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Eine Thrombozytopenie ist eine häufig vorkommende Veränderung des Blutbildes bei der Katze. Dennoch gibt es nur wenige klinische Studien zur felinen Thrombozytopenie. Die Thrombozyten (Tc) der Katze sind im Vergleich zu anderen Tierarten verhältnismäßig groß (11-18fl) und neigen stark zur Aggregation. Falsch-niedrige Tc-werte, sogenannte „Pseudothrombozytopenien“, können dadurch entstehen, dass der automatische Counter die felinen Tc (aufgrund ihrer Größe und ihrer Aggregatbildung) nicht als Tc erkennt. Ziel dieser prospektiven Studie, die im Zeitraum von Januar 1999 bis Juni 2000 durchgeführt wurde, war der Vergleich der Ergebnisse der manuellen mit der automatischen Tc-zählung bei Katzen. Zudem sollte bei in der Klinik vorgestellten thrombozytopenischen Katzen versucht werden, durch gründliche diagnostische Aufarbeitung die Ursache der Thrombozytopenie zu klären. Erstmals wurde hierbei die diagnostische Wertigkeit von thrombozytengebundenen Antikörpern, die mittels Durchflusszytometrie nachgewiesen wurden, bei der Katze überprüft. Weiterhin sollte bei 35 Katzen mit und ohne Thrombozytopenie die bukkale Schleimhautblutungszeit bestimmt und evaluiert werden. Vergleich zwischen maschineller und manueller Thrombozytenzählung Die Tc-zählung erfolgte manuell mittels Zählkammer (Thrombo Plus®, Sarstedt, Nümbrecht) und maschinell (Cell-Dyn 3500, Abbott, Wiesbaden) bei insgesamt 217 Katzenblutproben maximal eine halbe Stunde nach der Abnahme. Die maschinell ermittelten Werte lagen zwischen 1.000 und 858.000 Tc/µl (: 139.527 Tc/µl) und die manuell gezählten Werte zwischen 6.000 bis 970.000 Tc/µl (: 177.251 Tc/µl). Bei 161 Blutproben, die in der maschinellen Zählung eine Thrombozytopenie aufwiesen, konnten 39 Fälle von Pseudothrombozytopenie durch die manuelle Plättchenzählung aufgedeckt werden. In diesen Fällen hatte der Counter falsch niedrige Tc-werte ermittelt, in weiteren 47 Fällen lag der Counter zu hoch. Der Korrelationskoeffizient (zwischen manueller und maschineller Tc-zählung) lag bei r = 0,789, d.h. in Übereinstimmung mit der Literatur können zuverlässige Tc-werte bei der Katze bisher nur durch manuelle Zählung ermittelt werden. Diagnosen bei 63 thrombozytopenischen Katzen Bei 63 thrombozytopenischen Katzen (Tc/µl: 10.000 – 179.000, Median [M]: 83.000) wurden Anamnese, Signalement, Hämatologie, klinische Chemie, Serologie und Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen und ggf. weiterführende Untersuchungen (z. B. Zytologie, Histopathologie) durchgeführt und ausgewertet. Bei 42 dieser Katzen wurden zusätzlich Tc-geb. AK bestimmt. 17 (Tc/µl: 16.000 – 179.000, M: 57.000) der 63 Katzen litten an viralen Infektionen wie FIP (7), FeLV (3), FIV (4) und Katzenschnupfen mit bakterieller Sekundärbesiedelung (3). 22 Katzen hatten entweder aseptische Entzündungen (Tc/µl: 15.000 – 178.000, M: 84.000) (Fettgewebsnekrose [4], Traumata [4], Pankreatitis [2], FLUTD [2], (Cholangio)-hepatitis [2], nasaler Polyp [1] und ulzerierende Gastritis [1]) oder bakterielle Infektionen (Tc/µl: 37.000 – 168.000, M: 85.000) (Pneumonie [2], obstruktive Urolithiasis mit Cystitis [1], Pyelonephritis [1], Abszess [1], Pyometra [1]). Zehn (Tc/µl: 22.000 – 178.000, M: 88.000) der 63 Katzen litten an neoplastischen Erkrankungen (Lymphom [6], Leukämie [2], Fibrosarkom der Niere [1] und Hämangioendotheliosarkom [1]). Drei von 63 Katzen mit Thrombozytopenie hatten Knochenmarkerkrankungen (megakaryozytäre und /oder erythroide Knochenmarkaplasie bzw. -hypoplasie) mit Tc-werten von 34.000 – 168.000 Tc/µl, M: 115.000. Bei weiteren 3 Katzen wurden immunbedingte Erkrankungen (immunhämolytische Anämie, primäre immunbedingte Thrombozytopenie, Evans´ Syndrom) (Tc/µl: 10.000 – 83.000, M: 46.000) diagnostiziert. Vier (Tc/µl: 18.500 – 175.000, M: 149.500) der 63 Katzen hatten verschiedene andere Erkrankungen (Niereninsuffizienz [1], Hyperthyreose mit Kardiomyopathie [1], Hepatopathie [2]). Eine Thrombozytopenie (Tc/µl: 76.000 – 162.000, M: 109.000) wurde bei vier Katzen als Zufallsbefund bei einer Routineuntersuchung festgestellt. Nur 7 (Tc/µl: 10.000 – 57.000, M: 34.000) von 63 thrombozytopenischen Katzen mit den Diagnosen FIV (3), primäre immunbedingte Thrombozytopenie, Evans´ Syndrom, Leukämie und megakaryozytäre/erythroide Knochenmarkaplasie hatten Spontanblutungen in Form von Zahnfleischblutungen (4), Petechien (4), Epistaxis (1), Blutungen in die Retina und Sklera (1) bzw. Blutungen in das Abdomen (1). Nachweis thrombozytengebundener Antikörper (Tc-geb. AK) Als Testprinzip lag die Durchflusszytometrie mit Doppelfluoreszenz (Gerät: FACScan, Becton Dickinson, New Jersey USA) zugrunde. Mit monoklonalen Antikörpern (Ziege-Anti-Maus) gegen Tc-Antigene werden feline Tc ermittelt und mittels polyklonaler Antikörper (Ziege-Anti-Katze) mit Spezifität gegen die schweren Ketten der felinen Immunglobuline G werden diejenigen Tc erkannt, die mit Antikörpern beladen sind. Alle 47 gesunden Kontrollkatzen hatten ein negatives Testergebnis. 19 der 42 thrombozytopenischen Katzen (Tc/µl: 6.000 – 179.000, : 59.947) wiesen ein positives Testergebnis auf, 17 dieser 19 Tiere hatten vermutlich eine sekundäre immunbedingte Thrombozytopenie. Als Grunderkrankungen lagen Fettnekrosen (4), FIP (3), FeLV- (2) / FIV-Infektionen (2), Lymphom (2), Leukämie (1), Hepatitis (1), Pyelonephritis (1) und Hyperthyreose mit Kardiomyopathie (1) vor. Bei zwei Katzen konnten keine Grunderkrankungen festgestellt werden, und es wurde ein Evans´ Syndrom bzw. eine primär immunvermittelte Thrombozytopenie vermutet. Bei 23 Katzen (Tc/µl: 15.000 – 206.000, : 89.108) mit folgenden verschiedenen Grunderkrankungen war der Tc-geb. AK-Test negativ: FIP (4), Lymphom (3), FIV-Infektion (2), Pankreatitis (2), Cholangiohepatitis (1) und Hepatopathie (1), FeLV-Infektion (1), IHA (1), megakaryozytäre/erythroide Knochenmarkaplasie (1), Pneumonie (1), Leukämie (1), nasaler Polyp (1), Abszess (1) obstruktive FLUTD (1), ulzerierende Gastritis (1), peritoneoperikardiale Hernie (1). Wie aus der Humanmedizin und beim Hund bekannt, zeigte diese Studie, dass die immunbedingte Zerstörung der Tc bei der Pathogenese der Thrombozytopenie auch bei der Katze bei verschiedenen Grunderkrankungen eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Primäre immunbedingte Thrombozytopenien scheinen bei der Katze nicht häufig vorzukommen oder sie werden selten diagnostiziert, da Katzen fast nie wegen Spontanblutungen vorgestellt werden. Bukkale Schleimhautblutungszeit (BMBT) Zur Bestimmung der BMBT wurde der Inzisionsschnäpper Simplate® Pediatric (Organon Teknika Corporation, Durham, North Carolina) verwendet, der einen standardisierten Schnitt von 3 mm Länge und 0,5 mm Tiefe setzt. Insgesamt wurde die BMBT bei 35 sedierten Katzen an der Oberlippenschleimhaut gemessen. Der Erfahrungsbereich wurde aus dem Mittelwert (± 2 Standardabweichungen) der BMBT von 15 gesunden Katzen erstellt und lag bei 55,3 ± 43,2 Sek. (30 - 105 Sek.). Die 7 thrombozytopenischen Katzen (BMBT 45 – 300 Sek.) hatten im Durchschnitt eine längere BMBT als die gesunden Tiere, während sich die BMBT (<5 – 120 Sek.) der 13 erkrankten, nicht thrombozytopenischen Katzen nur unwesentlich von dem Erfahrungswert der gesunden Katzen unterschied.