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Die vorliegende Reihenuntersuchung befasst sich mit dem Auftreten von Backenzahnerkrankungen
bei 166 Pferden. Zur Ergänzung der gewöhnlichen Adspektion wird eine endoskopisch arbeitende
Intraoral-Kamera eingesetzt, die aufgrund einer 90°-Winkeloptik eine ausführliche Befunderhebung
der Backenzähne ermöglicht. Folgende Veränderungen treten auf:
Scharfe Zahnspitzen: 64,5 %, Wellengebiss: 22,9 %, Treppengebiss: 1,8 %, seniles Gebiss: 7,3 %,
Brachygnathie ³ 1 mm: 22,9 %, Brachygnathie ³ 4 mm: 6 %, Polyodontie: 4,8 %, Oligodontie: 3,6
%, Diastema: 21,6 %, Exsuperanz: 21,7 %, Backenzahnrotation oder ýdeviation: 6 %, Backen-zahnfraktur:
23,9 %, Backenzahnfissur: 42,9 % und Backenzahnkaries oder Infundibularnekrose ³
Grad 2: 28,6 %.
Gewisse Erkrankungen treten am Oberkiefer oder an einzelnen Backenzähnen oder Backen-zahnabschnitten
des Oberkiefers gehäuft auf: Exsuperantien nur P2/M3: v.a. P2, Absprengungs-frakturen:
v.a. lingual bzw. lingual-kaudal und Backenzahnfissuren: v.a. linguale bzw. lingual-rostrale
Dentinsäule.
Der Unterkiefer bzw. einzelne Backenzähne oder Backenzahnanteile des Unterkiefers sind
insbesondere betroffen von: Angeborenen Diastemen: v.a. P2/P3, Exsuperantien exkl. P2/M3: v.a.
M1, Absprengungsfrakturen: v.a. Molaren, v.a. bukkal bzw. bukkal-rostral, Backenzahnfissuren: v.a.
M1 u. M2, bukkale bzw. bukkal-rostrale Dentinsäule und Zement- u. Dentinkaries (ohne
Schmelzbecher): v.a. M1.
Unabhängig von den Kiefern werden folgende Verteilungshäufigkeiten gefunden: Absprengungs-frakturen:
v.a. P4, umfangreiche Frakturen (nur Molaren): v.a. M1, Approximalflächenkaries: v.a.
M1/M2 und M2/M3 und Infundibularnekrosen der Molaren mit Schwerpunkt M1 u. M2.
Folgende Rassen- und Altersdispositionen können ermittelt werden (<: verringerte Disposition, >:
erhöhte Disposition):
Warmblüter: > Backenzahnfrakturen
Kleinpferde: < Backenzahnfrakturen und ýfissuren
Traber: > scharfe Zahnspitzen und Backenzahnfissuren, < Brachygnathia inferior (³ 1 mm)
0-5 Jahre: < Wellengebisse, < Exsuperantien, < Backenzahnfrakturen, < Backenzahnfissuren
11-15 Jahre: > Brachygnathia inferior (³ 1 mm), > Backenzahnfissuren
Einzelne Gebissveränderungen (scharfe Zahnspitzen, Wellengebisse) treten zwar in großem Umfang
aber geringem Ausprägungsgrad auf, was als Folge der heutzutage meistenteils regelmäßig
durchgeführten Zahnbehandlungen angesehen werden dürfte.
Interessante Aspekte ergeben sich hinsichtlich der Veränderungen der Schmelzbecher im
Kauflächenbild und der daraus resultierenden Möglichkeit für eine ergänzende Zahnalterschätzung
älterer Pferde.
Aufgrund der Verteilungsmuster der scharfen Zahnspitzen, Backenzahnfissuren und Abspreng-ungsfrakturen
wird von einem ursächlichen Zusammenhang ausgegangen.
Klinisch unauffällige Pferde zeigten im Durchschnitt 2,3 und klinisch auffällige Pferde zeigten 3,8
verschiedene Zahnerkrankungen. Es kann allerdings keine definitive Aussage bezüglich der
Ausbildung charakteristischer klinischer Symptome beim Vorliegen einer bestimmten
Zahnerkrankung gemacht werden.
Die Befunderhebung mit Hilfe der Intraoral-Kamera ist am stehenden sedierten Pferd leicht
durchzuführen, erfordert keinen hohen apparativen Aufwand und führt zu Ergebnissen, die ý
insbesondere bei Veränderungen im Kauflächen- und Zwischenzahnbereich - ähnlich genau sind wie
Sektionsergebnisse.
Ferner bestechen die von der Intraoral-Kamera gelieferten Bilder durch ihre Anschaulichkeit.