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Die ökologische Tierhaltung hat in den letzten Jahren in Deutschland stärker an Bedeutung gewonnen. Inzwischen werden etwa 4 % der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet. Die Milchproduktion trägt auf vielen ökologisch bewirtschafteten Betrieben wesentlich zum landwirtschaftlichen Einkommen bei. Für die ökologische Produktion bestehen Vorschriften, die in einer EU-Verordnung seit 1999 gesetzlich festgelegt und europaweit für alle ökologisch wirtschaftenden Betriebe gültig sind. Die Richtlinien privater Anbauverbände entsprechen mindestens der EU-Verordnung oder gehen über diese hinaus. Wichtige Einschränkungen in der ökologischen Milchviehhaltung bestehen in dem Verbot bestimmter Futtermittel und Futtermittelzusatzstoffe wie z.B. Soja- und Rapsextraktionsschrote, Propylenglycol und pansengeschützte Fette und in der Beschränkung des Kraftfuttereinsatzes auf maximal 40 % der Ration bezogen auf die Trockenmasse. Leistungs- und Wachstumsförderer sind ebenso verboten wie der präventive Einsatz von chemisch-synthetischen Arzneimitteln und Antibiotika. Die Beschränkung des Einsatzes konventioneller Arzneimittel auf maximal drei Behandlungen pro Tier pro Jahr und die Verdopplung der gesetzlichen Wartezeiten müssen vom betreuenden Tierarzt einer Ökoherde beachtet werden. Für chemisch-synthetische Arzneimittel ohne gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit gilt bei Einsatz in einem Ökobetrieb generell eine Wartezeit von 48 Stunden. Die bedarfsgerechten Ernährung von Hochleistungskühen und die Aufrechterhaltung eines guten Tiergesundheitsstatus ist nach erfolgter Umstellung als große Herausforderung anzusehen. Gezielte Managementmaßnahmen zur Krankheitsprävention wie optimale Haltungsumstände und angepasste Besatzdichten sind wichtig. Von Juni 2003 bis Mai 2004 wurden in einer Milchviehherde in Brandenburg, die sich seit Juli 2002 in der Umstellungsphase auf eine ökologische Bewirtschaftung befand, regelmäßig Stoffwechseluntersuchungen (Blut/Harn) und Rückenfettdickenmessungen durchgeführt. Die Ergebnisse der monatlichen Milchleistungsprüfung und die Fruchtbarkeitsleistung der Herde wurden ebenfalls ausgewertet. Das Verhalten von Milchleistung, Fruchtbarkeitsleistung, Tiergesundheit und Stoffwechselparametern während der Umstellung auf eine ökologische Wirtschaftsweise sollte betrachtet werden. Im Betrieb wurden 280 Milchkühen mit einer Durchschnittsleistung von ca. 9000 kg Milch und 250 weiblichen Jungrindern aus eigener Nachzucht gehalten. Sowohl der Futteranbau als auch die Fütterung und Haltung fanden bereits nach ökologischen Richtlinien statt. Die Behandlung erkrankter Tiere und die Vermarktung von Milch und Fleisch erfolgte konventionell. In der Umstellungsherde ist bei der Milch- und Fruchtbarkeitsleistung ein deutlicher Leistungsrückgang festzustellen. Anhand der Stoffwechseluntersuchungen und der Milchharnstoff- und Milchproteinkonzentrationen ist eine nicht ausreichende Versorgung der Kühe mit Energie und Protein zu erkennen. Auch bei der Versorgung mit ß-Carotin und Spurenelementen treten Unterversorgungen auf. Die niedrigen Hämatokrit- und Hämoglobinwerte vor allem in den früh- und hochlaktierenden Gruppen sind ein Hinweis für Laktationsstress der Kühe. Die Körperkonditionsbeurteilung mittels ultrasonographischer Rückenfettdickenmessung zeigt eine weite Streuung der Rückenfettdicken, sowohl mit Unterkonditionierungen als auch mit Tendenz zur Verfettung in der Trockenstehperiode. Infolge der regelmäβigen Körperkonditionsbeurteilung nimmt gegen Ende des Untersuchungszeitraumes vor allem bei den Trockenstehern und älteren Kühen die Tendenz zur Verfettung ab und es ist eine bessere Anpassung an die empfohlenen Referenzwerte zu erkennen. In der Tiergesundheit treten große Probleme vor allem in den Bereichen Eutergesundheit und Fruchtbarkeit auf, was zu einer hohen Anzahl behandelter Kühe führt. Auch Klauenerkrankungen spielen eine größere Rolle in der Umstellungsherde. Ursachen für den Milchleistungsrückgang und die Fruchtbarkeits- und Tiergesundheitsprobleme sind in der nicht ausreichenden Versorgungslage und in der Fehlkonditionierung der Kühe zu sehen. Grundlegend für eine stabile Stoffwechsellage und damit auch guten Leistungen und guter Tiergesundheit ist eine an das Leistungsniveau der Herde angepasste Fütterung, die sich unter den ökologischen Rahmenbedingungen für Herden mit hohen Milchleistungen jedoch schwierig gestaltet. Ein optimal gestaltetes Fütterungsmanagement ist Voraussetzung für hohe Trockenmasseaufnahmen und damit einer hohen Leistung aus Grundfutter. Futtermittelanalysen sind wichtig, damit es nicht aufgrund der unterschiedlichen Nähr- und Mineralstoffgehalte in ökologisch und konventionell produzierten Futtermitteln zu Fehleinschätzungen der eingesetzten ökologischen Futtermittel kommt.