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Da es in der Literatur nur wenige Angaben zum Krankheitsverlauf von Hunden mit primärer immunbedingter Thrombozytopenie (pITP) und Evans´ Syndrom gibt, war das Ziel dieser retrospektiven Studie (Januar 1997 Januar 2003) die Beschreibung von Klinik, Diagnostik, Therapie und Verlauf solcher Patienten. Bei insgesamt 30 Hunden wurde aufgrund des positiven Nachweises Thrombozyten (Tc)-gebundener Antikörper und dem Ausschluss einer möglichen Grunderkrankung die Diagnose pITP gestellt. Die Hunde waren zwischen 3 Monaten und 10 Jahren (Median (M) 4 Jahre) alt. Das Geschlechtsverhältnis war mit 73% (22/30) deutlich zugunsten der weiblichen Tiere verschoben. Insgesamt waren 18 verschiedene Rassen und 6 Mischlingshunde vertreten. 22 Besitzer stellten ihre Tiere aufgrund von Blutungen vor. Bei den übrigen Patienten handelte es sich bei der Tc-penie um einen Zufallsbefund bei Blutuntersuchungen wegen Hautproblemen und Bewegungsstörungen. Bei der klinischen Allgemeinuntersuchung wurden bei 70% (21/30) der Patienten Blutungen dokumentiert: Petechien in Haut und/oder Schleimhäuten (13), Zahnfleischbluten (9), Meläna (6), Ekchymosen (5), Hyphäma (4), Epistaxis (3), blutiger Kot (2), Hämatome (2), Hämaturie (2) und Hyposphagma (1). Sieben Hunde hatten eine erhöhte Rektaltemperatur (39,1°C-40,3°C). Weitere Befunde waren eine geringgradige generalisierte (2) bzw. lokale (3) Lymphknotenvergrößerung, eine Splenomegalie (16), Hepatomegalie (1) bzw. Hepatosplenomegalie (2). Am Tag der Erstvorstellung lagen die Tc in einem Bereich zwischen 0111 G/l (M 8), 77% (23/30) der Hunde hatten eine Tc-Zahl < 30 G/l. Der Hkt betrug initial 0,09 bis 0,61 l/l (M 0,35), wobei 17 Patienten unter einer Anämie litten (Hkt 0,09-0,36 l/l, M 0,31). Fünf von 9 Hunden hatten eine regenerative und 4 eine nichtregenerative Anämie. Eine Leukozytose (15,2-33,8 G/l, M 19) wurde bei 12 Patienten festgestellt. Die Gerinnung wurde bei 27 Hunden bestimmt, wobei die Prothrombinzeit (PT) bei allen und die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) bei 25 im Normbereich lag. Auffallende Befunde in der klinischen Chemie waren eine Hypoproteinämie und Hypalbuminämie (5), eine Azotämie (1), eine Hyperglobulinämie (1) sowie erhöhte Leberenzyme (16). Elf Hunde mit Blutungen bzw. Anämie erhielten über einen Zeitraum von 1-4 Tagen (M 2) 1-3 Bluttransfusionen. Allen Tieren wurde frisches Vollblut verabreicht, und 5 Hunde erhielten zusätzlich zur Behandlung der Anämie Erythrozytenkonzentrat. 29 Hunde wurden immunsuppressiv mit Prednisolon behandelt. Die Zytostatika Azathioprin (3), Vincristin (6) oder Ciclosporin (3) wurden in Kombination mit Prednisolon entweder gleich zu Beginn der Therapie, im Laufe der Behandlung nach fehlendem Anstieg der Tc oder nach einem Rezidiv eingesetzt. Ein Hund wurde nicht therapiert. Von 25 Hunden mit Tc-Zahlen < 50 G/l hatten 96% (24/25) nach 1-15 Tagen (M 5) einen Anstieg der Tc auf > 50 G/l. Nach einem Zeitraum von 4 bis 112 Tagen (M 10) erreichten 90% (27/30) eine Tc-Zahl > 150 G/l. Von 19 Tieren, die über einen längeren Zeitraum (1121684 Tage, M 340) beobachtet wurden, hatten 26% (5/19) Rezidive. Die Patienten hatten insgesamt 1-4 Rückfälle (M 2). Die Rezidive entstanden nach Dosisreduktion des Prednisolons (5) und nachdem die Besitzer die Medikamente selbstständig absetzten (3). In drei Fällen konnte keine Ursache gefunden werden. Die akute Erkrankungsphase, d.h. die ersten 14 Tage, überlebten 97% (29/30) der Tiere. In der Folgezeit von 15-1684 Tagen überlebten 93% (27/29) der Hunde. Bei 14 Hunden wurde die Diagnose Evans´ Syndrom gestellt. Zusätzlich zum positiven Nachweis Tc-gebundener AK hatten 12 Patienten einen positiven Coombs-Test und 2 eine persistierende Agglutination der Erythrozyten. Die Diagnose erfolgte zudem durch Ausschluss möglicher Grunderkrankungen oder Ursachen einer sekundären ITP (sITP) und sekundären immunhämolytischen Anämie (sIHA). Insgesamt waren 5 verschiedene Rassen und 5 Mischlingshunde vertreten. Das Alter reichte von 1 bis 14 Jahren (M 6) und das Geschlechtsverhältnis war mit 64% (9/14) zugunsten der männlichen Tiere verschoben. Die häufigsten anamnestischen Symptome waren Apathie (9), Inappetenz (4) und Blutungen (4). Auffallende Symptome bei der Allgemeinuntersuchung waren: Mattigkeit (9), erhöhte Rektaltemperatur (6) und Blutungen (6). Folgende Blutungen wurden dokumentiert: Petechien in Haut und/oder Schleimhäuten (5), Ekchymosen (1), Hämatom (1), Meläna (1), Hyphäma (1) und Hyposphagma (1). Weitere Befunde waren eine geringgradige Vergrößerung der Lymphknoten (5), Milz und/oder Leber (7). Am Tag der Erstvorstellung lagen die Tc zwischen 0,7 und 154 G/l (M 18), wobei 64% der Hunde (9/14) eine Tc-Zahl < 30 G/l aufwiesen. 86% der Patienten (12/14) litten unter einer Anämie mit einem Hkt von 0,11-0,28 l/l (M 0,16). Sechs von 13 Hunden hatten eine nichtregenerative und 7 eine regenerative Anämie. Eine Leukozytose mit Werten zwischen 15,3 und 39 G/l (M 26,6) wurde bei 9 Patienten festgestellt. Die Gerinnung wurde bei 13 Hunden bestimmt, wobei die PT bei allen und die aPTT bei 12 im Normbereich lag. Auffallende Befunde der klinischen Chemie waren erhöhte Leberenzyme (10), eine Bilirubin-Erhöhung (8) sowie eine Hypoproteinämie und Hypalbuminämie (2). Bei 11 Patienten mussten über einen Zeitraum von 1-6 Tagen (M 3) 1-6 Bluttransfusionen verabreicht werden (Erythrozytenkonzentrat n=9, frisches Vollblut n=7). Alle Hunde wurden immunsuppressiv mit Prednisolon behandelt. Fünf Patienten erhielten zusätzlich Azathioprin, 2 Hunde Ciclosporin und ein Hund Vincristin. Von 11 Hunden mit einer Tc-Zahl < 50 G/l erreichten alle Patienten nach 2-13 Tagen (M 6) eine Tc-Zahl > 50 G/l. Innerhalb eines Zeitraumes von 2-18 Tagen (M 8) stiegen die Tc bei 12 von 13 Tieren mit einer Tc-penie > 150 G/l. Zehn von 13 Patienten mit einem Hkt < 0,38 l/l zeigten innerhalb von 23-270 Tagen (M 38,5) einen Anstieg des Hkt auf > 0,38 l/l. Von 10 Hunden, die über einen längeren Zeitraum (208-1880 Tage, M 375) beobachtet wurden, hatten 70% (7/10) Rezidive, wobei 4 Patienten mehrere Rückfälle zeigten. Folgende Ursachen wurden festgestellt: Absetzen der Medikamente (2), Reduzierung der Medikamentendosis (1), keine Ursache gefunden (8). Die Hunde hatten häufiger ein Rezidiv mit Tc-Abfall (8) als ein Rezidiv mit Hkt-Abfall (1). In zwei Fällen trat der Rückfall gleichzeitig mit einer Erniedrigung von Tc-Zahl und Hkt auf. Innerhalb der ersten 14 Tage wurde eine Überlebensrate von 93% (13/14) festgestellt. In der Folgezeit (15-1880 Tage) überlebten alle Hunde. Bei insgesamt 36 Hunden wurden folgende Auslöser für eine sITP vermutet: Neoplasie (8), Infektionskrankheit (23), Medikamente (2), Bluttransfusion (1), Systemischer Lupus erythematodes (1), Erkrankung mit unbekannter Ursache (1). Neun Hunde mit einer Grunderkrankung hatten zusätzlich zum positiven Nachweis Tc-gebundener AK einen positiven Coombs-Test (sITP + sIHA). Die immunbedingte Zerstörung der Plättchen und Erythrozyten wurde bei diesen Patienten aufgrund folgender Grundkrankheiten vermutet: Stumpfpyometra, Ehrlichiose, Babesiose, Leishmaniose, Ehrlichiose/Borreliose, Leishmaniose/Babesiose, malignes Lymphom und lymphatische Leukämie.