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Trotz jahrelanger intensiver Ursachenforschung und Suche nach Möglichkeiten der Prophylaxe gehört die hypocalcaemische Gebärparese noch immer zu den häufigsten metabolischen Störungen bei Hochleistungskühen. Die hohe Inzidenz, die damit in Verbindung zu bringenden Folgeerkrankungen sowie Beeinträchtigungen der Fruchtbarkeit und effektiven Nutzungsdauer der Tiere sind Ausdruck für die wirtschaftliche Bedeutung dieser Krankheit. Neben anderen prophylaktischen Maßnahmen hat das DCAB-Konzept (dietary-cation-anion-balance) und der damit verbundene Einsatz von sauren Salzen auch vermehrtes Interesse auf dem Gebiet der Wiederkäuerfütterung hervorgerufen. Dieses Verfahren wird zunehmend eingesetzt, die Erfahrungen sind jedoch sehr widersprüchlich. Ziel dieser Arbeit sollte sein, die Auswirkungen verschiedener Anionenergänzungen in Form von Einzelsalzen (CaCl2·2H2O; CaSO4·2H2O; CaSO4·2H2O-D10 (Körnungsgrad: 10 µm); MgCl2·6H2O; MgSO4·7H2O; NaCl; NH4Cl; (NH4)2SO4) und Salzmischungen (CaCl2·2H2O +MgSO4·7H2O; NH4Cl+CaSO4·2H2O) auf die renale Elektrolytausscheidung bei Milchkühen vergleichend darzustellen und die diagnostische Aussagekraft dieser Parameter hinsichtlich eines Einsatzes saurer Salze zu prüfen. Dazu wurden an N = 11 pansenfistulierten Rindern der Rasse Deutsche-Schwarz-Bunte x Holstein Friesian experimentelle Untersuchungen durchgeführt. Alle Tiere waren weiblich, nicht tragend, nicht laktierend und hatten mindestens zwei Laktationsstadien durchlaufen. Die zu testenden Salze wurden pro Versuchsperiode über einen Zeitraum von 2 Wochen mit einer Tagesdosis von 2 Equivalenten je Tier randomisiert gemäß einem 11x11 lateinischen Quadrat zeitgleich zur Futteraufnahme intraruminal verabreicht. Von allen einbezogenen Mengenelementen im Harn ist Kalzium am besten geeignet, die Wirkung der sauren Salze und deren Einfluss auf den Säuren-Basen-Haushalt (SBH) sowie den Kalziumstoffwechsel wiederzugeben. Die engen Beziehungen zu Parametern des SBH und zur DCAB führen zu der Forderung, die renale Kalziumkonzentration zusammen mit der Netto-Säuren-Basen-Ausscheidung (NSBA) und der DCAB als Kontrollparameter der ersten Wahl einzustufen. Als Zielgröße einer optimalen Wirkung von Anionenrationen sind Kalziumkonzentrationen im Bereich von 8 bis 15 mmol/l Harn bzw. FECa von 2,5 bis 3,5% anzustreben. Die Kalium- und Phosphatkonzentrationen im Harn bleiben unter der Salzbehandlung relativ unbeeinflusst. Ein hyperphosphaturischer Effekt infolge azidotischer Belastungen wird nicht nachgewiesen. Natrium-, Magnesium- und Chloridverbindungen führen aufnahmebedingt zu einer signifikant erhöhten Ausscheidung dieser Elemente. Die Bestimmung der renalen fraktionierten Exkretion von Mengenelementen zeigt in dieser Studie keine deutlichen Vorteile im Vergleich zur renalen Mengenelementkonzentration. Das Tagesharnvolumen wird unter Einsatz von sauren Salzen geringfügig erhöht, verbleibt aber innerhalb physiologischer Bereiche. Ein zirkadianer Rhythmus kann für die Chlorid-, nicht aber für die Kalziumausscheidung nachgewiesen werden. Zugrunde liegende Einflüsse bedürfen weiterer Untersuchungen. Gemessen an den Parametern NSBA, Harn-pH und renale Kalziumkonzentration bewirken die Salze CaCl2, CaSO4-D10 und NH4Cl anhand der vorliegenden Ergebnisse die stärksten Auslenkungen. Unter Einbeziehung der Bewertungskriterien Wirksamkeit und Schmackhaftigkeit stellt sich CaSO4-D10 als saures Salz der ersten Wahl heraus.