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In der vorliegenden Arbeit wurden Untersuchungen zur Bedeutung des IL-10-homologen Gens von EHV-2 unter besonderer Berücksichtigung der Genexpression in vitro und in vivo sowie den Eigenschaften seiner Primärstruktur durchgeführt. Dabei sollte insbesondere geprüft werden, ob sich das EHV-2-IL-10 einer bestimmten Transkriptklasse zuordnen lässt, der Nachweis EHV-2-IL-10-spezifischer Transkripte in vivo mit einem definierten Infektions¬stadium zusammenhängt und die Primärstruktur des EHV-2-IL-10 Eigenschaften aufweist, die Rückschlüsse auf seine Funktionalität zulassen. Zur Untersuchung der EHV-2-IL-10-Expression wurde zunächst eine sensitive und für das EHV-2-IL-10 spezifische seminested RT-PCR etabliert. Mit dieser Methode konnten in einer permanenten equinen Zelllinie dermalen Ursprungs (ED-Zellen) nach in vitro Infektion mit dem EHV-2-Referenzstamm LK-4 schon ab 6 Stunden post infectionem (p. i.) EHV-2-IL-10-spezifische Transkripte detektiert werden. Die Expression des EHV-2-IL-10-Gens war dabei schon vor den Transkripten des sehr frühen EHV-2-ORF-50 und des frühen-späten EHV-2-Glykoprotein B (gB) nachweisbar. Ferner konnte durch die Anwendung von Inhibitoren der Proteinsynthese sowie der viralen DNA-Replikation gezeigt werden, dass die Expression des EHV-2-IL-10 sowohl von der Proteinsynthese als auch von der viralen DNA-Replikation unabhängig erfolgt. Daher entspricht die Kinetik der Expression des EHV-2-IL-10 in dem untersuchten in vitro Modell den sehr frühen Genen der Herpesviren. Zum Nachweis einer EHV-2-IL-10-Expression in vivo wurden Blutproben von 3 natürlich mit EHV-2 infizierten Pferden über den Zeitraum von einem Jahr im monatlichen Abstand untersucht. Parallel wurde der EHV-2-Infektionsstatus dieser Pferde ermittelt. Durch serologische Untersuchungen ergaben sich dabei zwar Hinweise für das Vorliegen einer akuten EHV-2-Infektion, mit der RT-PCR zum Nachweis von ORF-50- und gB-Transkripten als Marker für die Virusreplikation sowie durch die Virusanzucht aus lysierten Zellen konnte jedoch keine akute EHV-2-Infektion in den mononukleären Zellen des peripheren Blutes (PBMC) der 3 Pferde detektierte werden. In den PBMC von 2 Pferden wurde mittels Kokultivierung latentes EHV-2 nachgewiesen, wobei sich die Anwendung von 12 O Tetradecanoylphorbol-13-Acetat (TPA) positiv auf die Reaktivierbarkeit des latenten Virus auswirkte. Untersuchungen mit der Gardella-Gel-Technik ergaben außerdem Hinweise für eine Integration von EHV-2-DNA in das Genom latent infizierter equiner PBMC. In den latent infizierten PBMC wurden bei 2 Pferden EHV-2-IL-10-spezifische Transkripte detektiert, während beim dritten Pferd trotz nachgewiesener latenter Infektion keine EHV-2-IL-10-Transkripte zu finden waren. Das EHV-2-IL-10 scheint demnach eine Rolle bei der latenten Infektion zu spielen. Die Frage nach der Möglichkeit, die Expression des EHV-2-IL 10 als Latenzmarker in der Diagnostik einzusetzen konnte jedoch nicht abschließend beantwortet werden. Mögliche Wirkungsmechanismen des EHV-2-IL-10 bei der latenten Infektion in equinen PBMC werden diskutiert und Wege zur weiterführenden Untersuchung dieser Ergebnisse aufgezeigt. Durch vergleichende Untersuchungen der Primärstruktur der EHV-2-IL-10-Proteine von 9 EHV-2-Referenzstämmen und -Feldisolaten wurde auf der Aminosäureebene ein hoher Konservierungsgrad von 96 % bis 100 % festgestellt. Ferner zeigte sich, dass die Amino¬säuresequenz des EHV-2-IL-10 mit dem IL-10-Protein des Pferdes zu 85 % übereinstimmt. Außerdem wurden durch die Erstellung eines Stammbaumes phylogenetische Analysen zum EHV-2-IL-10 und equinen IL-10 durchgeführt. Dabei wurde festgestellt, dass beide IL-10-Proteine einen hohen Homologiegrad aufweisen, was nahe legt, dass das EHV-2-IL-10 im Verlauf der Evolution direkt vom Pferd erworben wurde. Durch ein Aminosäuresequenz-alignment mit dem IL-10 des EBV, des Orf-Virus, des Menschen und des Schafes wurden funktionell bedeutsame Bereiche des EHV-2-IL-10 untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass Regionen, die bei zellulären IL-10-Proteinen immunstimulierende Funktionen ausüben, im EHV-2-IL-10 wie beim EBV-IL-10 nicht konserviert sind. Möglicherweise hat das EHV-2-IL-10 wie das EBV-IL-10 nur die immunsuppressiven Eigenschaften des Wirts-IL-10 konserviert, wodurch ein therapeutischer Einsatz des EHV-2-IL-10 bei immunpathologischen Erkrankungen des Pferdes denkbar wäre. Die Ergebnisse dieser Arbeit haben gezeigt, dass die etablierte EHV-2-IL-10-spezifische snRT-PCR zum sensitiven und spezifischen Nachweis von EHV-2-IL-10-Transkripten in vivo geeignet ist. Es bietet sich daher an, weiterführende Untersuchungen zur Rolle des EHV-2-IL-10 unter Verwendung dieser Methode durchzuführen. Die durch die computergestützten Sequenzvergleiche erhaltenen Hinweise für eine immunmodulatorische Wirkung des EHV-2-IL-10, sowie die möglicherweise existierenden Wirkungsunterschiede zum equinen IL-10, müssen durch funktionelle Studien in geeigneten Modellsystemen verifiziert werden.