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Bluttransfusionen haben auch bei der Katze als intensivmedizinische Therapiemassnahme in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen, jedoch liegen nur wenige klinische Daten zu Indikationen und Effizienz vor. Das Ziel dieser Untersuchungen war daher, die an der Klinik für kleine Haustiere, FU Berlin
innerhalb von 3 Jahren (15 Monate retrospektiv/21 Monate prospektiv) durchgeführten Bluttransfusionen bei der Katze in Hinblick auf folgende Parameter auszuwerten:
Auswahl und Nebenwirkungen bei Spenderkatzen, Blutgruppenverteilung bei Spendern und Patienten, Transfusionsindikationen und -häufigkeit, Transfusionsvolumen, Hämatokritänderung nach der Transfusion, Ergebnisse der Kreuzproben vor und nach der Transfusion, Auftreten von Transfusionsreaktionen und dem Transfusionserfolg bzw. der Überlebensrate. Zusätzlich wurden in einem Teil der Fälle ein Coombs-Test vor und nach der Transfusion durchgeführt.
Als Blutspender dienten klinikeigene Spenderkatzen sowie Katzen von Klinikangehörigen und im Privatbesitz, die gesund, möglichst gross, geimpft, FeLV- und FIV-negativ und nur in der Wohnung gehalten sein sollten. Nach einer Allgemein- und Blutuntersuchung wurden die Spender sediert und das Blut aus der V. jugularis externa mit Hilfe eines Butterfly-Katheters in natriumzitrathaltige Spritzen (1ml 3,13% Na-Zitrat auf 9 ml Blut) aspiriert. Das
entnommene Blut wurde in einen Transferbeutel überführt und sofort transfundiert. Im prospektiven Teil der Studie wurden zum Teil durch Zusatz von CPDA-1 (1,2 ml CPDA-1 auf 8,8 ml Blut) Blutkonserven hergestellt. Bei Spender und Empfänger wurde eine Blutgruppenbestimmung durchgeführt. Sowohl vor als auch 16-24 Stunden nach der Transfusion wurde der Hämatokrit des Patienten bestimmt, während und nach der Transfusion wurde auf Transfusionsreaktionen geachtet.
Über einen Zeitraum von 3 Jahren erhielten 91 Katzen 163 Bluttransfusionen. Insgesamt spendeten 134 Katzen Blut, dabei handelte es sich bei 127 Katzen um Tiere von Klinikangehörigen und aus Privatbesitz, die in der Regel nur ein Mal spendeten. Sieben klinikeigene Blutspendekatzen spendeten für insgesamt 45 Bluttransfusionen (28% der Bluttransfusionen). Das Alter aller Spenderkatzen reichte von 0,5-15 Jahre (Median (M) 4 Jahre), sie wogen zwischen 2,7-9 kg (M 5 kg). Pro Blutspende wurden 1,8-9,5 ml Blut/kg Körpergewicht (M 5,9 ml/kg, 10-50 ml pro Spende) abgenommen. Eine klinisch unauffällige Spenderkatze verstarb 2 Tage nach der Blutspende infolge einer klinisch unauffälligen dilatativen Kardiomyopathie. Ansonsten traten bei den Spenderkatzen keine Nebenwirkungen
auf. 95,6 % der Blutspender und Empfänger hatten die Blutgruppe A, 4,0 % die Blutgruppe B und 0,4 % die Blutgruppe AB. Es wurden nur AB-kompatible Transfusionen durchgeführt, ausser bei einer Katze mit der Blutgruppe AB, die Blut von drei Katzen mit der Blutgruppe A erhielt. Bei 159 Bluttransfusionen war die Hauptindikation eine Anämie. Die übrigen 4 Bluttransfusionen wurden wegen Hypoproteinämie (2) und Koagulopathie (2) verabreicht. 40 Katzen mit einer Blutungsanämie erhielten 62 Transfusionen (Median (M) 1 Bluttransfusion (BT) /Katze) und 1,7-16,3 ml Blut/kg (M 6 ml/kg) Körpergewicht. Der Hkt
betrug vor der Transfusion im Mittel 14% und reichte von 8-20%. 16-24 Stunden nach der BT wiesen die Katzen einen Hkt von 18,5% (11-28%) auf, bei einer Hkt-Änderung von 4,7% (-5 bis 12%). 13 Katzen, die an einer hämolytischen Anämie litten, erhielten 21 BT (M 1 BT/Katze). Das Transfusionsvolumen reichte von 16-50 ml pro BT (3,5-12,5 ml/kg Körpergewicht, M 7 ml/kg). Vor der BT reichte der Hkt von 6-17% (M 13%). Nach der Transfusion wurde ein Hkt von 8-22% (M 16%) festgestellt. Die Hkt-Änderung betrug 1-9% (M 3%). 35 Katzen waren infolge einer ineffektiven Erythropoese anämisch. Sie erhielten insgesamt
76 BT (M 2 BT/Katze). Vor der Transfusion reichte der Hkt von 5-20% (Median 12%). Mit einem Transfusionsvolumen von 10-70 ml/BT (3,3-16 ml/kg Körpergewicht, M 6,7 ml/kg) wurde eine Hkt-Änderung von -4 bis 19% (M 4%) erreicht. Nach der BT reichte der Hkt von 9-27% (M 14%).
Bei 2 von 163 Transfusionen (1,2%) trat eine Transfusionsreaktion mit Pyrexie, Tachypnoe und Bilirubinämie ein. In beiden Fällen lag eine Blutgruppen- und Kreuzprobenkompatibilität vor.
Während der ersten 24 Stunden wurden 14 Katzen mit einer akuten Blutungsanämie (4), Hämolyse (3) und einer ineffektiven Erythropoese (7) euthanasiert bzw. verstarben. Während der folgenden 9 Tage traten weitere 19 Todesfälle auf, davon litten 7 Katzen an einer Blutungsanämie und 12 an einer ineffektiven Erythropoese. Somit ergab sich bei den anämischen Katzen nach 24 Stunden eine Überlebensrate von 84,1% und nach den folgenden 9 Tagen von 63,7 %. Nur eine der vier Katzen, die aus einem anderen Grund als einer Anämie transfundiert wurden, überlebte.
Im prospektiven Teil der Studie wurden 117 Kreuzproben vor der Transfusion bei 60 Katzen durchgeführt. Es traten in jeweils 7 Major- und Minorproben eine Agglutinationsreaktion auf, wobei alle bis auf eine Katze bereits vorher transfundiert wurden. Eine zweite Kreuzprobe wurde 3-21 Tage nach 57 Transfusionen und eine dritte Kreuzprobe 20-71 Tage nach 4 Transfusionen durchgeführt. Zwei Major- und 4 Minorreaktionen traten bei einer Katze mit
der Blutgruppe AB auf, die mit Typ A-Blut transfundiert wurde. 9 Majorproben der zweiten bzw. dritten Kreuzprobe waren möglicherweise infolge einer Sensibilisierung gegen die transfundierten Erythrozyten inkompatibel. Eine dieser Katzen mit positiver Kreuzprobe, die multipel transfundiert wurde, wies 21 Tage nach der ersten Transfusion einen positiven Coombs-Test auf, was eine Antikörperbildung gegen die transfundierten oder eigenen Erythrozyten vermuten liess.
Durch eine sorgfältige Spenderauswahl, Blutgruppenbestimmung und Kreuzprobe sowie einer fachgerechten Transfusionstechnik sind feline Bluttransfusionen sicher und effizient, führen aber nicht immer zu dem erwarteten Hämatokritanstieg. Der Einsatz von Fremdspendern an Stelle von klinikeigenen Spendern ist eine praktikable und sinnvolle allerdings arbeitsintensive Massnahme.