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Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, genauere Erkenntnisse über den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Wirkung der Anionenrationen zu erlangen, um den Einsatz saurer Salze bei der Prophylaxe von Milchfieber zu optimieren und sicherer zu machen. Zu diesen Einflussgrößen gehören die Langzeitwirkungen, die Effekte unterschiedlicher Energieversorgung, die Auswirkungen der Kalziumzufuhr, die Wirkungen der Natrium-Kalium-Relation, die maximal verträgliche Kalziumsulfatdosis sowie die Untersuchungen über eine einmalige Verabreichung von Kalziumchlorid und Kalziumsulfat pro Tag.
Während des Zeitraumes von Februar 2003 bis März 2004 wurden die Untersuchungen an pansenfistulierten Kühen vorgenommen. Während der Versuchsphasen erhielten die Tiere zweimal täglich (außer in dem Versuch über die einmalige Tagesgabe und dem Versuch über Natrium- und Kaliumhydrogencarbonat) zu den Fütterungen die sauren Salze Kalziumchlorid (CaCl2) oder Kalziumsulfat (CaSO4) über eine Pansenfistel. Mehrmals wöchentlich wurden Blut- und Harnproben gewonnen und die Blutgase (Blut-pH, BE, pCO2, pO2) sowie die Netto-Säuren-Basen-Ausscheidung bestimmt. Für jeden Versuch wurde eine Futtermittelanalyse durchgeführt und der DCAB-Wert der Ration bestimmt. Es wurden insgesamt 1401 Blut- und Harnproben entnommen und untersucht.
Bei den Untersuchungen über die Langzeitwirkungen zeigte sich, dass die volle Wirkung der sauren Salze nach 3 – 7 Tagen erreicht ist. Es stellte sich eine signifikante metabolische Azidose ein. Die pH-, BE- und Bicarbonatwerte im Blut verringerten sich. Auch im Harn waren die Auswirkungen der Azidose deutlich zu erkennen. Es zeigte sich eine signifikante Absenkung des pH-Wertes und der NSBA. Da die volle Wirkung im Schnitt nach 3 – 7 Tagen erreicht ist und bei längerer Anwendung das Risiko einer Entgleisung des Säuren-Basen-Haushaltes gegeben ist, sollte der Einsatz saurer Salze mindestens 7 Tage, jedoch nicht länger als 14 Tage erfolgen. Die Ergebnisse über die unterschiedliche Energieversorgung zeigten, dass die Energiekonzentration ausreichend hoch sein muss, um einer Verstärkung der Azidose durch die anfallenden Stoffwechselprodukte aus dem Fett- und Aminosäurenabbau bei kataboler Stoffwechsellage in zu niedrige Bereiche entgegenzuwirken. Der Grad der Kalziumversorgung hatte auf die Wirkung der sauren Salze in Bezug auf den Säuren-Basen-Haushalt keinen Einfluss. Trotzdem muss Kalzium beim Einsatz saurer Salze aufgrund der starken renalen Kalziumausscheidung in ausreichenden Mengen (120 – 180 g/d) substituiert werden.
Die Untersuchungen der Natrium-Kalium-Relation zeigten, dass die Effekte der Kationen den Effekten der Anionen und damit den Mechanismen der Gebärpareseprophylaxe entgegen wirken und sie sogar aufheben. Der gleichzeitige Einsatz von Anionen und Kationen in äquivalenten Mengen hatte keine Effekte auf den Säuren-Basen-Haushalt. Der alleinige Einsatz von Natrium- und Kaliumhydrogencarbonat zeigte nicht die erwarteten alkalisierenden Effekte. Bei der Untersuchung über die maximal verträgliche Kalziumsulfatdosis stellte sich bereits nach einwöchiger Verabreichung von 3,0 Äquivalenten eine massive metabolische Azidose ein. Deswegen sollte eine Dosis von 3,0 Äquivalenten nicht überschritten werden. Eher sollte von einer Höchstmenge von 2,5 Äquivalenten CaSO4 pro Tag ausgegangen werden. Die Ergebnisse der Tagesprofile zeigten, dass die einmalige Verabreichung saurer Salze nicht ausreicht, um über 24 Stunden eine gleich bleibende Ansäuerung, besonders bezüglich des Kalziumsulfates zu erzielen. Deswegen kann die einmalige Salzgabe pro Tag nicht empfohlen werden. Die zweimalige Verabreichung pro Tag zeigte dagegen ein über den Tag hin gleich bleibendes Niveau der Werte, daher ist der Probenentnahmezeitpunkt bei zweimaliger Salzapplikation unabhängig vom Zeitpunkt der Salzgabe. Die Ergebnisse der Untersuchungen dieser Arbeit tragen dazu bei den Einsatz saurer Salze zuverlässiger und sicherer zu gestalten.