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Ziel dieser Arbeit war, die Versorgungslage von Mutterkühen, die im Sommer und Winter ausschließlich im Freien gehalten wurden, zu analysieren und der Stallhaltung vergleichend gegenüber zu stellen. Während der Weidesaison ernährten sich die Tiere ausschließlich von Gras. Im Winter bekamen sie Raufutter zugefüttert. Den Kühen stand zusätzlich ein Mineralfutter zur Verfügung. Für die einjährige Versuchsperiode wurde das Nahrungsangebot für sechs Mutterkuhherden mit insgesamt 311 Mutterkühen bzw. Färsen, ihren Kälber und den Deckbullen untersucht. Die Tiere weideten auf insgesamt ca. 1200 ha. Die Futterproben ergaben, dass die Tiere zu Beginn der Weidesaison (Mai bis August) sehr gut mit Mengenelementen (Ca, P, K, Na, Mg) versorgt wurden. Gegen Ende der Weidesaison (September bis November) wurde die Versorgung bereits marginal, für zusätzliche Milchleistung war sie nicht mehr ausreichend. Für die Spurenelemente konnte festgestellt werden, dass die Versorgung mit den Elementen Kupfer, Zink und Mangan bereits im Frühling und Sommer knapp, für Leistung nicht mehr ausreichend war. Mit Selen waren die Tiere dagegen hochgradig unterversorgt. Lediglich Eisen war im Übermaß vorhanden, überschritt vor allem im Frühling sogar die antagonistische Grenze z.T. erheblich. Die Rinder wurden im Frühling und im Sommer gut mit Rohprotein und Energie versorgt, im Herbst wurde die Versorgung knapp, für Milchleistung reichte die Energie nicht mehr aus. Während der Winterfütterung war die Versorgungslage deutlich schlechter. Lediglich die Mengenelemente Kalzium und Kalium wurden noch in ausreichender Menge mit dem Grundfutter aufgenommen. Die Versorgung mit Phosphor, Natrium und Magnesium war nicht mehr ausreichend, sie war hochgradig defizitär bei laktierenden Tieren. Die Rinder waren mit allen Spurenelementen stark unterversorgt, Ausnahme bildete auch hier das Eisen. Rohprotein und Energie war gerade ausreichend für den Erhaltungsbedarf, nicht jedoch für Leistung. Die Untersuchung des Mineralfutters ergab, dass dessen Zusammensetzung im Frühjahr und Sommer den Bedarf der Tiere weitgehend deckte. Lediglich mit Selen waren die Tiere deutlich unterversorgt. Im Herbst und Winter müssten dagegen die Konzentrationen aller Mengen- und Spurenelemente angehoben werden. Die Mineralfutteraufnahme ergab im Mittel lediglich 18 g pro Tag und Tier, obwohl vom Hersteller eine Aufnahme von 100 g pro Tag und Tier konzipiert war. Mit dieser vorgesehenen Menge wäre der Bedarf während der Weidesaison zwar gedeckt, im Winter jedoch wären die Tiere mit Spurenelementen immer noch unterversorgt. Um die Aufnahme zu verbessern, muss zum einen die Akzeptanz des Futters erhöht werden und zum anderen das Management so verbessert werden, dass das Futter besser vor Verunreinigung und Wettereinflüssen geschützt wird. Grundsätzlich ist eine Robusthaltung im Winter durchaus möglich. Die Bedingungen dafür sind eine TS-Aufnahme von mindestens 10 kg/Tag und Tier vor allem in Form von Silage, die dem Heu qualitativ deutlich überlegen ist, und eine gesicherte Mineralfutteraufnahme. Die Untersuchung ergab weiter, dass die Weiden, die durch Nachmähen und Nachweiden mit Pferden gepflegt werden, einen höheren Trockenmasse-Ertrag pro Hektar aufweisen, da ihr verbleibender Weiderest deutlich kleiner war. Eine neu bestellte Weide wies nicht nur einen höheren Ertrag auf, sie zeigte auch einen etwa doppelt so hohen Rohprotein-Gehalt sowie höhere Kalzium-, Phosphor- und Kupfer- Gehalte. Der Energie- und der Zink-Gehalt war bei einem Vergleich „Alt – Neu – Weide“ nur geringgradig erhöht, der Selen-Gehalt war nicht unterschiedlich. Die Aufzeichnungen an den Tieren ergab in Betrieb A einen deutlichen Magnesium-Mangel, an dem drei Muttertiere nach der Geburt im Winter verendeten. Die Kälbergeburten und Aufzuchtrate lag zwischen 90-98% und die Kälber erreichten mit 1140 g (im Mittelwert) täglicher Zunahme gute Absatzgewichte. Alle Kühe hielten ihr Gewicht von einem zum nächsten Jahr konstant. Insgesamt kann festgestellt werden, dass nach acht Jahren extensiver Mutterkuhhaltung trotz saisonaler Mängel in der Versorgung selbst bei wirtschaftlicher Betrachtung des Viehbestandes kein Defizit nachzuweisen war. Aus veterinärmedizinischer Sicht sind jedoch Zweifel angebracht, ob eine zyklische Unterversorgung vor allem im Winter nicht doch Langzeitfolgen nach sich zieht.