in dieser Arbeit dargestellten Ergebnisse zur Struktur, Variabilität, genomischer Organisation und Evolution sollten eine gute Grundlage für die weitergehenden Untersuchungen sein.