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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Vergleichende Untersuchung über die Auswirkungen von Laufflächenbelegen aus Gummi und Beton auf Klauenhornqualität, Hornnachschub und -abrieb, Nettohornwachstum, Lahmheit und Klauengesundheit von Milchrindern in Laufstallhaltung (2010)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Guhl, Elmar (WE 18)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2010 — 237 Seiten
    ISBN: 978-3-86664-796-1
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/13428
    Kontakt
    Nutztierklinik

    Königsweg 65
    14163 Berlin
    +49 30 838 62261
    klauentierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Im Rahmen einer Kohortenstudie wurden an 150 Milchrindern (Kreuzungstiere der Rassen Holstein-Frisian X Schwarzbunte) die Auswirkungen von Laufflächenbelägen aus Gummi und aus Beton auf die Klauenhornqualität, den Hornnachschub und -abrieb, das Nettohornwachstum, die Lahmheit und die Klauengesundheit miteinander verglichen. In einem landwirtschaftlichen Betrieb in Brandenburg mit 628 Milchrindern und einer gemittelten Milchleistung von 7262 kg wurden die planbefestigten Betonlaufflächen eines von zwei identischen Stallgebäuden mit Gummimatten (KURA P®, Gummiwerk Kraiburg Elastik GmbH, Tittmoning/ Obb.) ausgestattet. Die Untersuchung erfolgte an frisch abgekalbten Rindern, die hinsichtlich der Laktationsnummer geschichtet, gleichmäßig den Ställen mit Laufflächen aus Gummi und Beton zugeordnet wurden. Bezüglich des Fütterungs- und des Hygienemanagements bestanden keine Unterschiede zwischen den beiden Stallgebäuden. Hochtragende Färsen wurden bis zu deren Verbringung zum Studienbetrieb zwei bis drei Wochen vor der Kalbung in einem Aufzuchtbetrieb auf Tiefstreu gehalten, während die Kühe der höheren Laktationen bereits eine „Vorgeschichte“ auf den verschiedenen Laufflächen im Betrieb (Tiefstreu oder Beton) aufwiesen. Der Beobachtungszeitraum betrug 15 Wochen. Im Zuge der Erstuntersuchung wurden eine funktionelle Klauenpflege mit Befunderhebung durchgeführt sowie Hornproben zwecks histometrischer Bestimmung der Hornröhrchenanzahl, des -durchmessers und des Verhältnisses von Hornröhrchenmark zu -rinde entnommen. Mit Hilfe einer angebrachten Markierung auf der Dorsalwand konnten Hornnachschub, Hornabrieb und Nettohornwachstum der Dorsalwand bestimmt werden. Ferner wurde das Nettoballenhornwachstum aus der Ballenhöhe bestimmt. Die Bewertung der Lahmheit erfolgte zu jeweils acht Zeitpunkten nach dem Schema von Sprecher et al. (1997). Des Weiteren wurde die Klauengesundheit über die Bestimmung von Neuerkrankungs- und Heilungsraten von Klauenläsionen bestimmt. Die Hornröhrchenanzahl pro mm² bei Tieren auf Laufflächen aus Gummi betrug zwischen 22 und 28 (1. Laktation), 34 und 40 (2. Laktation) sowie 39 und 44 (3. - 5. Laktation), bei Tieren auf Betonlaufflächen zwischen 31 und 33 (1. Laktation), 33 und 39 (2. Laktation) sowie 35 und 46 (3. - 5. Laktation). Der Vergleich für die Veränderungen der Hornröhrchenanzahl erstlaktierender Tiere während des Versuchszeitraumes ergab eine gegenüber Tieren auf Betonlaufflächen schwach signifikant verminderte Hornröhrchenanzahl der Tiere auf Laufflächen aus Gummi. Als Ursache hierfür wird ein höherer Feuchtigkeitsgehalt des Zwischenröhrchenhorns bei Rindern auf Gummiböden vermutet, welcher zu einem „Auseinanderrücken“ der Hornröhrchen im Sichtfeld des Mikroskops und damit einer Abnahme der Hornröhrchenzahl pro Flächeneinheit führte. Bei älteren Tieren wurden solche Effekte nicht beobachtet. Erstlaktierende Tiere wiesen gruppenunabhängig geringere Hornröhrchenanzahlen als ältere Tiere auf. Tiere auf Laufflächen aus Gummi wiesen Hornröhrchendurchmesser von 76 µm bis 78 µm (1. Laktation), 58 µm bis 62 µm (2. Laktation) sowie 62 µm (3. - 5. Laktation) auf, Tiere auf Betonlaufflächen von 61 µm bis 63 µm (1. Laktation), 51 µm (2. Laktation) sowie 47 µm bis 50 µm (3. - 5. Laktation). Ein Einfluss des Laufflächenbelags auf den Hornröhrchendurchmesser konnte nicht festgestellt werden. Erstlaktierende Tiere hatten gruppenunabhängig schwach signifikant größere Hornröhrchendurchmesser als ältere Tiere. Ein gleich bleibendes Hornröhrchenmark-Hornröhrchenrinde-Verhältnis und größere Hornröhrchenmark- und -rindenflächen belegen, dass der größere Hornröhrchendurchmesser auf größere Lederhautzöttchen bei Erstlaktierenden zurückzuführen ist. Das Hornröhrchenmark-Hornröhrchenrinde-Verhältnis der Tiere auf Laufflächen aus Gummi befand sich zwischen 1,74 und 1,90 (1. Laktation), 1,91 und 1,87 (2. Laktation) sowie 1,69 und 1,77 (3. - 5. Laktation), das der Tiere auf Betonlaufflächen zwischen 1,93 und 2,00 (1. Laktation), 1,96 und 2,14 (2. Laktation) sowie 1,91 und 2,00 (3. - 5. Laktation). Die Veränderung des Hornröhrchenmark-Hornröhrchenrinde-Verhältnisses zwischen beiden Gruppen unterschied sich nicht. Der monatliche Hornnachschub von Tieren auf Laufflächen aus Gummi betrug 4,4 mm (1. Laktation), 3,9 mm (2. Laktation) sowie 3,7 mm (3. - 5. Laktation), bei Tieren auf Betonlaufflächen 4,7 mm (1. Laktation), 4,1 mm (2. Laktation) sowie 3,7 mm (3. - 5. Laktation). Dem entgegen standen monatliche Abriebe bei Tieren auf Laufflächen aus Gummi von 1,8 mm (1. Laktation), 0,5 mm (2. Laktation) sowie 0,5 mm (3. - 5. Laktation), bei Tieren auf Betonlaufflächen 2,5 mm (1. Laktation), 0,7 mm (2. Laktation) sowie 0,6 mm (3. - 5. Laktation). Dies führte zu einem Nettohornwachstum der Tiere auf Laufflächen aus Gummi von 2,5 mm (1. Laktation), 3,5 mm (2. Laktation) sowie 3,2 mm (3. - 5. Laktation), bei Tieren auf Betonlaufflächen von 2,2 mm (1. Laktation), 3,4 mm (2. Laktation) sowie 3,2 mm (3. - 5. Laktation). Bei erstlaktierenden Tieren konnte ein schwach signfikant geringerer monatlicher Hornnnachschub und Hornabrieb von Tieren auf Laufflächen aus Gummi gegenüber Tieren auf Betonlaufflächen festgestellt werden. Das Nettohornwachstum unterschied sich nicht. Bei älteren Tieren waren keine durch Laufflächen bedingten Unterschiede festzustellen. Als Hauptursache für den im Gegensatz zu anderen Autoren beobachteten geringeren monatlichen Hornabrieb auf den Betonlaufflächen wird eine geringere Bewegungsaktivität der Tiere auf dem extrem rutschigen Boden vermutet. Deutlich wird dies an der monatlichen Längenzunahme der Dorsalwand (Nettohornwachstum) bei Tieren auf Laufflächen aus Beton von über drei Millimetern pro Monat. Das Nettoballenhornwachstum der Tiere auf Laufflächen aus Gummi betrug 2,0 mm (1. Laktation), 2,2 mm (2. Laktation) sowie 2,1 mm (3. - 5. Laktation), bei Tieren auf Betonlaufflächen 1,5 mm (1. Laktation), 1,6 mm (2. Laktation) sowie 2,1 mm (3. - 5. Laktation). Das Nettoballenhornwachstum blieb unbeeinflusst vom Laufflächenbelag. Die Lahmheitsprävalenz der Tiere auf Laufflächen aus Gummi schwankte zwischen 14 % und 31 %, die der Tiere auf Betonlaufflächen zwischen 28 % und 42 %. Der direkte Vergleich der Lahmheitsprävalenz während der einzelnen Beobachtungszeitpunkte ergab keinen Unterschied. Auch innerhalb der Altersgruppen (ausgedrückt durch die Anzahl an Laktationen) konnte kein deutlicher Unterschied ausgemacht werden. Die Prävalenzen von Rehe assoziierten Veränderungen an den Klauen waren bereits zu Versuchsbeginn sehr hoch mit 71 % bzw. 87 % auf Laufflächen aus Gummi und 90 % bis 99 % auf Beton. Zum Ende des Beobachtungsintervalls wiesen nahezu alle Klauen eine oder mehrere Rehe assoziierte Veränderungen auf. Weiße-Linie-Defekte, Einblutungen und Doppelsohlenbildung stellten in diesem Zusammenhang die häufigsten Veränderungen dar. Die Neuerkrankungsraten von Klauen bezüglich Einblutungen und Weiße-Linie-Defekten unterschieden sich zwischen den Gruppen nicht, jedoch konnte für die Kühe der dritten und höheren Laktationen, die auf Gummiböden gehalten wurden, für Einblutungen an der Sohlenfläche höhere Neuerkrankungsraten beobachtet werden. Zudem wurden bei erstlaktierenden Tieren auf Laufflächen aus Gummi schwach signifikant höhere (Einblutungen) bis tendenziell höhere (Weiße-Linie-Defekt) Heilungsraten festgestellt. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Art des Laufflächenbelages eine Entstehung von subklinischen Rehesymptomen als Folge von Stoffwechselstörungen wie subklinischer Pansenazidose nicht verhindern kann, jedoch bewirken Laufflächen aus Gummi in Zeiten ohne Fermentationsstörungen anscheinend eine Begünstigung des Heilungsverlaufs. Bezüglich der Neuerkrankungs- und Heilungsraten bei doppelter Sohle, Ballenhornfäule, Dermatitis Digitalis und Dermatitis Interdigitalis ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Einzig erstlaktierende Tiere auf Laufflächen aus Gummi wiesen tendenziell weniger Klauen mit Dermatitis Digitalis auf. Folgende Schlussfolgerungen können aus den gewonnenen Ergebnissen gezogen werden: Eine Verbesserung der Hornqualität im Sinne geringerer Erkrankungshäufigkeiten durch eine bessere strukturelle und funktionelle Integrität der Mikroarchitektur des Sohlensegmentes bei Milchrindern auf Laufflächen aus Gummi konnte im Vergleich zu Milchrindern auf Betonlaufflächen innerhalb eines 15-wöchigen Versuchszeitraumes nicht festgestellt werden. Das Nettohornwachstum bei Milchrindern auf Laufflächen aus Gummi ist nicht höher als das Nettohornwachstum von Milchrindern auf sanierungsbedürftigen, zu glatten Betonlaufflächen. Der Anteil klinisch lahmer Milchrinder auf Laufflächen aus Gummi ist nicht niedriger als bei Milchrindern auf Betonlaufflächen. Die Haltung von Milchrindern auf Laufflächen aus Gummi führt im Vergleich zur Haltung auf Betonlaufflächen nicht zu einer besseren Klauengesundheit, wenn managementbedingte Faktoren wie Stallhygiene, Liegeboxenkomfort und Fütterung auf beiden Laufflächen suboptimal sind.