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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Experimentelle Untersuchungen zur Reproduktionsbiologie und zum Embryotransfer beim Europäischen Reh (Capreolus capreolus) (2002)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Broich, Alexandra
    Quelle
    Berlin, 2002 — 123 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000000745
    Kontakt
    Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14163 Berlin
    +49 30 838 62310
    parasitologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Es war Ziel der vorliegenden Arbeit, durch Einsatz einer modernen Methode der assistierten Reproduktion, des Embryotransfers, die embryonale Diapause des Europäischen Rehs zu untersuchen und zu charakterisieren. Für den Nutztierbereich etablierte Regime zur hormonellen Zyklussynchronisation und Superovulation von Embryonendonoren und ?rezipienten, Techniken zur Gewinnung und zum Transfer von Embryonen sowie Techniken zum genetischen Abstammungsnachweis der Tiere kamen hierfür erstmals beim Reh zum Einsatz. Die Ergebnisse von Superovulation, Synchronisation, Embryonengewinnung und des Embryotransfers mit ihrer Bedeutung für die Diapause des Rehs werden wie folgt zusammengefaßt: (A) Die Applikation von intravaginalen Gestagen-Schwämmchen resultierte in einer Brunstsynchronisation der Embryonendonoren. Nach Entfernen der Schwämmchen setzte bei allen Tieren der Östrus mit nachfolgenden Deckakten durch den Bock ein. (B)Im Schutze der Gestagen-Schwämmchen als künstliche Lutealphase war es möglich, durch die Applikation von PMSG und dessen späterer Antagonisiering eine Superovulation der Rehe zu induzieren. Durch den Einsatz der Transrektalen Adaptersonographie war es möglich, auf sonografischem Wege die Ovardynamik zu verfolgen und die Zahl der sprungreifen Follikel bzw. der tatsächlich ausgebildeten Corpora lutea zu quantifizieren. Signifikant höhere Zahlen an Gelbkörpern bzw. aufgefundenen Embryonen in Kombination mit höheren Progesteronwerten bei superovulierten Tieren im Vergleich zu nicht-superovulierten Tieren sowie zufriedenstellende Ovulationsraten von durchschnittlich 70 % lassen PMSG/Anti-PMSG als Hormonregime zur Superovulation von Rehen geeignet erscheinen. (C) Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten des weiblichen Genitaltraktes beim Reh war es trotz des erfolgreichen Einbringens eines Katheters in das Uteruslumen nicht möglich, Embryonen auf nicht-chirurgischem Wege aus den Uterushörnern zu gewinnen. Die chirurgische Spülung der einzelnen Uterushörner der Tiere erbrachte mit Auffindungsraten von durchschnittlich 41 % (Verhältnis der Anzahl an Embryonen zur Zahl gezählter Gelbkörper) zufriedenstellende und mit den Werten anderer Cervidae vergleichbare Ergebnisse. Im Vergleich zu domestizierten Tierarten wie Ziege und Schaf schnitt die Embryonengewinnung auf chirurgischem Wege beim Reh deutlich schlechter ab. (D) Die terminorientiere Embryonenspülung der Spendertiere an Tag 7 bzw. 9 des berechneten Zyklus erbrachte eine Vielzahl ausschließlich früher embryonaler Entwicklungsstadien. Alle dieser Embryonalstadien wurden in den Uterushörnern und nicht anderen Tierarten entsprechend in den Eileitern aufgefunden. Es wurde geschlossen, daß bereits die frühe Embryonalentwicklung der Rehembryonen eine Verzögerung erfährt und nicht erst nach dem Erreichen des Stadiums der Blastozyste. (E)Die Applikation von PGF2a zur Zyklussynchronisation bei sechs von acht Empfängertieren während der Diapause resultierte innerhalb weniger Tage in einem messbaren Progesteronabfall mit anschließendem Anstieg zurück auf den Anfangswert. Parallel zum Verlauf der Progesteronkurve nach Luteolyse konnte sonographisch und makroskopisch die Rückbildung alter und die Entstehung neuer, sich am Tage des Embryotransfers in Blüte befindlicher Gelbkörper nachgewiesen werden. (F) Nach dem Embryotransfer im Herbst kam es bei drei von insgesamt acht Tieren zu Trächtigkeiten, darunter eine Zwillingsträchtigkeit. Zwei der Trächtigkeiten konnten bereits im Januar kurz nach der Implantation durch transrektale ultrasonographische Untersuchung detektiert werden. Alle der tragenden Tiere waren in ihrem Zyklus mit dem Alter der zu transferierenden Embryonen synchronisiert worden, es entwickelte sich keine Trächtigkeit bei nicht neu synchronisierten Tieren. Obwohl die Geburt der vier Kitze zur physiologischen Setzzeit der Rehe in den Monaten Mai und Juni stattfand, konnte die Hypothese, daß es durch Kryokonservierung der Embryonen und Embryotransfer zu einer künstlichen Verkürzung der Diapause gekommen war, nicht verifiziert werden. Der Blutuntersuchung der drei Rehfamilien uum Zwecke eines genetischen Abstammungsnachweises ergab eindeutig, daß es sich in allen 3 Fällen bei Putativ-Eltern und biologischen Eltern um ein und dieselben Tiere handelt. Alle Kitze sind demnach nicht das Ergebnis des Embryotransfers im Herbst, sondern das des natürlichen Brunstgeschehens im Sommer mit physiologischer Dauer von Trächtigkeit und Diapause. Eine Aussage über die Beeinflussbarkeit der embryonalen Diapause oder über ihre Abhängigkeit von externen oder internen Faktoren kann demnach nicht getroffen werden. Es bleibt weiterhin unklar, wer das Signal zur Wiederaufnahme des embryonalen Wachstums gibt, Mutter oder Embryo. Aus der Tatsache, daß es bei allen tragenden Rezipienten trotz vorangegangener neuer Zyklusinduktion mit Luteolyse, Neuanbildung von Gelbkörpern und zeitweisem Abfall der Progesteron-Werte nicht zur Beendigung der Trächtigkeiten und Resorption vorhandener Embryonen kam, wird gefolgert, daß bei Rehembryonen während des Zeitraumes der Diapause (anders als bei anderen Tierarten) eine weitgehende Unabhängigkeit vom Vorhandensein des eine Trächtigkeit aufrechterhaltenden Hormons Progesteron besteht. Darin wird eine weitere reproduktionsbiologische Besonderheit des Europäischen Rehs gesehen.