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Die Immuntherapie wird zukünftig im Rahmen der Behandlung von Tumorerkrankungen
einen immer größeren Stellenwert einnehmen. Es besteht die dringende Notwendigkeit,
die konventionelle, mit starken Nebenwirkungen behaftete Chemotherapie durch neue
Therapiekonzepte zu ergänzen. Die Immuntherapie nutzt humorale sowie zelluläre
Komponenten der Immunabwehr und zeichnet sich durch eine hohe, tumorspezifische
Wirkung bei sehr guter Verträglichkeit aus. Intensive Forschungsarbeiten werden auf
den Gebieten der Antikörpertherapie sowie der Tumorvakzinierung durchgeführt.
Ergebnisse dieser Bemühungen sind die Zulassungen der ersten beiden Antikörper für den
Einsatz in der Krebstherapie. Diese Antikörper finden in der Behandlung von Lymphomen
sowie Brustkrebs Anwendung und werden zumeist in Verbindung mit einer Chemotherapie
eingesetzt.
Alle immuntherapeutischen Behandlungsstrategien beinhalten als notwendige Voraussetzung
die Identifizierung tumorassoziierter Oberflächenantigene. Diese dienen als Ziel für
Antikörper oder werden zur Stimulierung des patienteneigenen Immunsystems verwendet.
Bisher stehen nur wenige, überdies recht aufwendige Techniken zur Definition tumorspezifischer Antigene zur Verfügung (Detektion mit T-Zellen, SEREX). Im Rahmen der
vorliegenden Arbeit sollten zwei Methoden zur Bestimmung tumorspezifischer Antigene
entwickelt werden, die auf dem Screening von Lambda-Phagen-cDNA-Expressionsbanken beruhen.
Zunächst wurde ein modifiziertes SEREX-System zur Detektion membranständiger Antigene
etabliert. Aus der RNA zweier Mammakarzinomzellinien wurde eine cDNA-Expressionsbank in dem
Lambda-Phagen-Expressionsvektor ZAP® II erstellt. Eine Balb/c-Maus wurde mit Membranfraktionen der gleichen Zellinien immunisiert und der Anstieg des Mammakarzinom-spezifischen IgG-Spiegels im Serum mittels Zellmembran-ELISA dokumentiert. Insgesamt 480.000 Klone der cDNA-Bibliothek wurden mit Mausserum der sechsten Woche nach Immunisierung gescreent. Es wurden ein deutlich sowie ein schwach positiver Plaque detektiert, vereinzelt und die Inserts sequenziert. Das Insert des deutlich positiven Klons befand sich im Einklang mit dem Vektorleseraster und kodierte für humanes Mitofilin, ein membranständiges Mitochondrien-Protein ohne Bezug zum Tumorgeschehen. Da die für die Immunisierung verwendeten Membranfraktionen auch zytoplasmatische Membranen enthielten und Mitofilin eine hohe Immunogenität besitzt, wurde offensichtlich ein hoher Antikörpertiter gegen dieses Protein induziert, der jedoch höchstwahrscheinlich nicht tumorspezifisch war.
Der schwach positive Klon kodierte für humanes Rheb (Ras Homologue Enriched in Brain), zeigte jedoch keine Übereinstimmung mit dem Vektorleserahmen. Daher kam es zur Bildung eines Nonsens-Proteins, welches von Serumantikörpern als fremd erkannt und somit detek-tiert wurde. Es lag hiermit keine spezifische Reaktion gegen das Rheb-Protein vor. Da es sich um ein Ras-Homolog handelt, welches zudem onkogene Mutationen aufweist, erhob sich die Frage, ob dieses Gen, obwohl keine Antikörperreaktion vorlag, an der Entstehung von Mammakarzinomen beteiligt ist. Diese Vermutung lag nahe, da eine Überexpression von normalem Ras in Brustkrebstumoren ein invasives Wachstum bedingt. Die Quantifizierung des Rheb-Gens in sechs verschiedenen Mammakarzinomen im Vergleich zu normalem Brustgewebe ergab eine Verminderung der Expression in allen untersuchten Tumorgeweben.
Diese Unterexpression zeigte sich besonders eindeutig in zwei Tumoren mit einer Reduktion um 74% bzw. um 82,4%. Aufgrund dieser Ergebnisse und der Tatsache, daß andere Autoren für Rheb bereits eine Ras-antagonistische Wirkung nachgewiesen haben, kann vermutet werden, daß
es sich um ein Tumor-Suppressor-Gen handelt. Durch die Krev-ähnliche Blockade des Ras-Signaltransduktionsweg kommt es wahrscheinlich zu einer Transformations-inhibierenden Wirkung sowie zu einem verlangsamten Tumorwachstum.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde eine weitere Methode zur Definition tumorspezifischer Antigene entwickelt, welche auf der Detektion des Zielantigens von auf Tumorzellen selektionierten, antikörpertragenden filamentösen Phagen in einer lambda-Phagen-cDNA-Expressionsbank basiert. Als Modellsystem diente das hauptsächlich auf Lymphomen exprimierte CD30-Antigen sowie der anti-CD30 Antikörper Ki-4 und das abgeleitete, auf Phagen exprimierte Antikörperfragment (scFv). Es konnte demonstriert werden, daß sowohl in einer 1:1- als auch einer 1:200 Mischung von CD30-positiven und irrelevanten Lambda-Phagen-Klonen mit 2,5 x 1012 sowie 5 x 1012 Ki-4-scFv filamentösen Phagen pro Filter positive Signale generiert wurden. Die CD30-spezifische Bindung konnte durch eine Kompetition
mit dem Ki-4 moAk belegt werden. Darüber hinaus wurden die Inserts einiger positiver Klone sequenziert.
Alle enthielten das CD30-Antigen. Die unspezifische Färbung der Blots durch die filamentösen Phagen war bei der Verwendung von 50 µl (2,5 x 1012 pfu) bzw. 100 µl (5 x 1012 pfu) dieser Phagen am größten.
Waren nur wenig positive Plaques vorhanden (1:200-Mischung), so kam es zu einer intensiveren Hintergrundbildung. Es zeigte sich auch, daß, verglichen mit der Positivkontrolle des Ki-4 monoklonalen Antikörpers, in der 1:200 Mischung vermutlich nicht alle CD30-positiven Plaques erkannt wurden. Dies ist wahrscheinlich auf die stark erhöhte Hintergrundfärbung zurückzuführen, die eine Differenzierung zwischen positiven und Hintergrundplaques erschwert. Um eine Reduzierung der nicht spezifisch bindenden
filamentösen Phagen zu erzielen, werden künftig weitere Untersuchungen durchgeführt.
Mit den hier präsentierten Arbeiten konnte erstmalig gezeigt werden, daß ein auf filamentösen Phagen exprimiertes Antikörperfragment sein zugehöriges Antigen in Tausenden irrelevanter Lambda-Phagen-Plaques erkennt. Durch die Kombination des Screenings von Lambda-Phagen-cDNA-Expressionsbanken mit dem phage display System wurde eine neue Methode zur Detektion tumorspezifischer Antigene etabliert und deren Funktionalität im Modellsystem nachgewiesen.