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Die Zielsetzung dieser Arbeit war die Beschreibung der Wechselwirkung zwischen der Entwicklung der Körperkondition der Milchkuh in der Frühlaktation und ihrer Fruchtbarkeitsleistung. Durch Ermittlung der energetischen Situation der Milchkuh im Laufe der Frühlaktation sollten Erkenntnisse für den bestgeeigneten Besamungszeitpunkt gewonnen werden. Zu diesem Zwecke wurden in dieser Studie Rückenfettdickemessungen an Kühen vom Zeitpunkt des Trockenstellens bis zum 150. Tag post partum vorgenommen. Aus zwei Milchviehherden wurden Tiere wöchentlich mit Hilfe der ultrasonographischen Rückenfettdickemesstechnik untersucht. Im Untersuchungszeitraum von 18 Monaten wurden 36.000 RFD-Messungen durchgeführt. Davon konnten 651 vollständige Einzeltierdatensätze mit jeweils 30 Messwerten für die Auswertung zusammengestellt werden. Die gemessenen RFD-Daten wurden auf acht charakteristische Bezugspunkte eingeschränkt und mit den jeweiligen Fruchtbarkeits- und Milchleistungsdaten in Verbindung gebracht. Das enge Zeitraster hat den Vorteil, dass das Konditionsverhalten der Tiere gut darstellbar war. Bei etwa 13 % dieser insgesamt 651 Tierdatensätze wurden die Tiere vor oder mit Erreichen ihres konditionellen Tiefpunktes tragend. Diese Tiere stellen eine Besonderheit dar, da sie im Stande waren die Leistungsmerkmale Fruchtbarkeit und Milchleistung zu kombinieren. Sie machen damit die breite biologische Varianz der einzelnen Tierindividuen deutlich und weisen auf ein besonders gutes Adaptationsvermögen dieser Tiere hin. Es handelte sich hierbei um signifikant jüngere Tiere. Der konditionelle Tiefpunkt Nadir wurde von ihnen durchschnittlich mit 86 ± 19 Tagen und einer RFD von 8,66 ± 4,41 mm erreicht. Sie kamen mit größeren Fettreserven in die Laktation und konnten diese vermehrt als Energieausgleich einsetzen. Die Tiere durchliefen eine weitaus längere Zeit der negativen Energiebilanz, bedingt durch einen deutlich verhalteneren Einsatz ihrer Körperreserven. Die anderen 87 % der Tiere wurden erst nach Überwindung des energetischen Tiefpunktes tragend. Dabei wurde der Konditionsverlauf durch das Alter und die Milchleistung beeinflusst. Nach durchschnittlich 63 ± 25 Tagen erreichten sie mit 13,11 ± 5,46 mm RFD den konditionellen Tiefpunkt. Jüngere Tiere bewegten sich auf einem niedrigeren Konditions- und Milchleistungsniveau als ältere. Die Kondition zur Kalbung und der zunehmende Abbau von Fettgewebe in der Frühlaktation waren prädisponierende Faktoren für die spätere Fruchtbarkeitsleistung. So stiegen bei einer Tiefpunktkondition von weniger als 9 mm RFD die RZ und die ZTZ deutlich an. Des Weiteren stieg die Rast- und die Zwischentragezeit mit zunehmendem Abbau von Körperfettgewebe an. Die Erstbesamung fand etwa 13 Tage nach Überwindung der NEB statt. Bis zur Konzeption vergingen durchschnittlich 58 Tage nach Durchschreitung der konditionellen Talsohle. Des Weiteren konnte eine enge Korrelation zwischen der RZ und der ZTZ beobachtet werden (r = 0,35; p = 0,001). Die Kondition zu diesen Zeitpunkten war in den meisten Fällen höher als die Kondition zum Tiefpunkt Nadir. Hohe Milchleistung ging meist mit niedrigen Konditionswerten und einer zeitlich größeren Ausdehnung der NEB einher. Hierbei bestand eine enge Beziehung von NEB und den Milcheiweißwerten. Werte unter 3,20 % Eiweiß sind als Hinweis eines Energiedefizits zu werten. Die Leistungsträger der Herden zeigten eine intensive Nutzung ihrer Fettreserven und waren nicht in der Lage, diese für die kommende Laktation wieder zu regenerieren. Zur ökonomischen und leistungsbezogenen Verbesserung des Fruchtbarkeitsgeschehens in Milchviehherden stellt die Konditionsüberwachung auf Herdenbasis ein geeignetes Kontrollinstrument dar. Sie hilft, den Körperfettverlust in der Frühlaktation zu kontrollieren und ist ein objektiver Messpunkt für eine adäquate Fütterung in dieser Phase. Bei der Entscheidung über die Besamung eines Tieres, sollte man die aktuelle Kondition berücksichtigen. Denn eine Kondition von < 10 mm RFD verringert den Besamungserfolg zu diesem Zeitpunkt deutlich.