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Die Ellbogengelenkdysplasie (ED) ist in zunehmendem Maße in den Blickpunkt tierzüchterischer Bemühungen gerückt. International anerkannt zur Bewertung von Ellbogengelenken bei ED gefährdeten Hunden ist das Bewertungssystem der IEWG, welches aber nur auf Ausmaß und Grad sekundärer arthrotischer Veränderungen beruht. Mit den Methoden nach Mues (2001) und Viehmann (1998) sollten primäre Veränderungen der Ellbogengelenke ermittelt werden. Beide Verfahren wollen eine größere Objektivität als die bisher gängigen Methoden haben. Bei der Messung nach Mues wurde eine Methodik auf der Basis von Winkelmessungen entwickelt, bei der die äußereren Gelenkstrukturen und die Gelenkgröße computergestützt erfasst und fünf Parameter, die das Gelenk charakterisieren, gemessen werden. Bei der Messmethode nach Viehmann werden absolute Werte ermittelt, indem Gelenkanteile und Flächen gemessen werden. Es werden acht Parameter bestimmt, die die Gelenkgröße, Stufen im Gelenk und die ulnare Gelenkfläche vermessen. Auch bei der Methode nach Viehmann werden Knochenpunkte computergestützt gesetzt. Es wurden seitliche Röntgenaufnahmen der Ellbogengelenke von 204 Rhodesian Ridgebacks und 20 Beagles vergleichend im Verfahren nach Mues und Viehmann evaluiert. Der Rhodesian Ridgeback wurde gewählt, weil er als große Rasse, im Gegensatz zu ED gefährdeten Rassen, wie z. B. Berner Sennenhund, Deutscher Schäferhund oder Rottweiler, als so gut wie ED-frei gilt und so als „Referenz“ für große Rassen bezeichnet werden kann. Der Beagle ist eine mittelgroßen Rasse, die nicht als Risikogruppe einer Ellbogengelenksdysplasie gilt. Alle 408 Ellbogengelenke der Rhodesian Ridgebacks waren bereits nach den Richtlinien der IEWG beurteilt und 95,6% waren ED frei befundet. Die Gelenke der Beagles waren ED frei. Die zu untersuchenden Gruppen waren nicht altersgleich, da in der Beaglegruppe mehr ältere Tiere vertreten waren. Mit den Verfahren nach Mues und Viehmann sollten primäre Gelenkveränderungen objektiv im Hinblick auf eine ED ermittelt werden. Mues errechnet daraus das Risiko der ED-Vererblichkeit. Viehmann bestimmt geometrische Faktoren, die die Kongruenz (ED negativ) und Inkongruenz (ED positiv) beschreiben. Beide Verfahren beanspruchen eine größtmögliche Objektivität mit folgendem Ergebnis: Bei der Messung nach Mues zeigte sich ein signifikanter Unterschied zwischen Rhodesian Ridgeback und Beagle bei zwei der fünf gemessenen Parameter. Eine Korrelation mit dem ED Grad konnte beim Rhodesian Ridgeback für zwei der fünf Parameter (40%) nachgewiesen werden. Eine angemessene Wiederholbarkeit und daraus resultiernde Reproduzierbarkeit wurde bei einem Parameter ermittelt (20%). Bei der Messung nach Viehmann schlägt sich ein Rasseunterschied in zwei die Gelenkgröße und in einem, die Stufe im Gelenk beschreibenden Parameter nieder. Der ED Grad lässt sich signifikant durch sieben von acht Parametern (87%) unterscheiden. Allerdings konnte eine Wiederholbarkeit mit einer angemessenen Korrelation der Mittelwerte zum ED Grad nur für zwei dieser sieben Parameter (25%) nachgewiesen werden. In der Gesamtheit der statistischen Auswertungen beider Messmethoden bleiben zur Bewertung des Ellbogengelenks beim Rhodesian Ridgeback zwei sinnvolle, die Gelenkgröße beschreibende, Parameter übrig. Diese zwei Größen zeigen sowohl eine signifikante Korrelation zum ED-Grad des Gelenks, als auch eine ausreichende Wiederholbarkeit und dadurch Zuverlässigkeit innerhalb eines Gelenks. Die beiden Messmethoden sind in Anbetracht des Aufwands (Digitalisieren des Bildmaterials, Benutzung spezieller Computersysteme) zur individuellen Beurteilung eines Ellbogengelenks im Hinblick auf eine Ellbogengelenksdysplasie wohl nur eingeschränkt in der Routine einsetzbar.