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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Entwicklung und Einsatz von 16S rRNA Gensonden zur Identifizierung biotechnologisch genutzter Laktobazillen-Stämme der L acidophilus- und der L casei-Gruppe (2002)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Goldberg, Marc
    Quelle
    Berlin, 2002 — 176 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): http://www.diss.fu-berlin.de/diss/receive/FUDISS_thesis_000000000762
    Kontakt
    Institut für Lebensmittelsicherheit und -hygiene

    Königsweg 69
    14163 Berlin
    +49 30 838 62551 / 52790
    lebensmittelhygiene@vetmed.fu-berlin.de / fleischhygiene@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Aufgrund zahlreicher erwünschter Stoffwechselleistungen werden Laktobazillen-Kulturen seit langem als Starterkulturen im Lebensmittel-bereich, als Futterzusatzstoffe in der Tierernährung und als Therapeutika in der pharmazeutischen Industrie verwendet. Vertreter der L. acidophilus- und der L. casei-Gruppe werden in zunehmendem Maße als Probiotika in Lebensmitteln eingesetzt, wodurch sich die Notwendigkeit einer sicheren und möglichst schnell durchführbaren Identifizierung ergibt. Die klassischen mikrobiologischen Methoden der Identifizierung bis zur Spezies-Ebene erfordern meist einen hohen Zeitaufwand und liefern aufgrund unterschiedlicher Stammformen innerhalb einer Spezies nicht immer eindeutige Ergebnisse. Dabei bereitet innerhalb der L. (= Lactobacillus) acidophilus-Gruppe insbesondere die Differenzierung zwischen L. crispatus und L. gasseri bzw. L. johnsonii und L. acidophilus Schwierigkeiten. In der L. casei-Gruppe ist es durch Änderungen der taxonomischen Einstufung von Spezies zu einer beträchtlichen Verwirrung gekommen. Ziel dieser Arbeit war es daher, für die Spezies L. acidophilus, L. gasseri und L. johnsonii (L. acidophilus-Gruppe) und für L. zeae, L. paracasei und L. rhamnosus (L. casei-Gruppe), gleichzeitig die am häufigsten eingesetzten Spezies in Probiotika, Gensonden zu entwickeln und auf ihre Aussagekraft im Vergleich zu anderen molekularbiologischen Methoden zu prüfen. Hierzu wurden die über das Internet zugänglichen Gendaten und die Computerprogramme des NCBI/GenBank (National Center for Biotechnology Information) sowie des RDP (Ribosomal Database Project) der Michigan State University, USA, genutzt. Die Synthese der L. gasseri-Sonde erfolgte nach partieller Sequenzierung der 16S rRNA eines L. gasseri-Referenzstammes (ATCC 19992 / DSM 20077) mit der PCR-Technik. Zur Prüfung der Eignung der Sonden wurden insgesamt 85 Typ- und Sammlungsstämme aus der L. acidophilus- und L. casei-Gruppe (Typ- / Referenzstämme, Isolate aus Milchprodukten, aus pharmazeutischen Präparaten und aus klinischem Material) sowie vergleichend Vertreter von sieben anderen Lactobacillus-Spezies und zwei Weissella-Spezies herangezogen. Alle Prüfstämme waren vorher mit klassischen phänotypischen Methoden auf ihre Einstufung überprüft worden. Die molekularbiologische Prüfung erfolgte anhand der Dot Blot-Hybridisierungstechnik. Die Hybridisierungsergebnisse zeigten, daß Gensonden zur Speziesidentifizierung von biotechnologisch genutzten Laktobazillen dieser beiden Gruppen eingesetzt werden können. Alle geprüften Stämme der Spezies L. acidophilus sensu stricto wurden nur von der L. acidophilus-Sonde erfaßt. Bei den eng verwandten Spezies L. gasseri und L. johnsonii kam es zu Kreuzreaktionen, d.h. die L. johnsonii-Stämme reagierten zusätzlich mit der L. gasseri-Sonde. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Spezies gelang durch die L. johnsonii-Sonde, da diese lediglich mit den L. johnsonii-Stämmen hybridisierte. Der L. casei-Typstamm (ATCC 393T) reagierte sowohl mit der L. paracasei- als auch mit der L. zeae-spezifischen Sonde. Drei weitere als L. casei deklarierte Stämme hybridisierten lediglich mit der L. paracasei-Sonde, wie auch drei L. paracasei-Referenzstämme und ein weiterer als L. paracasei deklarierter Sammlungsstamm. Das veranlaßte zu einer Unterteilung der L. casei-Stämme in zwei Untergruppen (L. casei I bzw. II). Dieser Befund unterstützt einen gegenwärtigen taxonomischen Lösungs-vorschlag für die L. casei-Gruppe, wonach der jetzige Typstamm von L. casei der Spezies L. zeae zugeordnet werden soll, während die anderen L. casei-Stämme (inklusive des von mehreren Autoren vorgeschlagenen Neo-Typstammes ATCC 334) mit L. paracasei zusammengeführt werden können. Auch unter den phänotypisch als L. rhamnosus identifizierten Stämmen gab es zwei Abstufungen in den Reaktionen. Etwa die Hälfte der Stämme (12) reagierte nur mit der L. rhamnosus-Sonde, die andere Hälfte (10) aber gleichzeitig mit der L. paracasei-Sonde. Die letzteren waren bis auf eine Ausnahme alle klinischen Ursprunges. Aufgrund dieser Kreuzreaktionen wurde eine Einteilung in die Untergruppen L. rhamnosus I bzw. II vorgenommen. Die L. rhamnosus-Sonde kann dennoch als Spezies-spezifisch angesehen werden. Einen Sonderfall stellte ein phänotypisch als L. rhamnosus identifizierter klinischer Stamm dar, der lediglich mit der L. paracasei-Sonde reagierte. Dieser Stamm wurde aber auch in einer anderen mittels RAPD-PCR durchgeführten Untersuchung als L. casei / L. paracasei identifiziert. Mitreaktionen von anderen Spezies aus der L. acidophilus-Gruppe (L. crispatus, L. amylovorus, L. gallinarum) sowie von einigen anderen Vertretern der Milchsäurebakterien (Lactobacillus und Weissella) traten nicht auf. Der Vergleich der Ergebnisse, die mittels Gensondentechnik erzielt werden konnten, mit denen, die zuvor mit anderen molekularbiologischen Methoden mit den gleichen Stämmen gewonnen werden konnten bestätigte, daß die Gensondentechnik aussagekräftig für die Einstufung von Stämmen ist. Da die Abgrenzung der bei Mensch und Tier zur autochthonen Mikroflora gehörenden Spezies L. gasseri von L. crispatus mit phänotypischen Untersuchungs-methoden Schwierigkeiten bereitet und Vertretern dieser Spezies im Rahmen der Anwendung als Probiotika eine besondere Bedeutung zukommt, ist die Anwendung zusätzlicher Gensonden erforderlich. Die Herstellung und Prüfung einer L. crispatus-Sonde war im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Ein durchgeführter BLAST-Sequenzvergleich (NCBI/GenBank) des L. gasseri-Typstammes mit dem L. crispatus-Typstamm zeigte aber zwei für eine Gensonde in Betracht kommende Basensequenzabschnitte auf, die eine Differenzierung mit der in dieser Arbeit angewandten Methodik ermöglichen könnten. Hinsichtlich des Arbeitsaufwandes wies die Gensondentechnik Vorteile gegenüber anderen molekularbiologischen Methoden, z.B. der RAPD-PCR-Technik, auf. Nachteilig bei der bisherigen Technik war, daß die Kulturen angezüchtet werden mußten und erst anschließend das Dot Blot-Verfahren eingesetzt werden konnte. Eine Beschleunigung des Nachweises ist von der Reverse Dot Blot-Hybridisierungs-technik zu erwarten, bei der eine Kultivierung der nachzuweisenden Bakterien nicht erforderlich ist und das jeweilige Zielgen durch spezifische Primer vor der Hybridisierung amplifiziert wird und dadurch lediglich kurze Hybridisierungszeiten (2 bis 4 Stunden) erforderlich sind. Die Hybridisierungstechnik ist also zur sicheren Identifizierung einiger biotechnologisch wichtiger Laktobazillen-Spezies geeignet. Weitere Sonden, insbesondere für die Spezies L. crispatus und L. casei/L. paracasei müssen geprüft werden. Auch die Eignungsprüfung dieser Methode in der Routine steht noch aus. Auf Grund der Ergebnisse mit Sammlungsstämmen, die aus Handelsprodukten stammten, wird aber von der Einsatzfähigkeit in der Routine ausgegangen.