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Adenosin ist ein Neuromodulator, der an einer Vielzahl von physiologischen und pathologischen Vorgängen beteiligt ist. Im ZNS ist Adenosin unter anderem an der Regulation von motorischen Prozessen und dem Verhalten beteiligt. Adenosin übt seine biologischen Funktionen über G-Protein gekoppelte, membrangebundene Adenosin-Rezeptoren aus, von denen mit A1, A2A, A2B und A3 derzeit vier Subtypen bekannt sind. Im Gehirn dominieren die Adenosin-A1 und A2A Rezeptoren, wobei die Adenosin-A2A Rezeptoren hauptsächlich im Striatum lokalisiert sind. Hier interagieren die Adenosin-A2A Rezeptoren reziprok mit kolokalisierten Dopamin-D2 Rezeptoren. Eine Degeneration des Striatums mit progressiver Verarmung an Dopamin führt zum klinischen Bild des Morbus Parkinson. Diese Erkrankung zählt in Deutschland zu den häufigsten neurodegenerativen Krankheiten. Die Bewegungsstörungen, die mit dieser Erkrankung einhergehen, können durch Adenosin-A2A Rezeptor-Antagonisten positiv beeinflusst werden. Neben einer Anti-Parkinson-Wirkung gibt es in Tiermodellen der Depression Hinweise darauf, dass Adenosin-A2A Rezeptor-Antagonisten auch einen antidepressiven Effekt ausüben können. Bei der Depression handelt es sich um eine psychiatrische Erkrankung mit sehr hoher Prävalenz. In europäischen Ländern liegt ihre Häufigkeit bei 5-10 %. Die genauen pathophysiologischen Mechanismen, die ein Zustandekommen der Depression bedingen, sind bislang noch nicht vollständig aufgeklärt. Neben einer Beteiligung von Serotonin und Noradrenalin wird auch Dopamin eine wichtige Bedeutung in der Depression zugesprochen. Ziel dieser Arbeit war es, die Wirkung von drei Adenosinrezeptor-Antagonisten mit unterschiedlicher Selektivität zum Adenosin-A2A Rezeptor in einem Tiermodell der Parkinsonschen Erkrankung, der Haloperidol-induzierten Katalepsie und in zwei Tiermodellen der Depression, dem Forced Swim Test und der Olfaktorischen Bulbektomie zu untersuchen. Bei den Substanzen handelte es sich um den unselektiven Adenosinrezeptor-Antagonisten Theophyllin, einen moderat selektiven (elbion Substanz A) und einen selektiven (KW-6002) Adenosin-A2A Rezeptor-Antagonisten. In der Haloperidol-induzierten Katalepsie wurde neben dem Zeit-/Wirkungsverlauf auch ein möglicher Zusammenhang der antikataleptischen Wirkung mit dem Grad der Subtypselektivität der eingesetzten Adenosinrezeptor-Antagonisten untersucht. Alle drei untersuchten Substanzen führten sowohl bei der Maus als auch der Ratte zu einer deutlichen Reduktion des Haloperidol-induzierten kataleptischen Zustands. Der unterschiedliche Wirkungsgrad und Unterschiede in der Dauer der Wirkung war durch pharmakokinetische Unterschiede und nicht durch einen unterschiedlichen Grad an Subtypselektivität bedingt. Die antikataleptisch wirksamen Substanzen wurden nachfolgend auf eine antidepressive Wirkung im Forced Swim Test an der Maus untersucht. In den dabei eingesetzten Dosierungen konnten alle drei Adenosinrezeptor-Antagonisten in den jeweils eingesetzten Dosierungen die Immobilitätszeit signifikant reduzieren. Eine Reduktion der Immobilitätszeit wird in diesem Modell mit einem antidepressiven Effekt korreliert. Dieser antidepressive Effekt der drei Adenosinrezeptor-Antagonisten wurde weitergehend in der Olfaktorischen Bulbektomie in der Ratte, einem anerkannten Modell der Depression, untersucht. Die Entfernung der Bulbi olfactorii induziert zahlreiche neurochemische, neuroendokrine, neuroimmunologische und verhaltensassoziierte Veränderungen. So zeigen bulbektomierte Tiere in einer aversiven, neuen Umgebung eine gesteigerte lokomotorische Aktivität. Diese Verhaltensveränderung wird der klinischen Situation beim Menschen entsprechend durch subchronische und nicht wie beim Forced Swim Test durch akute Gabe von Antidepressiva aufgehoben. Die über einen Zeitraum von 15 Tagen applizierten Adenosinrezeptor-Antagonisten führten jedoch im Gegensatz zu den eingesetzten Standardsubstanzen Imipramin und Amitriptylin nicht zu einer Attenuierung der Hyperaktivität bulbektomierter Tiere. Der im Forced Swim Test beobachtete antidepressive Effekt konnte damit in diesem Modell nicht beobachtet werden. So steigerten Theophyllin (30 mg/kg KGW p.o. 1 x täglich), elbion Substanz A (30 mg/kg KGW p.o. 2 x täglich) und KW-6002 (10 mg/kg KGW p.o. 1 x täglich) die lokomotorischen Aktivität der bulbektomierten Tiere zusätzlich. Ein signifikanter Effekt wurde dabei allerdings nur durch die Behandlung mit elbion Substanz A erreicht. Bei scheinoperierten Tieren führte die Behandlung mit Theophyllin und KW 6002 analog zu den bulbektomierten Ratten zu einer Steigerung der lokomotorischen Aktivität im Open Field. Aufgrund dieser antriebssteigernden und motorisch stimulierenden Eigenschaft von Adenosin-A2A Rezeptor-Antagonisten ist die antidepressive Wirksamkeit der Adenosinrezeptor-Antagonisten im Forced Swim Test als vorsichtig und möglicherweise falsch positiv zu bewerten. Die Olfaktorische Bulbektomie, die hauptsächlich als Modell der agitieren Form der Depression beim Menschen verstanden wird, ist jedoch vermutlich nicht geeignet, die antidepressive Wirksamkeit von motorisch stimulierenden Substanzen eindeutig zu detektieren. Eine falsch negative antidepressive Wirkung der getesteten Adenosinrezeptor-Antagonisten in diesem Modell ist demnach möglich. Erst Untersuchungen an Patienten mit verschiedenen Formen der Depression dürften zeigen, ob Adenosin-A2A Rezeptor-Antagonisten für die Behandlung insbesondere der gehemmten Depression geeignet sind.