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Alle Nashorn- und Elefantenarten sind vom Aussterben bedroht und die dringend erforderliche Nachzucht in Menschenhand gestaltet sich schwierig. Ein Hauptproblem der Zuchtprogramme ist der ungewollt hohe Anteil männlichen Nachwuchses, der vor allem in kleinen Populationen ein ernsthaftes Problem darstellt. Eine erfolgreiche und sichere Methode zur Manipulation des Nachkommengeschlechts würde die vermehrte Nachzucht weiblicher Tiere und ein beschleunigtes Populationswachstum ermöglichen. Dadurch könnte die Lebensfähigkeit von Populationen signifikant gesteigert werden und somit auch die Chance auf Erhaltung der imposanten Tiere. Dies gilt insbesondere für hochbedrohte Arten, wie das nördliche Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum cottoni) mit nur noch zwei verbliebenen weiblichen Zuchttieren, weltweit. Bis heute stellt die Beltsville sperm-sorting Technologie in Kombination mit künstlicher Besamung (KB) oder in vitro Fertilisation (IVF) die einzige verlässliche Methode zur Geschlechtbeeinflussung der Nachzucht dar. Diese Technik basiert auf der flowzytomterischen Trennung von X- und Y- Chromosomen tragenden Spermien anhand ihres Unterschiedes im relativen DNS-Gehalt. Das Ziel dieser Arbeit war es die Eignung von Nashorn- und Elefantenspermien zur geschlechtsspezifischen Spermientrennung im Flowzytometer zu bestimmen und grundlegende Untersuchungen zur Spermien-Sortierung bei diesen Megaherbivoren durchzuführen. Speziesspezifische Sortierbedingungen sollten erforscht und erarbeitet werden. Zunächst wurde die theoretische Sortiereignung der Spermien durch Bestimmung des Spermien-Sortierindexes (SSI) ermittelt. Dieser errechnet sich durch Multiplikation des im Flowzytometer bestimmten Unterschiedes im relativen DNS-Gehalt zwischen X- und YChromsomen tragenden Spermien mit der Spermienkopffläche. Demnach bringen die Spermien vom afrikanischen Savannen Elefant (Loxodonta africana) die besten Vorrausetzungen für eine erfolgreiche flowzyometrische Trennung in X- und YChromosomen tragende Populationen mit, gefolgt vom asiatischen Elefanten (Elephas maximus). Die generelle Sortiereignung von Spermien der drei untersuchten Nashornarten [Breitmaulnashorn (Ceratotherium simum), Spitzmaulnashorn (Diceros bicornis) und Panzernashorn (Rhinoceros unicornis)] erwies sich als untereinander sehr ähnlich und als geringer im Vergleich mit Elefant sowie Nutz- und Haustierarten. Weiterhin wurden elementare Parameter zur flowzytometrischen Sortierung von Breit- und Spitzmaulnashornspermien sowie von Spermien des asiatischen Elefanten bestimmt. Für den Sortiervorgang geeignete speziesspezifische Verdünnermedien wurden entwickelt und ein für die jeweilige Tierart passendes DNS-Färbeprotokoll (Farbmenge, Inkubationszeit und -temperatur) erstellt. Die geschlechtsspezifische Sortierung von Nashornspermien erwies sich als problematisch.Zwar konnten die Gameten erfolgreich und mit hoher Reinheit (94 %) getrennt werden, die Spermienqualität nach Sortieren (Spermienintegrität: 42.0 ± 5.4 %; Spermienmotilität: 11.5 ± 6.1 %) sowie die Sortiereffizienz (300 – 700 Spermien/Sek) waren jedoch noch gering. DNSFärbung und Sortiervorgang der Nashornspermien werden in hohem Maße durch die hohe Viskosität der Ejakulate beeinträchtigt. Als Hauptkomponente der störenden viskösen Fraktion wurde mittels Proteinanalyse von Nashornseminalplasma (via Gelektrophorese und Massenspektrometrie), ein 250 kDa schweres glykosiliertes Protein charakterisiert, das sehr wahrscheinlich aus der Bulbourethraldrüse stammt. Durch Untersuchungen zu einer möglichen Verflüssigung des Seminalplasmas wurde eine viskositätssenkende Wirkung durch Zusatz der Enzyme α-Amylase und Collagenase zu den Spermienproben festgestellt, ohne dass die Spermienmotilität oder deren Integrität negativ beeinflusst wurden. Vorläufige Ergebnisse von Enzymanwendungen zur Viskositätsminderung von Nashornejakulaten zeigten eine positive Wirkung auf deren Sortierbarkeit, was eine zukünftige Steigerung der Sortiereffizienz durch einen routinemäßigen Enzymzusatz erhoffen lässt. Beim asiatischen Elefanten konnten mit Hilfe des im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Sortierprotokolls sehr gute Ergebnisse hinsichtlich der Spermienqualität (Spermienintegrität nach Sortieren: 64,8 ± 3,2 %; Spermienmotilität: 70,8 ± 4,4 %) und Reinheit (94,5 ± 0,7 %) nach Trennung in eine X- und eine Y- Chromosomen tragende Population und der akzeptablen Sortiereffizienz (1945,5 ± 187,5 Spermien/Sek) erzielt werden. Parallel dazu wurde, durch Optimisierung des Spermien-Handlings vor und nach Kryokonservierung, der Zusammensetzung des Kryomediums und der Anwendung des direktionalen Gefrierverfahrens, ein erfolgreiches Protokoll zur Kryokonservierung der Spermien vom asiatischen Elefanten entwickelt (Spermienmotilität nach Auftauen: 58,5 ± 6,0 %). Die beste Spermienqualität nach Kryokonservierung wurde durch eine zweistufige Verdünnung der frisch gewonnenen und zentrifugierten Spermien in Blottner’s Kryomedium (285 mOsmol/kg) erzielt, das 16 % Eigelb und eine Endkonzentration von 7 % Glyzerol enthielt. Die Spermien wurden langsam auf 4 – 5°C gekühlt und in großen Vo lumina von 2.5 oder 8 ml bei einer Konzentration von 150 x 106 Spermien/ml kryokonserviert. Beim asiatischen Elefanten erlauben die Ergebnisse dieser Studie schon heute den Einsatz sortierter Spermien in der KB. Das Sortierprotokoll erscheint technisch verlässlich, auch wenn bis jetzt noch keine Trächtigkeit erzielt werden konnte. Beim Nashorn ermöglichen die momentane Sortiereffizienz sowie die Integrität und Motilität der sortierten Spermien zwar anders als beim Elefant noch keinen Einsatz in Besamungen, wohl aber die Verwendung in Methoden der in vitro Embryoproduktion. Diese Arbeit untersucht zum ersten Mal das Potential der geschlechtsspezifischen, flowzytometrischen Spermientrennung von mehreren Nashorn- und Elefantenarten. Hinsichtlich der praktischen Anwendbarkeit sind die entwickelten Protokolle beim Elefanten einsatzbereit, wobei beim Nashorn noch weitere Forschungsarbeit von Nöten ist. Die erzielten Ergebnisse zeigen die Möglichkeiten der entwickelten Methoden auf und bieten eine viel versprechende Basis für die zukünftige Anwendung der Technologie im Erhaltungszuchtmanagement der bedrohten Tierarten.