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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Prävalenz von Arcobacter spp. in Puten- und Schweinefleisch aus dem Berliner Einzelhandel und Vergleich von drei kulturellen Arcobacter-Nachweisverfahren (2008)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Teschke, Miriam (WE 8)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2008 — 114 Seiten
    ISBN: 978-3-86664-421-2
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/13491
    Kontakt
    Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene

    Königsweg 69
    14163 Berlin
    +49 30 838 62551 / 52790
    lebensmittelhygiene@vetmed.fu-berlin.de / fleischhygiene@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Bei Arcobacter handelt es sich um ein recht unbekanntes Bakterium. Es wurde Ende der siebziger Jahre aus Rinder- und Schweineföten isoliert und seit dem als potentiell pathogener Keim im Lebensmittelbereich eingestuft. Verschiedene Lebensmittelinfektionen durch Arcobacter spp. wurden beschrieben, jedoch sind die Kontaminationsquellen bisher nicht bekannt, was unter anderem in den unzureichenden Isolierungsverfahren begründet liegt.

    In der internationalen Literatur wurden für den kulturellen Nachweis von Arcobacter spp. verschiedene Untersuchungsmethoden vorgeschlagen, ohne dass sich ein standardisiertes Referenzverfahren gemäß der amtlichen Methode nach § 64 Lebensmittel-Futtermittel-Gesetzbuch (LFGB), vormals § 35 Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz (LMBG) oder der International Organization for Standardization (ISO) entwickelte. Dieser Umstand erschwert eine hinreichende Klärung und Bewertung von Arcobacter spp. bezüglich des Vorkommens, der Virulenz und Pathogenese und damit des Risikos für den Verbraucher.

    Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die Kontaminationsrate von Arcobacter spp. für frisches Puten- und Schweinefleisch aus dem Berliner Filial- und Einzelhandel festzustellen. Die Untersuchung erfolgte in Anlehnung an das von HOUF et al. (2000, 2001b) entwickelte mikro- und molekularbiologische Protokoll (Methode1). In einer ergänzenden Studie sollte die mikrobiologische Untersuchungsmethode von HOUF et al. (2001b) mit dem von JOHNSON und MURANO (1999a, b) vorgeschlagenen Protokoll (Methode 2) und dem von SCULLION et al. (2004) modifizierten JOHNSON-MURANO-Protokoll (Methode 3) kritisch verglichen und hinsichtlich ihrer Effizienzen geprüft werden. Die Erhebungen fanden im Zeitraum von August 2005 und Juni 2007 statt und umfassten insgesamt 244 Fleischproben: 151 Proben stammten von rohem Putenfleisch/-Innereien und 93 Proben von rohem Schweinefleisch/-Innereien.

    Es ergaben sich folgende Isolierungsraten:
    Von den 151 Putenfleischproben waren 121 (80,1 %) mit Arcobacter kontaminiert. Es wurden aus 72,2 % der Proben A. butzleri, aus 3,3 % A. cryaerophilus und aus 4,6 % A. butzleri und A. cryaerophilus zugleich isoliert. Bei den Schweinefleischproben zeigten sich 45 der 93 Proben (48,4 %) mit Arcobacter spp. belastet. In 39,8 % der Fälle wurde A. cryaerophilus und in 8,6 % A. butzleri nachgewiesen.

    Dass die analysierten rohen Puten- und Schweinefleischproben häufig mit Arcobacter spp. belastet waren, wobei der Anteil kontaminierten Putenfleisches höher lag, stützen bisherige Studien und Einschätzungen, in denen Geflügelfleisch für den Menschen als eine potentielle Hauptinfektionsquelle von Arcobacter spp. bewertet wird. Obgleich sich das Schweinefleisch nicht so hoch belastet zeigte, kommt dem Erreger auch in diesem Nahrungsmittel eine große Bedeutung zu. Arcobacter spp. wurde von der ICMSF (International Commission on Microbiological Specifications for Foods) der Gruppe der "emerging food pathogens" zugeteilt, sodass für den Verbraucher aufgrund der Aufnahme von Arcobacter-kontaminiertem Schweine- und Putenfleisch bzw. Kreuzkontamination bei der Zubereitung anderer Lebensmittel ein Infektionsrisiko zu vermuten ist. Unzureichende Küchenhygiene sowie ungenügendes Erhitzen des Fleisches stellen dabei eine nicht zu vernachlässigende Gefahrenquelle dar. Um diesen Infektionsweg zu unterbrechen, müssen die allgemein bekannten Maßnahmen der Lebensmittel- und Küchenhygiene eingehalten werden.

    In der vergleichenden Untersuchung zur Produktivität der drei kulturellen Nachweisverfahren gelang die beste Ausbeute mit Hilfe der Methode 1: Insgesamt konnten 64,7 % positive Proben registriert werden, im Gegensatz zu 47,1 % bei Methode 2 bzw. 49 % bei der sehr ähnlichen Methode 3. Die von HOUF et al. (2001b) vorgeschlagenen Selektivsubstanzen hemmten bzw. unterdrückten fast vollständig das Wachstum konkurrierender Begleitflora. Hingegen zeigte sich das feste Nährmedium nach der von JOHNSON und MURANO (1999a) angegebenen Rezeptur teilweise sehr stark mit Fremdkeimen bewachsen. In 88,2 % der 51 analysierten Proben entwickelte sich eine Begleitflora auf den Agarplatten. Aufgrund des charakteristischen Wachstums von Arcobacter konnten dennoch in 35,3 % der Fälle die verdächtigen Kolonien gut selektiert werden. Bei den restlichen 52,9 % war dies nicht möglich; Ursprünglich vorhandene geringste Kontaminationen können in manchen Fällen durch die Begleitflora überwuchert oder durch Substrateinflüsse inaktiviert worden sein, sodass sie dadurch dem Nachweis entgingen. Des Weiteren zeigte sich die Methode 1 im Vergleich zu den beiden anderen Untersuchungsverfahren in der Herstellung der Medien sowie der Handhabung im Labor als einfacher und kostengünstiger.
    Obwohl in der vorliegenden Studie die Überlegenheit der Methode 1 gegenüber den beiden anderen Verfahren demonstriert werden konnte, zeigte die Analyse der Ergebnisse der drei Untersuchungsmethoden in der Verteilung der positiven Proben und nachgewiesenen Spezies keine 100 %ige Überstimmung. In 39,2 % (20/51) der untersuchten Proben waren die positiven Resultate der Methode 1, 2 und 3 identisch, das heißt, es wurden dieselben Proben als positiv identifiziert, während es sich bei 33,3 % (17 Proben; Vergleich Methode 1 und 2) bzw. 35,3 % (18 Proben, Vergleich Methode 1 und 3) der als positiv ermittelten Proben um verschiedene handelte. Der Befund macht deutlich, dass bei Einsatz von nur einer Nachweismethode zu viele Proben als falsch negative Resultate auftreten. Durch den kombinierten Einsatz verschiedener Untersuchungsmethoden lässt sich deshalb eine deutliche qualitative und quantitative Verbesserung des Isolierungsergebnisses erzielen. In Übereinstimmung mit diesen Beobachtungen wurde von verschiedenen Autoren der Einsatz unterschiedlicher Methodenkombinationen befürwortet. Weil das modifizierte JOHNSON-MURANO-Protokoll gegenüber der originalen JOHNSON-MURANO-Anweisung zu keinem wesentlichen Anstieg der Isolierungsrate führte und sich in der Handhabung als aufwändiger erwies, ist aufgrund der erhobenen Daten eine Kombination der Nachweisprotokolle nach HOUF et al. (2001b) und JOHNSON-MURANO (1999a, b) zu empfehlen.

    Der gegenwärtige Kenntnisstand über Epidemiologie, Pathogenese und Virulenz von Arcobacter spp. ist noch recht unzureichend, sodass die Bedeutung als humanpathogenes Agens und als Erreger, der via Nahrungsmittel übertragen wird, nicht zuverlässig beurteilt werden kann. Neben einem standardisierten Isolationsverfahren zum Nachweis von Arcobacter benötigt es weitere Studien, um seinen tatsächlichen Einfluss bei Erkrankungen des Menschen zu klären. Solange aber die Rolle von Arcobacter spp. unklar bleibt, ist nach dem Vorsorgeprinzip Vorsicht angezeigt.