Koserstr. 20
14195 Berlin
+49 30 838 75784
anatomie@vetmed.fu-berlin.de
Die isolierte Organperfusion als Ergänzungsmethode zu Tierversuchen schafft eine sehr gu-te Voraussetzung für die genauere Untersuchung auf den Gebieten der Pharmakologie und der Toxikologie sowie der Intensiv- und der Transplantationsmedizin. Eines dieser Felder ist die Sepsis verstärkt oder verursacht durch Darmischämie mit bakterieller Translokation. Um pathophysiologische Mechanismen und therapeutische Strategien entwickeln zu können, ist es von großer Bedeutung, einzelne Mechanismen losgelöst von systemischen Nebenwir-kungen in den Fokus zu nehmen. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit ein hämoperfun-diertes in vitro System für Darmfunktionsstudien etabliert. Ein wichtiger Aspekt bei der Verwendung extrakorporaler Kreisläufe ist die Aktivierung der Gerinnung des Blutes. Dementsprechend untersuchten wir den Einfluss verschiedener He-parinisierungskonzepte auf die Funktion und Stabilität des Systems. Hierbei galt es, die Ba-lance zwischen Aufrechterhaltung der Organfunktion und Gerinnungssensitivität einerseits und der Aufrechterhaltung der Funktion des zum Gasaustausch verwendeten Kapillar-Dialyse-Moduls andererseits unter in vitro Bedingungen zu etablieren. In vier Gruppen wurde über drei Stunden eine isolierte normotherme Hämoperfusion an ins-gesamt 18 Jejunumsegmenten von Schweinen durchgeführt. Als Spendertiere dienten Tiere der Kreuzung DL*PI (42 ± 5 kg; MW ± SD), denen ein Jejunumsegment mit einem durch-schnittlichen Gewicht von 191 ± 40 g (MW ± SD) entnommen wurde. Im Zusammenhang mit weiteren Organentnahmen wurden die narkotisierten Tiere durch Entbluten getötet (amtliche Anzeigennummer: O 0094/99). Je nach Versuchsgruppe (n= 4 - 5) erfolgte die Antikoagulation mit unfraktioniertem Heparin in 2 vs. 3 Stufen: 1. Tier, 2. Blutreservoir, 3. mit (m) oder ohne (o) Priming des Perfusi-onskreislaufes. Bei den Heparinkonzentrationen im Blutreservoir wurde unterschieden zwi-schen hoher (hHep) vs. niedriger (nHep) Konzentration. Die Gesamtheparinkonzentration (I.E.) inklusive Tier betrug in Gruppe 1: 15.750 ± 500 (hHep oP), Gruppe 2: 6.375 ± 679 (nHep oP), Gruppe 3: 10.904 ± 413 (nHep mP) und Gruppe 4: 11.300 ± 200 (nHep mP mCd). Zur Beurteilung der Funktion und Stabilität des Systems wurden neben hämodynamischen, hämatologischen und klinisch-chemischen Parametern auch Funktions- und Gerinnungspa-rameter erhoben. Des weiteren wurden vor und nach der jeweiligen Perfusion Proben für histologische Untersuchungen entnommen. Bei der statistischen Analyse wurden nichtparametrische Tests verwendet: zwischen zwei unabhängigen Stichproben der Mann-Whitney-U Test und zwischen zwei verbundenen Stichproben der Wilcoxon Test. In Gruppe 1 (hHep oP) traten Blutungen auf. In den niedrig heparinisierten Gruppen traten nur vereinzelt leichte Blutungen in der Mukosa auf. Ziel war es, über den arteriellen Fluss einen konstanten arteriellen Mitteldruck zu erreichen. Die am niedrigsten heparinisierte Gruppe 2 (nHep oP) wies diesbezüglich dennoch deutliche Schwankungen auf. Im Vergleich mit den Gruppen 1 (hHep oP), 3 (nHep mP) und 4 (nHep mP mCd) traten in der Gruppe 2 bis zu 75 % höhere Perfusionswiderstände (*p<0,05) auf. Ein signifikant höherer Sauerstoff-verbrauch wurde über den gesamten Perfusionszeitraum in der Gruppe 3 (nHep mP) mit Medianwerten zwischen 113,2 und 156,6 μmol/min*100 g und während der ersten zwei Per-fusionsstunden in der Gruppe 4 (nHep mP mCd) mit Medianwerten von 94,3 und 114,2 μmol/min*100 g gegenüber der Gruppe 2 (Medianwerte zwischen 50,6 und 71,8 μmol/min*100 g) festgestellt. Auch zeigten diese Gruppe eine gute Glukoseresorption, eine geringe Laktatproduktion sowie stabile Darmmotilität. Im Hinblick auf die Gerinnung zeigte die Gruppe 2 (nHep oP) eine Aktivierung der Throm-boplastinzeit, einen konstanten Abfall der Fibrinogen- und Antithrombin-III-Konzentration sowie einen konstanten Anstieg der D-Dimere. Diese Gruppe zeigte weiterhin einen signifi-kanten Abfall der Leukozytenkonzentration und einen leichten Abfall der Thrombozytenkon-zentration. In der Gruppe 3 (nHep mP) ergaben sich dagegen weitgehend konstante Verläufe der Ge-rinnungsparameter sowie insgesamt relativ konstante Werte der Leukozyten- und Thrombo-zytenkonzentration. Mit dem Heparinregime der Gruppe 3 konnten die besten Funktionspa-rameter bei gleichzeitig stabilen Perfusionsbedingungen erreicht werden und es erwies sich somit als einflussreich auf die in vitro Darmvitalität. Auch ergab die Untersuchung mit dem-selben Heparinisierungskonzept, dass der Ingesta zugeführtes Cadmium im venösen Blut um 35,4 μg/l (Differenz der Mediane) anstieg. Das Modell des isoliert hämoperfundierten Jejunums eröffnet somit einerseits die Möglichkeit Schadstoffuntersuchungen durchzuführen und andererseits Antworten auf wichtige Fragen in der Intensiv- und der Transplantationsmedizin zu finden.