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In einem Großbetrieb mit mehr als 1200 Kühen in Laufstallhaltung und mit einem Anteil von 10-14 % Sc. agalactiae-infizierter Tiere stellte man 1993 erstmals bei 16 Kühen Myco-plasma californicum in der Milch fest. Über einen Zeitraum von 3 ½ Jahren konnte ein Maßnahmeplan geprüft werden, mit dem der Betrieb die Infektionsrate senken und prädis-ponierende Faktoren verringern wollte. Die Schwerpunkte des Maßnahmeplans lagen in der Verbesserung der Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen und in einer Optimierung der Melkhygiene. Des weiteren wurden alle Euter zu Beginn der Trockenphase mit Anti-biotika behandelt. Kühe, bei denen eine klinische Mastitis während der Laktation auftrat, mußten therapiert, vom übrigen Bestand isoliert und getrennt bewirtschaftet werden. Un-produktive Kühe und Kühe mit behandlungsresistenter Mastitis wurden verstärkt selektiert. Der Erfolg dieser Maßnahmen konnte durch eine klinische Untersuchung am Euter aller Kühe des Bestandes; über die Entwicklung der Morbiditätsziffer, der Erkrankungsrate und des Anteils euterkranker Kühe; über die Ergebnisse aus den bakteriologischen Untersu-chungen und über die Entwicklung der Zellzahlen überprüft werden. Durch die Bewertung der Abgangs- und Reproduktionsrate, der tierärztlichen Behandlungskosten und der Be-rechnung des Milchgeldausfalles konnte der finanzielle Verlust aufgrund von Eutergesund-heitsstörungen für die Jahre 1993 ý 1996 ermittelt werden. Zusätzlich wurde die Wirksam-keit von Enrofloxacin (Baytril®) bei Kühen mit einer Mykoplasmenmastitis getestet. Es konnten 15 Kühe in der Laktation und 7 Kühe in der Trockensteherphase an drei aufein-anderfolgenden Tagen mit 5 mg/kg Enrofloxacin behandelt werden. Der Therapieerfolg wurde anhand klinischer, zytologischer und bakteriologischer Kontrolluntersuchungen geprüft. Die Ergebnisse aus der Milchleistungsprüfung sowie die nachfolgende Er-krankungsrate und die Abgangsentwicklung wurden mit einer Kontrollgruppe verglichen. Die Untersuchungen führten zu folgenden Ergebnissen: 1. Auch nach zwei Untersuchungsjahren konnten bei 43 % der Kühe pathologische Befunde am Euter erhoben werden. 20,1 % der untersuchten Kühe besaßen ein atrophisches Viertel und 3,1 % ein totes Viertel. 4,6 % Kühe litten an einer Zitzenverletzung. 2. Der Mittelwert der monatlichen Morbiditätsziffer stieg von 1994 bis 1996 weiter an. Auch die Erkrankungsrate pro Kuh und Jahr und der Mittelwert des Anteils euter-kranker Kühe erhöhte sich im Untersuchungszeitraum. 3. Der Anteil Sc.agalactiae-infizierter Kühe konnte von Oktober 1993 bis November 1995 nicht verringert werden. Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Kühe mit pathogenen Keimen in der Milch von 19,5 % auf 45,9 %. Die Infektionsrate mit Mykoplasmen konnte mit den Einzelgemelkproben der Bestandsuntersuchungen nicht festgestellt werden. 4. Bei den Stichprobenuntersuchungen konnten neben Sc. agalactiae, Staphylokokken und anderen Streptokokken über den gesamten Untersuchungszeitraum Mykoplasmen in der Milch euterkranker Kühe nachgewiesen werden. In der Speziesdifferenzierung isolierte das Untersuchungslabor entweder Mycoplasma californicum oder Myco-plasma alcalescens. 5. Das geometrische Jahresmittel der Zellzahlen in der Anlieferungsmilch und in der Milchleistungsprüfung stieg in den Jahren 1995 und 1996 gegenüber den Jahren 1993 und 1994 an. Der höchste Wert in der Milchleistungsprüfung wurde im August 1996 gemessen. Nur durch eine vom übrigen Bestand getrennte Bewirtschaftung der Kühe mit Zellzahlen >1 Mio./ml verhinderte der Betrieb einen Milchgeldabzug. Der Anteil von Kühen mit Zellzahlen <100.000 /ml sank von 45,2 % 1993 auf 31,7 % 1996. 6. Die Abgangsquote sank zwar von 48,06 % 1993 auf 41,00 % 1996, lag aber im gesam-ten Untersuchungszeitraum über dem bundesdeutschen Durchschnitt der deutschen Rinderzüchter. Der Anteil von Kühen, die aufgrund von Eutergesundheitsstörungen geschlachtet werden mußten, lag im gesamten Untersuchungszeitraum über 60 %. 7. Dem Betrieb entstanden Kosten pro Kuh und Jahr aufgrund von Eutergesundheits-störungen von 521,91 DM 1993, 538,07 DM 1994, 408,95 DM 1995 und 464,92 DM 1996, wobei die Verringerung der Kosten nur über eine Verkleinerung des Bestandes und damit über eine Senkung der Reproduktionskosten erreicht wurde. 8. Die Therapie mit Baytril® bei 15 laktierenden Kühen mit einer Mykoplasmenmastitis führte zu einer Heilungsrate von 73,3 %. Bei allen bakteriologischen Kontrollunter-suchungen konnten sowohl in der Laktationsgruppe wie auch in der Trockensteher-gruppe keine Mykoplasmen mehr in der Milch nachgewiesen werden. Dagegen gelang bei vier von neun untersuchten Kühen in der Kontrollgruppe erneut der Mykoplasmen-nachweis. Der Milchleistungsrückgang und die Rezidivrate waren in der Kontroll-gruppe höher als in der Laktationsgruppe. Auch die Zellzahlentwicklung war in der Laktationsgruppe besser als in der Kontrollgruppe. Abschließend läßt sich feststellen, daß der Betrieb im gesamten Untersuchungszeitraum verkehrsfähige Milch abliefern konnte. Die betrieblichen Maßnahmen führten nicht zu einer Verbesserung der Eutergesundheit im Bestand. Die finanzielle Belastung aufgrund von Eutergesundheitsstörungen lag über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Ohne die Ausschaltung der noch vorhandenen prädisponierenden Faktoren und eine weitere Verminderung der Erregerübertragung wird eine Zurückdrängung der Myko-plasmeninfektionen und der Sc.agalactiae- Infektionen nicht möglich werden. Letztendlich wird nur eine konsequente Trennung infizierter Tiere von nicht infizierten Tieren eine Sanierung der Herde ermöglichen.