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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Untersuchungen zur Beeinflussung der Mikrobiota im Dünndarm von Ferkeln nach Verfütterung einer enzymsupplementierten Getreidediät unter Anwendung der 16S rRNA-Sondenhybridisierung (2005)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Hirsch, Kerstin (WE 4)
    Quelle
    Berlin, 2005 — IV, 89, [61] Seiten
    Kontakt
    Institut für Tierernährung

    Königin-Luise-Str. 49
    14195 Berlin
    +49 30 838 52256
    tierernaehrung@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Getreidefuttermittel spielen in der Schweinefütterung eine zentrale Rolle.
    Die im Getreide enthaltenen Nicht-Stärke-Polysaccharide (NSP) sind aus Sicht der Tierernährung von Interesse, da sie im Verdauungstrakt von Monogastriern antinutritive Effekte entfalten. Der Einsatz NSP-spaltender Futterzusätze erfolgt mit dem Ziel, Leistungsparameter wie Lebendmassezunahme und Futteraufwand zu verbessern.
    Als Hauptwirkungsebenen von NSP-hydrolisierenden Enzymen werden allgemein die Senkung der Digestaviskosität und Verbesserung der Verfügbarkeit von Nährstoffen angesehen.
    Relativ wenig bekannt dagegen ist bis jetzt, inwieweit sich diese Enzymzusätze auf die Aktivität der Darmflora auswirken. Im Rahmen eines DFG-Projektes, welches die Wirkung viskositätserhöhender NSP auf Morphologie, Histologie, mikrobielle Besiedlung und N-Umsatz im Dünndarm von Ferkeln untersucht, sollte in der vorliegenden Arbeit der Fragestellung nachgegangen werden, ob die Supplementierung einer Xylanase zu einer Roggen/Weizenbetonten Grunddiät die mikrobielle Aktivität im vorderen Verdauungstrakt von Absatzferkeln beeinflusst.
    Für den Versuch wurden 12 konventionell gehaltene Ferkel in zwei Gruppen mit je sechs Tieren unterteilt (Versuchsgruppe und Kontrollgruppe). Beide Ferkelgruppen erhielten über 3 Wochen eine auf Roggen und Weizen basierende Diät, wobei der Versuchsgruppe zusätzlich ein kommerzielles Enzympräparat (ZY68) eingemischt wurde. Unmittelbar nach Tötung der Tiere wurden Digestaproben aus verschiedenen Dünndarmabschnitten entnommen und bis zur weiteren Aufarbeitung tiefgefroren gelagert. Gattungs- sowie Lactobacillus spp. spezifische 16-S-rRNA-Oligonukleotidsonden wurden verwendet, um eine Analyse der Bakterienpopulationen in den Digestaproben durchzuführen. Die Spezifität der Oligonukleotidsonden wurde mit Hilfe von auf Membranen aufgetragener RNA aus Referenzstämmen (Ziel- und Nicht-Ziel-Spezies) der Gattungen Lactobacillus, Enterococcus, Bifidobacterium sowie einer Auswahl E.coli-Serovare überprüft. Die Optimierung der Hybridisierungsbedingungen erfolgte über die Hybridisierungstemperatur, Dauer der Hybridisierung sowie Stringenz der Waschschritte. Die Gesamtnukleinsäuren wurden aus den Digestaproben mittels Phenol-Chloroform-Extraktion sowie Präzipitation in Isopropanol gewonnen und anschließend mit Hilfe eines kommerziellen RNA/DNA-Kits die Gesamt-RNA isoliert und gereinigt. RNA aus den Digestaproben wurde mit Hilfe einer Dot-Blot-Apparatur auf Nylonmembranen aufgetragen und mit den Digoxigenin-markierten Oligonukleotidsonden hybridisiert. Verdünnungsreihen aus Referenz-RNA, die auf jeder Membran mitgeführt wurden, dienten zur Quantifizierung der Hybridisierungssignale der Digestaproben. Beim Vergleich der RNA-Ausbeuten und mikrobiellen Zusammensetzung der Digestaproben wurden große tierindividuelle Unterschiede gefunden. Hier spiegelt sich die sehr individuelle Darmflora der Monogastrier wider, weshalb die relativ geringe Anzahl der Versuchstiere als kritischer Punkt gesehen wird. Die Ergebnisse deuten dennoch darauf hin, dass es durch die Xylanasesupplementierung zu Veränderungen der metabolischen Aktivität einzelner bakterieller Populationen vor allem im mittleren und hinteren Jejunum bei den Ferkeln der Versuchsgruppe kommt. So wurde ein Trend zu einer Aktivitätszunahme der Lactobacillus- Population bei gleichzeitiger Suppression der Bifidobacterium- und E.coli/Shigella- Population in der enzymsupplementierten Versuchsgruppe beobachtet. Als Ursachen werden enzymbedingte Einflüsse auf die Digestaviskosität und somit Fließgeschwindigkeit der Digesta als auch auf die Nährstoffverfügbarkeit sowie mikrobielle Interaktionen diskutiert. Insbesondere heterofermentative Laktobazillen könnten aus einem vermehrten Anfall von Pentosanen infolge NSP-abbauender Enzymaktivität profitieren. Es wird vermutet, dass die in der Enzymgruppe festgestellte höhere metabolische Aktivität von L.reuteri, einer Lactobacillus spp. mit Fähigkeit zur Bildung eines Bakteriozins mit Wirksamkeit gegen Enterobacteriaceae, in direktem Zusammenhang mit der gleichzeitig beobachteten verringerten Aktivität der E.coli/Shigella-Population stehen könnte. Für die Untersuchung gastrointestinaler Laktobazillen auf Speziesebene standen spezifische Oligonukleotidsonden für folgende Lactobacillus spp. zur Verfügung: L.crispatus, L.fermentum, L.amylophilus, L.acetotolerans, L.acidophilus, L.gasseri/L.johnsonii, L.reuteri sowie L.mucosae.
    Mit Ausnahme von L.fermentum und L.acetotolerans konnten in den Digestaproben aus dem Dünndarm metabolische Akivitäten für alle der genannten Lactobacillus spp. nachgewiesen werden, wobei L.acidophilus und L.reuteri die größte Aktivität zeigten. L.gasseri/L.johnsonii spezifische RNA konnte nur bei einzelnen Tieren in beiden Gruppen festgestellt werden. Eine Unterscheidung zwischen L.gasseri und L.johnsonii, erschwert durch ihre enge phylogenetische Verwandtschaft und somit Kreuzreaktionen bei der Hybridisierung, gelang mit den vorhandenen Oligonukleotidsonden im Rahmen dieser Arbeit nicht. Der Nachweis von L.mucosae spezifischer Aktivität in Digestaproben wird im Wesentlichen auf abgeschilfertes Darmepithel zurückgeführt, kann aber auch darauf hinweisen, dass sich der Lebensraum dieser erst kürzlich entdeckten mukosaassoziierten Lactobacillus spp. nicht allein auf die Darmmukosa beschränkt. Der Trend zu einer Abnahme der metabolischen Aktivität von L.mucosae in allen Dünndarmabschnitten nach Enzymzugabe könnte darüber hinaus auf eine Verringerung des Anteils abgeschilferter Epithelzellen in das Darmlumen hinweisen. Es wird geschlussfolgert, dass die Anwendung spezifischer 16S rRNA-Oligonukleotidsonden zur qualitativen und quantitativen Charakterisierung mikrobieller Populationen im Gastrointestinaltrakt geeignet ist, wobei tierindividuelle Variationen als auch Variationen in der Hybridisierungsantwort individueller Membranen kritisch diskutiert werden in Bezug auf quantitative Erhebungen. Die vorliegende Arbeit konnte zeigen, dass es im Dünndarm von Ferkeln durch den Xylanasezusatz zu einer Modifikation bakterieller Populationen auf Gattungs- und wie am Beispiel der Laktobazillen deutlich wird, auf Speziesebene kommt. Es wird vermutet, dass der Xylanasefutterzusatz die Microbiota über mehr als nur eine Wirkebene beeinflusst, wobei kompetitive Mechanismen zwischen den bakteriellen Populationen als auch Veränderungen der Digestaviskosität und des Nährstoffangebots eine Rolle zu spielen scheinen.