zum Inhalt springen

Fachbereich Veterinärmedizin


Service-Navigation

    Publikationsdatenbank

    Untersuchungen zur seuchenhygienischen Unbedenklichkeit von Gärresten aus Bioabfällen nach der Behandlung in Anaerobanlagen (2009)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Ade-Kappelmann, Katja (WE 10)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verlag, 2009 — XII, 158 Seiten
    ISBN: 978-3-86664-553-0
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/10832
    Kontakt
    Institut für Tier- und Umwelthygiene

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14169 Berlin
    +49 30 838 51845
    tierhygiene@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Um ein standardisiertes und praxistaugliches Verfahren zur „direkten Prozessprüfung“ sowohl für große kommunale als auch für kleinere landwirtschaftliche Kofermentations-anlagen zu erarbeiten, wurden zunächst in anaerob mesophil und thermophil betriebenen Laboranlagen sowie in einem Pasteurisierungsbehältnis (70 90 °C) geeignete Prüfkörper getestet sowie die Tenazität unterschiedlicher Prüforganismen untersucht. Dabei galt es einen Indikatororganismus zu finden, der mit konventionellen Techniken, schnell und kostengünstig nachzuweisen ist, eine hohe Thermoresistenz und epidemiologische Bedeutung besitzt.
    In thermophil betriebenen Laboranlagen (55 °C) wurde daher die Tenazität von Salmonella Senftenberg W 775, Ascaris suum, Campylobacter jejuni, Coliphagen „Wildstamm“ sowie Coliphage T1 und Enterococcus faecalis untersucht. Während Salmonella Senftenberg W 775, Ascaris suum und Campylobacter jejuni bereits innerhalb einer Stunde inaktiviert werden konnten, überlebten Enterococcus faecalis 3 Stunden und ein Coliphagen „Wild-stamm“ wurde noch nach mehr als 24 Stunden nachgewiesen.
    Tenazitätsversuche in den mesophil betriebenen Laboranlagen (35 °C) führte bei keinem der untersuchten Prüforganismen zu einer Inaktivierung innerhalb von 24 Stunden.
    Bei der Erhitzung in einem Pasteurisierungsbehältnis (70 - 90 °C) zeigte sich, dass Myco-bacterium avium ssp. paratuberculosis als auch Ascaris suum innerhalb 30 Minuten bei 70 °C zu eliminieren sind. Enterococcus faecalis, Coliphage „Wildstamm“ und Salmonellen waren bei 70 °C nach einer Stunde Einwirkzeit nicht mehr nachweisbar. Der Coliphage T1 konnte bei 70 °C erst nach 90 Minuten nicht mehr nachgewiesen werden.
    Diese Ergebnisse wurden durch die Untersuchungen in acht Praxisanlagen weitestgehend bestätigt, mit der Ausnahme, dass sowohl der Coliphage „Wildstamm“ als auch der Coliphage T1 unter Praxisbedingungen bei der Pasteurisierung von 70 °C eine Stunde lang zu inaktivieren ist. Die alleinige thermophile Faulung (52 – 55 °C) reicht jedoch nicht aus, um Coliphage T1 innerhalb von 24 Stunden zu inaktivieren.
    Coliphage T1 stellt einen Prüforganismus dar, der in seiner Thermoresistenz über Salmonella Senftenberg W 775 und Enterococcus faecalis einzu¬stufen ist. Er ist leicht handhabbar und innerhalb von einem Tag steht ein Ergebnis fest. Sein Einsatz als „Prüforganismus“ zur Prozessvalidierung ist, vor allem vor dem Hintergrund der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 (ANONYM, 2002) bei der Verwertung von Kategorie-3-Material zu diskutieren, wobei in diesem Zusammenhang noch weiterer Forschungsbedarf besteht.
    Um ein seuchenhygienisch unbedenkliches Produkt zu erzielen, wird vorgeschlagen, im Rahmen einer direkten Prozesskontrolle in Anaerobanlagen folgende Temperatur-/Zeit-kombinationen zu wählen:
    -Thermophile Anlagen: 55 °C/22 - 24 Stunden
    -Pasteurisierung: 70 °C/1 Stunde.
    Sollte allerdings zukünftig als Prüforganismus der Coliphage T1 relevant werden, müssen nach den vorliegenden Ergebnissen aus den Laboranlagen in der Erhitzung 70 °C/90 Minuten bzw. 80 °C/30 Minuten gefordert werden. Die thermophile Betriebsweise bei 55 °C und einer garantierten Aufenthaltszeit von 22 - 24 Stunden reicht nicht aus, um Coliphage T1 zu eliminieren.
    Im Hinblick auf thermophil betriebene Nassvergärungsverfahren ohne Vor- oder Nach-erhitzungseinrichtungen, die nachweislich keine Pfropfenströmung (Durchflussströmung)
    gewährleisten können, ist es unerlässlich, exakte Daten zur „tatsächlichen“ Aufenthaltszeit (Mindestverweilzeit) von Substratpartikeln oder der Flüssigphase zu erhalten. Durch die Bestimmung der tatsächlichen Aufenthalts¬zeit von Partikeln in einer thermophil betriebenen Anaerobanlage wird die Möglichkeit ein¬geräumt, an jeder Anlage individuell die Kontaktzeiten der Indikatororganismen bei der Durchführung der direkten Prozessprüfung auf die vorher ermittelten Aufenthaltszeiten zu begrenzen. Die strikte Vorgabe der vorgegebenen Aufenthaltszeit bei der Prozessprüfung von 22 - 24 Stunden bei 55 °C kann damit unterschritten werden.
    Als „biologischer Tracer“ wurde eine Bacillus globigii-Sporensuspenison angewandt, da zunächst in Laboranlagen sicher gewährleistet werden konnte, dass dieses thermo-resistente Bakterium nicht in der natürlichen Flora des Substrates von Anaerobanlagen vorkommt, sich optimal mit dem Beschickungsmaterial vermischen lässt und die Prozess-einflüsse in Anaerobanlagen nicht in der Lage sind, Bacillus globigii zu eliminieren.
    Der Einsatz einer Bacillus globigii-Sporensuspenison wurde an 3 ausgewählten Praxisanlagen überprüft. Ihre Verwendung als „biologischer Tracer“ zur Bestimmung der realen Aufenthaltszeit hat sich u. a. auch in einer großen kommunalen Anaerobanlage (>3.000 m3) sowie u.a. auch in einer Mischtrommel zur Klärschlammtrocknung bewährt.
    Zusätzlich zu der „direkten Prozessprüfung“ wurden die Substrate der unterschiedlichen Biogasanlagen vor und nach der thermischen Behandlung („Input- und Outputkontrolle“) auf ihren Gehalt an Salmonellen, Enterokokken und Gesamtcoliforme sowie Fäkalcoliforme untersucht. Das Ziel der Untersuchungen lag darin, die Effektivität der in den untersuchten Biogasanlagen ablaufenden Prozesse zu überprüfen. Daraus wurde ersichtlich, dass eine Inaktivierung von Mikroorganismen im thermophilen Bereich (55°C) eher gewährleistet war als im mesophilen Bereich (35°C). Jedoch ist eine vollständige Abtötung der Mikroorganismen ohne zusätzliche Hygienisierung nicht zu erreichen.