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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Untersuchungen zu Transmissiblen Spongiformen Enzephalopathien bei Europäischen Mufflons (Ovis orientalis musimon) in Deutschland (2009)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Wiethölter, Anke (WE 13)
    Quelle
    Gießen: DVG, 2009 — 146 Seiten
    ISBN: 978-3-941703-52-0
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/13845
    Kontakt
    Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14163 Berlin
    +49 30 838 62310
    parasitologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Transmissible Spongiforme Enzephalopathien (TSE), sog. Prionkrankheiten, sind letale neurodegenerative Erkrankungen, die sowohl beim Menschen als auch bei Haus- und Wildtieren vorkommen. Nach dem Auftreten von TSE bei Mufflons in England und vor dem Hintergrund, dass Deutschland den zweitgrößten Mufflonbestand der Welt besitzt, stellte sich die Frage, ob TSE auch bei Mufflons in Deutschland vorkommen. Ziel dieser Studie war es zu klären, (1) mit welcher Prävalenz Prionkrankheiten bei Mufflons in Deutschland auftreten und (2) welche genetische Empfänglichkeit die Populationen aufweisen. Dazu wurden ein Populationsscreening und eine Genotypisierung des Prionprotein-Gens (PRNP) durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sollten eine genauere Risikoabschätzung ermöglichen.
    Für das Screening wurden alle Landkreise je nach Auftreten von Scrapie-Ausbrüchen bei Hausschafen, der Mufflonstrecke sowie der Schafdichte in verschiedene Risikoklassen unterteilt. Das Screening wurde auf Kreise der Risikoklassen III und II, in denen die Wahrscheinlichkeit TSE bei Mufflons zu entdecken als höher eingeschätzt wurde, beschränkt. Innerhalb dieser Risikogebiete wurden während der Jagdjahre 2006 und 2007 erlegte oder tot aufgefundene Mufflons, die älter als 18 Monate waren, beprobt. Um sowohl klassische als auch atypische Scrapie diagnostizieren zu können, wurden i. d. R. von jedem Tier der Hirnstamm, das Kleinhirn und die retropharyngealen Lymphknoten entnommen und von einem akkreditierten Labor mittels eines hoch sensitiven Schnelltestes (IDEXX HerdChek BSE-Scrapie) untersucht.
    Zur Genotypisierung des PRNP wurden Tiere aus jeder in das Screening miteinbezogenen Muffelwildregion per Zufall ausgewählt. Als Ausgangsmaterial für die DNA-Extraktion diente für die TSE-Untersuchung entnommenes Gehirngewebe. Mittels PCR wurde ein 862 Basenpaare langes DNA-Fragment amplifiziert, aufgereinigt und anschließend sequenziert. Alle erhaltenen Sequenzen wurden mit verfügbaren Genbankeintragungen von Schaf und Mufflon verglichen und in ihre entsprechende Aminosäurensequenz übersetzt. Hauptaugenmerk lag auf der 771 Basenpaare umfassenden proteincodierenden Sequenz des PRNP. Besonderes Interesse galt den Codons 136, 154 und 171, da vor allem diese mit der Varianz der Scrapie-Empfänglichkeit assoziiert werden.
    Insgesamt wurden 2.453 Gewebeproben von 823 Mufflons aus 38 Landkreisen und einem Stadtstaat untersucht. Das krankheitsassoziierte Prionprotein (PrPSc) konnte in keiner Gehirn- oder Lymphknotenprobe nachgewiesen werden. Alle untersuchten Mufflons waren TSE-negativ. Zur weiteren Auswertung und Schätzung der Nachweisgrenzen wurden alle Gebiete einer Risikoklasse zusammengefasst. In den Risikogebieten der Klasse III lag die TSE-Prävalenz für adulte Mufflons im Untersuchungszeitraum mit 95-prozentiger Wahrscheinlichkeit unter 0,56 %, in Risikogebieten der Klasse II unter 1,2 %.
    Im Rahmen der Genotypisierung wurden die Prionprotein-Genotypen von 246 Tieren aus 40 Muffelwildregionen bestimmt. Die Analyse der Sequenzen zeigte, dass – unabhängig von ihrem Herkunftsort – alle Mufflons den gleichen Genotyp ARQ/ARQ aufwiesen. Unter Berücksichtigung der Einbürgerungsgeschichte ist es wahrscheinlich, dass dieser den einzig vorhandenen Genotyp des gesamten Bestandes in Deutschland darstellt.
    Die vorliegende Arbeit ist die weltweit umfangreichste Untersuchung zu TSE und Prionprotein-Genotypen an frei lebenden Mufflons. Gegenwärtig gibt es keine Hinweise dafür, dass Prionkrankheiten bei Mufflons in Deutschland vorkommen. Allerdings können Einzelfälle anhand der Nachweisgrenzen nicht ausgeschlossen werden. Das durchgeführte Screening stellt eine Stichproben- und keine Vollerhebung dar. Ihrem Genotyp nach zu urteilen sind Mufflons hochempfänglich für klassische Scrapie und BSE und empfänglich für atypische Scrapie. In einigen Gebieten Deutschlands besteht durch potentiellen direkten und indirekten Kontakt zu Scrapie-positiven Hausschafen ein hohes Expositionsrisiko für Mufflons. Um einen gesunden Wildbestand dauerhaft zu gewährleisten und dem Vorsorgeprinzip zu entsprechen, sollten Mufflons in die TSE-Überwachung miteinbezogen werden. Daher sollten alle klinisch auffälligen Mufflons einer veterinärmedizinischen Untersuchung inklusive eines TSE-Schnelltestes unterzogen und somit in die passive Überwachung integriert werden. In Gebieten mit einem hohen Expositionsrisiko durch klassische Scrapie sollte eine aktive Überwachung, d. h. eine Untersuchung aller erlegten oder tot aufgefundenen Mufflons, erfolgen.