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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Physiologische und pathologische Befunde an den Hinterextremitäten bei genetisch verschiedenen Putenlinien und unterschiedlicher Rationsgestaltung, unter besonderer Berücksichtigung der tibialen Dyschondroplasie und der Pododermatitis (2007)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Haase, Sonja
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verl, 2007 — 139, XXIII Seiten
    ISBN: 978-3-86664-165-5
    Verweise
    URL (Volltext): http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000002880
    Kontakt
    Nutztierklinik: Abteilung Geflügel

    Königsweg 63
    14163 Berlin
    +49 30 838 62676
    gefluegelkrankheiten@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Bei der Mast von Puten unter intensiven Haltungsbedingungen wird ein großer Teil der Ver-luste durch Beinschäden und Bewegungsstörungen verursacht, die weitläufig als „Bein-schwäche“ bezeichnet werden. Krankheiten, die unter diesem Begriff zusammengefasst wer-den, stellen sowohl aus ökonomischen als auch tierschützerischen Gesichtspunkten ein gro-ßes Problem dar. Der Terminus Beinschwäche-Syndrom wird als Sammelbegriff für ätiolo-gisch unterschiedliche Erkrankungen an den Hintergliedmaßen mit einer ähnlichen Sympto-matik benutzt. Als Ursachen werden neben einer genetischen Disposition durch einseitige Selektion auf hohe und schnelle Wachstumsraten, ernährungsphysiologische Fehler, insbe-sondere Mangelzustände in der Vitamin- und Mineralstoffversorgung, Managementfehler und Umweltfaktoren angesehen. Auch bakteriell und viral bedingte Infektionen können zu Stö-rungen an den Hinterextremitäten führen. In den Versuchen 1 (Wildputen, Haltungszeitraum 24 Wochen) und 2 (Linienvergleich 5 Mastputenlinien: leichte Linie Kelly Bronze, mittelschwere Linien BUT 9 und N 300, schwe-re Linien N 700 und BUT Big 6, Haltungszeitraum 22 Wochen) wurde der genetische Einfluss (Liniendisposition) auf das Vorkommen von Beinschäden untersucht. Im Versuch 3 (Fütte-rungsversuch BUT Big 6, Haltungszeitraum 20 Wochen) wurde angestrebt, über die Variati-on des Energiegehaltes und der Biotinkonzentration in den Rationen (Fütterungsgruppe A: 100% Energie + ca. 300µg Biotin, B: 80% Energie + ca. 300µg Biotin, C: 120% Energie + ca. 900µg Biotin) das Auftreten von Beinschäden zu beeinflussen. Bei allen Tieren wurden über den gesamten Haltungszeitraum Tierverluste und deren Ursachen, der allgemeine Gesund-heitsstatus der Herde und das Vorkommen von Beinveränderungen erfasst. Weiterhin wur-den in Abständen von 2 bzw. 4 Wochen zufällig Tiere entnommen und untersucht. An diesen Probentieren (Versuch 1: 56 Tiere, Versuch 2: 175 Tiere, Versuch 3: 132 Tiere) wurden er-fasst: Körpermasse, Sektionsbefunde, Beingesundheit und ausgewählte Knochenparameter [Länge, Masse von Femur (Fe) und Tibiotarsus (TT), Bruchfestigkeit des TT, histometrische Messungen an den Wachstumsplatten des TT]. Die Anschnitte der proximalen Knochenen-den des Fe und des TT wurden pathologisch-anatomisch und pathohistologisch untersucht. Klinisch waren über den gesamten Haltungszeitraum nur sporadisch Veränderungen in Form des Beinschwäche-Syndroms festzustellen. Dagegen konnten in repräsentativem Umfang bei den Probentieren subklinische Veränderungen in Form von tibialer Dyschondroplasie (TD) und Pododermatitis (PD) nachgewiesen werden. Daher konzentrierten sich die weiter-gehenden Untersuchungen auf diese beiden Erkrankungen. Zum Versuch 1 (Wildputen) kann zusammenfassend festgestellt werden, dass unter den vorgegebenen Versuchbedingungen klinisch keine Fälle von „Beinschwäche“ auftraten. Bei den Sektionen der Probentiere ergaben sich keine Hinweise auf systemische Skelettstörun-gen. Veränderungen in Form von TD traten nicht auf. An den Fußballen konnte über den gesamten Haltungszeitraum eine als physiologisch anzusehende Hyperkeratose der Meta-tarsalballen beobachtet werden. Im Versuch 2 (Linienvergleich) traten Beinschäden klinisch nur sporadisch auf (0,7%). Die Knochenentwicklung ließ linienspezifische Unterschiede erkennen, ergab aber keine Hinwei-se auf pathologische Veränderungen. Alle Linien zeigten jedoch subklinisches Vorkommen von TD in hoher Anzahl. Unterschiede in der Häufigkeit und im Schweregrad zwischen den Linien waren statistisch nicht zu sichern. Tendenziell erkrankten Tiere der schweren Linien häufiger und an stärkeren Ausprägungsgraden der TD als Tiere der leichten Linien. Es konn-te ein altersabhängiges Auftreten der TD beobachtet werden. Erste Veränderungen waren zwischen der 4. und 8. LW sichtbar. Prävalenzhöhepunkt lag in der 16. LW mit 88% erkrank-ter Tiere. Zum Ende der Mast nahm die Zahl der Veränderungen wieder deutlich ab, was auf einen selbstlimitierenden Krankheitsverlauf schließen lässt. Zum Vorkommen von PD war festzustellen, dass Tiere schwerer Linien signifikant häufiger und mit signifikant schwereren Formen der PD erkrankten als Tiere leichter Linien. Im Fütterungsversuch (Versuch 3), Mastputen der schweren Linie BUT Big 6, traten klinische Fälle von „Beinschwäche" ebenfalls nur sporadisch auf (0,3%). Unterschiede ergaben sich zum einen in den Mastendgewichten. Tiere mit reduziertem Energiegehalt (80% Energie) im Futter wogen bis zu 50% weniger als Tiere mit kommerziellem (100% Energie) oder erhöh-tem Energiegehalt (120% Energie). Zum anderen zeigten restriktiv gefütterte Tiere im Ge-gensatz zu den anderen beiden Fütterungsgruppen eine gleichmäßige Knochenentwicklung, angepasst an die Körpermassenzunahmen. Beim Auftreten der TD zeigte sich, dass die Tie-re aus den Gruppen mit höheren Körpergewichten bei kommerziellem oder erhöhtem Ener-giegehalt in der Ration tendenziell häufiger und mit signifikant höheren Schweregraden an TD erkrankten als Tiere mit geringeren Körpergewichten bei energiereduzierter Fütterung. An PD erkrankten Tiere mit gleichzeitiger Erhöhung von Biotin (ca. 3fache Menge) und Energie (120% Energie) im Futter trotz der höheren Körpermassen signifikant weniger und mit signifikant geringeren Ausprägungsgraden als leichtere Tiere mit kommerziellem Gehalt an Biotin und Energie im Futter. Bei beiden untersuchten ätiologischen Einflüsse, genetische Disposition und Fütterung, scheinen für die Ausbildung der TD hohe Wachstumsraten und eine frühe Körpermasseent-wicklung eine pathogenetische Bedeutung zu besitzen, während bei der PD u. a. der Bio-tinstatus eine wichtige Rolle spielt. Weitere Einflüsse von Umwelt (Stallklima, Jahreszeit usw.) und Management (Einstreuqualität, Besatzdichten usw.) auf die Beingesundheit sind zu berücksichtigen.