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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Detektion und Kultivierung neuartiger porciner Gammaherpesviren als Beitrag zur virologischen Sicherheit bei der Xenotransplantation (2003)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Chmielewicz, Barbara (WE 12)
    Quelle
    Berlin, 2003 — 157 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8434
    Kontakt
    Institut für Tierpathologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 15
    14163 Berlin
    +49 30 838 62450
    pathologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Im Rahmen der Xenotransplantation wird eine Infektion der Spendertiere mit Herpesviren als möglicherweise gravierendes Problem betrachtet. Bereits in der Allotransplantation können diese Viren erhebliche Komplikationen bis hin zum Tod des Patienten verursachen. Darüber hinaus können Herpesviren, die in ihrem Hauptwirt völlig apathogen sind, bei Infektion eines Nebenwirtes schwere Erkrankungen hervorrufen. Die Kenntnis aller porcinen Herpesviren sowie ihre genaue Charakterisierung ist deshalb für den Einsatz von Schweinen als Organspender unabdingbar.
    Bereits 1999 konnten zwei neue Gammaherpesviren des Schweins (PLHV-1 und -2) nachgewiesen werden. Um weitere Herpesviren des Schweins zu finden, wurde eine Pan-Herpes-PCR (Consensus-PCR) modifiziert. Die in das System eingeführten Modifikationen schalteten die Amplifikation von PLHV-1 aus, bewirkten aber für PLHV-2 lediglich eine Verminderung der Sensitivität. Trotz der Modifikationen war die Pan-Herpes-PCR nach wie vor in der Lage, eine Vielzahl von Herpesviren zu erkennen und die entsprechenden Genomabschnitte zu amplifizieren.
    Mit der modifizierten wie auch mit der nicht modifizierten Consensus-PCR wurden im Anschluss insgesamt 587 Blut- und Gewebeproben von 268 Haus- sowie 26 Wildschweinen untersucht. Dabei konnten zwei neue Viren nachgewiesen werden: Das als ýPorcines Lymphotropes Herpesvirus 3ý (PLHV-3) benannte Virus ist am nächsten mit PLHV-1 und -2 verwandt und in der Schweinepopulation hochprävalent (42-63% der untersuchten Proben). Ein Genomabschnitt von 25.446 bp wurde sequenziert; darin konnten neben einer Reihe bei Herpesviren konservierter Leserahmen zwei bislang nur bei wenigen Viren beschriebene Gene identifiziert werden (E4/BALF1h, A5/BILF1h), die mögliche Virulenzfaktoren darstellen (v-bcl2, v-GCR). Die Homologiewerte aller Leserahmen liegen auf Aminosäure-Ebene zwischen 59,6% und 82,6% zu den entsprechenden Genen von PLHV-1 und -2. Das Virus wurde vorläufig dem Genus Rhadinovirus der Gammaherpesvirinae zugeordnet.
    Das zweite, ebenfalls den Gammaherpesvirinae zugehörige Virus konnte nicht in anderen porcinen Proben nachgewiesen werden. Anschließende Untersuchungen zeigten, dass es aus der Ziege stammt und seine Detektion vermutlich auf einer Kontamination der porcinen Probe mit Ziegenblut oder -gewebe beruht. Das als ýCaprines Herpesvirus 2ý (CprHV-2) benannte Virus ist damit im Kontext der Xenotransplantation irrelevant.
    Die Kultivierung von PLHV-1, -2 und -3 wurde auf drei ineinander greifenden Wegen verfolgt: Kokultivierung, Stimulation primärer Zellen sowie Stimulation einer virustragenden permanenten Zelllinie.
    Bei der Kokultivierung adhärenter Zellen ý sowohl permanenter Zelllinien wie auch primärer Zellen ý mit virustragenden primären PBMC mehrerer Schweine war eine Replikation der Viren in den adhärenten Zellen nicht nachweisbar.
    In den Stimulationsversuchen mit primären PBMC erfolgte eine Aktivierung der Viren vor allem bei Zusatz von TPA + Dexamethason, während andere Stimulanzien einen deutlich geringeren oder gar keinen Effekt zeigten. Das Auftreten einer hohen Zahl von Viruspartikeln in den Überständen war dabei aber nicht nachweisbar.
    Stimulationen einer virustragenden Zelllinie wurden mit der porcinen B-Zelllinie L23 durchgeführt. Experimente zur Bestimmung der virustragenden Population(en) in den PBMC hatten auf einen Tropismus zu B-Zellen und myeloiden Zellen hingedeutet. In den L23-Zellen konnte im Anschluss tatsächlich PLHV-3 in einer hohen Kopienzahl nachgewiesen werden. Das virale Genom in diesen Zellen zeigte zwischen ORF 03 und ORF 49 (= 62 kbp) keine größeren Insertionen oder Deletionen. Mittels Gardella-Gel-Analyse konnte darüber hinaus lineares Virusgenom in den Zellen nachgewiesen werden, was auf eine Replikation der Viren hindeutet. Diese These konnte durch den Nachweis einer hohen Zahl von gB-Transkripten untermauert werden. Eine Stimulation der Zellen aber vermochte die Replikation der Viren nicht maßgeblich weiter zu steigern; auch war zu keinem Zeitpunkt eine hohe Zahl an Viruspartikeln in den Überständen nachweisbar.
    Zwar ist das Problem der Kultivierung der PLH-Viren noch nicht endgültig gelöst, doch leisten die beschriebenen Experimente einen erheblichen Beitrag nicht nur zur Frage der Kultivierung, sondern auch zur Charakterisierung dieser Spezies. Darüber hinaus ist die erstmalige Detektion von PLHV-3 als wichtiger Schritt für eine biologisch sichere Xenotransplantation zu werten, da nun sowohl das das Organ liefernde Schwein wie auch der Rezipient auf eine Infektion mit diesem möglicherweise pathogenen Virus getestet werden können.