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Intravenös verabreichte Immunglobuline der Klasse G (IVIG), gewonnen aus dem Plasma zahlreicher gesunder Blutspender, werden seit vielen Jahren erfolgreich in der Therapie der autoimmunen Thrombozytopenie (AITP) und anderer Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Der Wirkungsmechanismus von IVIG erscheint komplex und ist noch nicht eindeutig geklärt. Es werden sowohl Fc-Rezeptor-vermittelte-Wirkungen, als auch immunmodulatorische antiidiotypische Effekte, ausgehend von den antigenbindenden Anteilen der Antikörper, den Fab-Fagmenten, diskutiert. Im Rahmen der Untersuchung der antiidiotypischen Effekte von IVIG auf das Immunsystem gelang der Arbeitsgruppe von PD Dr. Peter Fischer mithilfe der Phagen-Display-Technik und antiidiotypischem Biopanning auf IVIG erstmals die Klonierung und molekulare Analyse von thrombozytenbindenden IgG-Fab-Fragmenten von AITP-Patienten. Diese stammten überwiegend von der VH-4 Genfamilie ab. Betrachtete man jedoch alle nicht-thrombozyten-bindenden, IVIG-gebundenen Fab aus Autoimmun-Patienten und gesunden Probanden, ergab sich, dass die VH Keimbahn-Gensegmente 3-30 und 3-23 den häufigsten genetischen Ursprung der variablen Region der schweren Kette darstellten. Interessanterweise hatten die CDR3-Region und die leichten Ketten wenig Einfluss auf die Selektion durch IVIG, ebenso zeigte sich kein gehäuftes Auftreten bestimmter DH- und JH-Keimbahngensegmente. Die Tatsache, dass IVIG, unabhängig von einem bestimmten Krankheitsbild, bevorzugt Antikörper bindet, die ihren Ursprung in den VH Keimbahn-Genloci 3-30 und 3-23 haben, lässt auf eine grundlegende Bedeutung dieser Interaktion für die Regulation des B-Zell Repertoires schließen. Dies führt zu der Hypothese, dass IVIG neben der direkten Bindung von Autoantikörpern auch über eine B-Zell-Superantigen-artige Funktion auf die Regulation des B-Zell Repertoires einwirkt. Um genauere Aussagen über potentielle, regulatorische IVIG-Moleküle machen zu können und damit eine mögliche klinische Relevanz zu erreichen, war es Ziel der vorliegenden Arbeit, diejenigen Fab-Fragmente mithilfe der oben beschriebenen IVIG-Targets aus einer bereits in der Gruppe von PD Dr. Peter Fischer etablierten Fab-Phagen-Bibliothek eines gesunden Probanden (als Repräsentant für IVIG) zu klonieren, die die therapeutisch relevanten Moleküle aus IVIG darstellen. Eine anschließende strukturelle und funktionelle Charakterisierung sollte den antiidiotypischen Wirkungsmechanismus von IVIG näher beleuchten. Mittels der Phagen-Display- und Biopanning-Technik konnten Fab-präsentierende Phagenklone aus einer IgG-Bibliothek eines Gesunden kloniert werden, welche durch Reaktion mit einem thrombozytenbindenden Fab-Fragment der VH 3-30 Genfamilie (LO31) isoliert wurden. Vier der LO31-bindenden Fab-Phagenklone, die ein unterschiedliches BstNI-Restriktionsmuster aufwiesen, wurden sequenziert. Es zeigte sich, dass drei Klone identisch waren und von VH 4-61 und VL3r abstammten. Der vierte Klon hatte seinen genetischen Ursprung in den VH 1-02 und VL 2a2 Keimbahn-Gensegmenten. Ein Vergleich der gefundenen Sequenzen der beiden isolierten Klone auf DNA- und Proteinebene zeigte deutliche Unterschiede sowohl in den CDR-, als auch in den Gerüstregionen der Fab-Fragmente. Die CDR-Regionen unterschieden sich dabei nicht nur in ihren Aminosäuremustern, sondern zum Teil auch in ihrer Länge. Die durch den Vergleich mit den Keimbahngenen ermittelten Mutationsraten der CDR- und Gerüstregionen, sowie das ermittelte Verhältnis von Austausch-Mutationen zu stillen Mutationen, führten zu dem Schluss, dass die isolierten Fab-Fragmente durch antigen-gerichtete Mutationen der Keimbahngene entstanden waren. Um das Bindungsverhalten der LO31-bindenden Fab-Phagen zu charakterisieren, wurden lösliche Fab-Fragmente, die unterschiedliche Bindungspräferenzen aufwiesen und zum Teil in ihrem genetischen Ursprung variierten, aufwändig hergestellt und aufgereinigt. Bei sich anschließenden Bindungsversuchen wurde deutlich, dass die isolierten Fab-Phagen ausschließlich das Fab-Fragment spezifisch banden, über welches sie isoliert worden waren. Andere Fab-Fragmente wurden schwach oder gar nicht gebunden. Auch eine Bindung an Fc-Fragment war nicht nachweisbar. Die isolierten Fab-Fragmente waren demnach nicht in der Lage, eine Vielzahl von VH 3-30 bzw. VH 3-23 abstammenden Antikörpern zu binden. Zusammenfassend kann man sagen, dass es gelungen ist, zwei Fab-Fragmente aus einer IgG-Bibliothek eines gesunden Probanden zu isolieren, die mit den durch IVIG isolierten Fab sehr spezifisch/antiidiotypisch interagieren. Es handelt sich dabei aber nicht um die postulierte Teilmenge aus IVIG, die im Sinne eines B-Zell-Superantigens außerhalb der Antigen-Bindungsstelle an eine Vielzahl von B-Zell-Rezeptoren bindet, sondern um Antikörper, die als individuelle Idiotypen wahrscheinlich eher als Ak2 beta oder gamma binden. Die isolierten Fab-Fragmente, könnten daher jenen Antikörpern aus IVIG entsprechen, die gegen Thrombozyten gerichtete Autoantikörper blockieren und damit den mit der Bindung der Autoantikörper einhergehenden Abbau der Thrombozyten verhindern.