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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Bluetongue Disease in Deutschland? Risikoabschätzung mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems (GIS) (2002)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Koslowsky, Sylvia
    Quelle
    — 215 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000000800
    Kontakt
    Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14163 Berlin
    +49 30 838 51843 / 66949
    mikrobiologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    In der vorliegenden Arbeit wurde mit Hilfe eines Geographischen Informationssystems (GIS) das Risiko der Einschleppung der Bluetongue Disease (BTD) bewertet. Weiterhin wurden daraus folgend für den möglichen Fall einer Einschleppung Maßnahmen zur Unterbindung von BTD-Infektketten vorgeschlagen.
    BTD ist eine anzeigepflichtige Erkrankung der Liste A des Office In-ternational des ?pizooties (OIE), die durch das Bluetongue Virus (BTV), ein Orbivirus, ausgelöst wird. Empfänglich für diese Erkrankung sind Wiederkäuer. Vor allem bei Schafen und Wildwiederkäuern kann die Erkrankung mit hoher Morbidität und Mortalität einhergehen, bei Rindern verläuft eine Infektion meist klinisch inapparent. Die BTD kommt weltweit zwischen 30° südlicher und 50° nördlicher Breite, europaweit zwischen 35° südlicher und 45° nördlicher Breite vor. In Deutschland ist sie bisher nicht aufgetre-ten. Gnitzen der Gattung Culicoides sind zyklische Überträger des BTV und fungieren als Vektoren. In Südeuropa ist dies haupt-sächlich Culicoides imicola, eine Art, die bisher in Deutschland nicht heimisch ist. Hier sind andere Culicoides spp. ansässig, die unter Umständen auch zur Übertragung befähigt sind. So erhöhen bestimmte Temperaturen die Vektorkompetenz und die Vektorkapazität dieser Arten.
    Mit Hilfe eines GIS wurden in dieser Arbeit die klimatisch begünstigten Habitate der Vektoren in Deutschland kartographisch dargestellt. In den so ermittelten Risikozonen, die hauptsächlich am Rhein in Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz liegen, besteht bei den augenblicklichen klimatischen Verhältnissen die Gefahr, dass nach Einschleppen infi-zierter Tiere ein Ausbruch der BTD stattfindet. Dies könnte vor allem in den warmen Sommermonaten (Juni bis August) geschehen. Ein Überwintern des BTV ist in der momentanen Situation unwahrscheinlich. Basierend auf diesen Untersuchungen wurde eine Reihe von Maßnahmen vorgeschlagen, um prophylaktisch oder aber nach Eintreten des ýworst caseý unverzüglich tätig werden zu können. Diese Maßnahmen umfassen für die Risikozonen im wesentlichen die folgenden Punkte:
    1. In den Monaten Juni bis August sollten Wiederkäuer, die aus dem südlichen Europa an-geliefert wurden, möglichst nicht mehrere Tage am Schlachthof stehen, bis sie geschlachtet werden.
    2. Schlachthöfe in Risikogebieten sollten nicht in der Nähe von Feuchtgebieten liegen. Gnitzen sind durch Insektizide und andere geeignete Maßnahmen aus den Schlachthofgebäu-den fernzuhalten.
    3. Im Verdachtsfall müssen Wiederkäuer von 18:00 bis 8:00 Uhr aufgestallt werden, da die Vektoren abends und morgens am aktivsten sind.
    4. Der Import von Wiederkäuern aus den Schutz- bzw. Sperrzonen (Griechenland, Teile Italiens, Spaniens und Frankreichs) ist bereits verboten (Richtlinie 2000/75/EG des Rates, Artikel 9). Ausnahmen sind durch Entscheidung 2001/783/EG der Komission geregelt. Gelegentliche Kontrollen von Tieren aus dem südlichen Europa, z. B. mit Hilfe eines ELISA, können zusätzliche Sicherheit gewähren.
    5. Eine aktuelle Viehzählung im Risikogebiet kann Aufschluss darüber geben, wieviele Impfdosen in der Impfstoffbank der Gemeinschaft (Entscheidung 2001/433/EG der Ko-mission) vorrätig gehalten werden sollten. So kann im Falle einer Infektion schnell gehandelt werden.
    6. Die Temperaturentwicklung in den Risikozonen sowie deren Ausdehnung ist weiter zu verfolgen, um bei Auftreten von BTD schnell und sicher eine Schutz- und Kontrollzone entsprechend der geographischen Lage und ökologischen Faktoren, Witterungsverhältnissen, Vorkommen und Verteilung des Vektors nach genauer Erforschung der Epizootiologie (Richtlinie 2000/75/EG des Rates, Artikel 8) einrichten zu können.
    7. Genauere Untersuchungen über das Vorkommen von Culicoides spp. im Risikogebiet sollten durchgeführt werden.
    Für die Gebiete, die nicht innerhalb der Risikozonen liegen, sind derzeit keine besonderen Schutzmaßnahmen notwendig. Allerdings müssen die Veränderungen der Temperaturen und somit auch der Risikozonen beobachtet werden, so dass im Fall einer Einschleppung des BTV der Wissensstand im Hinblick auf eine mögliche Bekämpfung aktuell ist.
    Europaweit werden diese Maßnahmen über die o. g. Richtlinie 2000/75/EG des Rates gere-gelt, die im Jahr 2002 auch in nationales Recht übergehen soll. Die vorliegende Arbeit kann diesen Übergang unterstützen.
    Bei der zu erwartenden Klimaerwärmung wird sich das Risikogebiet stark vergrößern. Außerdem steigt die Wahrscheinlichkeit an, dass es in den bisherigen Risikogebieten zu einem Ausbruch kommt. Dies liegt vor allem an den verbesserten Bedingungen für die heimischen Culicoides spp., aber auch an der Ausdehnung des Verbreitungsgebietes von C. imicola nach Norden. Eine konstante Aktualisierung des GIS sowie eine weitere Erforschung des Vorkommens der Vektoren ist daher wünschenswert.