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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Zur Wirksamkeit einer neuen Köderformulierung für die orale Immunisierung des Schwarzwildes gegen Klassische Schweinepest (KSP):
    vergleichende experimentelle Studien zur Vakzination mit C-Vakzine und chimären Pestiviren (2007)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Faust, Anja (WE 5)
    Quelle
    Berlin, 2007 — 181 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/6285
    Kontakt
    Institut für Virologie

    Robert-von-Ostertag-Str. 7-13
    14163 Berlin
    +49 30 838 51833
    virologie@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die vorliegende Promotionsschrift beschäftigt sich mit der Verbesserung der oralen Immunisierung (o.I.) des Schwarzwildes gegen Klassische Schweinepest (KSP), wobei die Hauptzielsetzung in der Entwicklung einer neuen Köderformulierung bestand. Grundsätzliches Ziel der o.I. ist die Erhöhung der Herdenimmunität und das Zurückdrängen des Erregers aus der Schwarzwildpopulation in möglichst kurzer Zeit. Durch das Erreichen einer höheren Köderaufnahmerate bei den Frischlingen wäre es möglich, die Seroprävalenzrate innerhalb der Population deutlich zu erhöhen und im Gegenzug die Anzahl empfänglicher Tiere zu reduzieren, wodurch es möglich wird, die KSP im Wildschweinebestand noch effektiver zu bekämpfen. In den Aufnahmestudien mit Haus- und Wildschweinen konnte gezeigt werden, dass Tiere im Alter von unter 4 Monaten den Köder nur inkomplett aufnehmen. Ab dem Alter von vier Monaten wurde ein aktives Aufnahmeverhalten festgestellt, wobei die Tiere zu dem Zeitpunkt eine Präferenz für runde und möglichst kleine Köder entwickelten, später, im Alter von fünf und sechs Monaten, wurde der 3 cm große kugelförmige Köder sehr gut aufgenommen. Dieser 3 cm große runde Köder bildete die Grundlage für die Erprobung eines neuen Vakzinebehältnisses. Um die erforderliche Virusmenge in Vakzinekapseln und damit letztlich in den Köder zu bekommen, wurde der Impfstoff („C“-Virus/CP7_E2alf) lyophilisiert, in Hartgelatinekapseln abgefüllt und anschließend in die Ködermasse verbracht. Nach den Studien zur Köderaufnahme wurde die Stabilität des lyophilisierten Impfstoffes, verwendet wurden konventionelles „C“-Virus und das chimäre Pestivirus CP7_E2alf, im Vergleich zur jeweiligen Vakzinevirusformulierung in flüssiger Form bei verschiedensten Umgebungstemperaturen überprüft. Beide getesteten Impfviren zeigten eine signifikant höhere Stabilität im gefriergetrockneten Zustand als in flüssiger Form. Durch die höhere Stabilität (p > 0,05) des Lyophilisates bei Temperaturen über 20°C (Brutschrank- und Raumtemperatur), stellt die neue Formulierung eine Verbesserung dar und eignet sich demnach speziell für Immunisierungskampagnen bei höheren Umgebungstemperaturen (im Sommer und bei Einsatz der o.I. in wärmeren Regionen). In der vorliegenden Arbeit wurde im ersten Teil der tierexperimentellen Studien die Wirksamkeit der neuen Köderformulierung mit lyophilisiertem „C“-Virus untersucht. Nach Verfütterung der runden Vakzineköder an Haus- und Wildschweine und anschließender Infektion mit einer geringen KID50-Dosis des KSPV-Stammes „Alfort 187“ erwiesen sich alle vakzinierten Haus- und Wildschweine als optimal geschützt. Nach Infektion traten zudem weder Virämie noch Virusausscheidung per Nasen-, Augen- und Speichelflüssigkeit sowie Kot auf. In einem zweiten Bestätigungsversuch wurden Schweine mit lyophilisierter „C“-Vakzine und dem 3 cm großen runden Köder immunisiert, gefolgt von einer Challengeinfektion mit 1.000 KID50/ml. Auch hierbei zeigte sich, dass alle Tiere, die den Köder komplett gefressen hatten, geschützt waren und kein Virus aus Blut und Tupferproben isoliert werden konnte. Die Schweine entwickelten hohe Ak-Titer. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass die neue Köderformulierung bestehend aus a) einem kleineren Köder (d = 3 cm) b) einer Hartgelatinekapsel mit Snap-Verschluss und c) lyophilisiertem „C“-Virus die Schweine vor einer Infektion mit KSPV schützen kann, bei gleichzeitigem Fehlen von Virämie und Virusausscheidung. Auf Grund der Tatsache, dass DIVA-Vakzinen perspektivisch die Bekämpfungsmaßnahmen gegen die KSP bei Haus- aber auch bei Wildschweinen positiv beeinflussen könnten, wurde im Rahmen eines EU-Projektes u.a. an der Entwicklung neuer Markerimpfstoffe gearbeitet. Daher wurden die letzten beiden Tierversuche, die in der vorliegenden Arbeit beschrieben sind, mit dem chimären Markerimpfstoff CP7_E2alf durchgeführt, und zwar auch in lyophilisierter Form mit dem größeren kugelförmigen Köder in Analogie zu den Experimenten mit „C“-Virus. Im Gegensatz zum „C“-Stamm gelang es mit der gefriergetrockneten Chimäre CP7_E2alf jedoch nicht, die Schweine vor einer letalen Infektion zu schützen. Es erkrankten alle Haus- und Wildschweine klinisch an KSP. Sie zeigten eine Virämie, schieden das Challengevirus über Nasen-, Augen- und Speichelflüssigkeit sowie den Kot aus und verendeten bzw. mussten getötet werden. Inwieweit dieser negative Ausgang auf einen zu geringen Virusgehalt zurückzuführen oder aber Resultat des nicht optimalen E1E2-Heterodimer-Komplexes in der Chimäre war, konnte zu dem Zeitpunkt nicht abschließend geklärt werden. Daher wurde ein weiterer Tierversuch mit der veränderten CP7_E2alf-Chimäre durchgeführt, die nunmehr neben dem E2-Gen des KSPV „Alfort 187“ auch dessen E1-Gen anstelle des E1-Gens des BVDV enthielt (CP7_E1E2alf). Neben diesem neu konstruierten Virus kamen die bisherige Chimäre CP7_E2alf und das „C“-Virus parenteral zum Einsatz. Im Tierversuch mit Hausschweinen konnte bei beiden chimären Pestiviren wie auch beim „C“-Virus nach parenteraler Injektion ein kompletter Schutz der Tiere vor einer klinischen Infektion ermittelt werden, verbunden mit dem Fehlen einer Virusübertragung respektive -ausscheidung. Die Läuferschweine bildeten pv neutralisierende Ak aus, wobei zum Zeitpunkt der Belastungsinfektion die Tiere der CP7_E1E2-Gruppe im VNT die höchsten neutralisierenden Ak-Titer aufwiesen, gefolgt von den mit „C“-Virus und der Chimäre CP7_E2alf vakzinierten Tieren. Auf Grund der höheren Ak-Titer bei den Schweinen der CP7_E1E2alf-Gruppe kann angenommen werden, dass sich dieses Konstrukt mit dem KSPV-E1E2-Heterodimer als optimaler bzgl. der Ausbildung neutralisierender Ak erweist. Untersuchungen zur oralen Wirksamkeit sowie zur Stabilität und Sicherheit dieser neuen Chimäre sind nicht Teil dieser Arbeit, stellen aber weitere wichtige Forschungs-aufgaben dar. Mit Hilfe der neu konstruierten Köderformulierung sollte es möglich werden, einen höheren Anteil an Frischlingen via o.I. zu erreichen, wodurch mehr Tiere vor einer KSP-Infektion geschützt werden, sich somit nicht mehr infizieren können und damit auch nicht zum Virusträger werden und den Erreger verbreiten. Durch die bessere Stabilität der lyophilisierten Vakzine im Vergleich zur flüssigen Formulierung sollte auch bei hohen Umgebungstemperaturen und längerer „Liegezeit“ der Köder die MID nicht unterschritten werden und somit eine effektive Immunisierung der Wildschweine über einen langen Zeitraum gegeben sein. Sollte sich in weiteren wissenschaftlichen Untersuchungen die lyophilisierte CP7_E1E2alf-Chimäre als oral wirksam erweisen, wäre diese Chimäre ein klassischer DIVA-Vakzinekandidat, der die geforderte Unterscheidung von geimpften und infizierten Tieren auch beim Wildschwein möglich machen würde.