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Innerhalb der letzten Jahre ist eine Zunahme der Infektionen mit Enterococcus spp., insbesondere E. faecalis und E. faecium, in der Humanmedizin zu beobachten. Gleichzeitig kommen Resistenzen gegen wichtige Antibiotika bei dieser Bakteriengattung mit steigender Häufigkeit vor. Ein Zusammenhang mit dem Einsatz von Antibiotika in der Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere wird diskutiert.
Vor diesem Hintergrund sollte in dieser Dissertation das Resistenzverhalten von Enterokokkenstämmen untersucht werden, die von Rind und Schwein sowie aus von diesen Tierarten gewonnenen Lebensmitteln isoliert wurden. Als Lebensmittel wurden für die Untersuchung insbesondere Hackfleisch, Rohwurst, Schinken und Weichkäse ausgewählt, da in diesen ein Vorkommen von Enterokokken tierischen Ursprungs theoretisch möglich ist und diese zum Rohverzehr bestimmt sind. Bundesweit wurden 60 Rinderherden (Jungbullen und Kälber), 97 Schweineherden sowie 166 Lebensmittelproben untersucht. Daraus wurden 1257 Enterokokkenstämme isoliert und deren Spezies bestimmt. Zur Gattungsdiagnose wurden die Katalase- und Pyrrolidonylarylamidase-Aktivität sowie die Fähigkeit zum Wachstum in Gegenwart von 6,5% NaCl überprüft. Die Speziesdiagnose erfolgte anhand des Hämolyseverhaltens, der Pigmentproduktion, der Beweglichkeit, Fähigkeit zur Tetrazoliumreduktion, Vorhandensein der Arginindihydrolase und einer Reihe von Kohlenhydratspaltungstests. Von 569 ausgewählten Isolaten wurde das Resistenzverhalten gegenüber Penicillin, Ampicillin, Amoxicillin/Clavulansäure, Gentamicin, Tetrazyklin, Erythromycin, Tylosin, Vancomycin, Teicoplanin, Enrofloxacin, Quinupristin/Dalfopristin, Chloramphenicol, Bacitracin, Flavomycin und Avilamycin im Mikrodilutionsverfahren überprüft. Bei Stämmen mit einer MHK gegenüber Gentamicin von größer oder gleich 256 mg/l wurde im Etest-Verfahren das Vorkommen der Hochresistenz überprüft. Glykopeptidresistente Stämme wurden mit Hilfe der Polymerasekettenreaktion auf das Vorkommen der Resistenzgene vanA, vanB, vanC1 und vanC2 untersucht.
Penicillinresistenz trat bei 11%, 31% und 4% der E. faecium-Isolate vom Rind, Schwein und aus Lebensmitteln auf. Ampicillin- und Amoxicillin/Clavulansäureresistenz kam bei 3% der E. faecium-Isolate vom Schwein vor. Mit Ausnahme eines E. durans/hirae-Stammes verhielten sich alle anderen Isolate gegenüber diesen ß-Laktam-Antibiotika sensibel. Gegenüber Gentamicin verhielten sich 2% der E. faecalis-Isolate vom Schwein und 1% der E. faecalis-Isolate aus Lebensmitteln hochresistent, darüber hinaus trat diese Resistenzform bei E. faecalis und E. faecium nicht auf. vanA-vermittelte Glykopeptidhochresistenz wurde bei 3 E. faecium Isolaten vom Schwein festgestellt, andere Stämme zeigten diese Resistenzform nicht.
Quinupristin/Dalfopristin-Resistenz kam bei 56%, 57% und 23% der E. faecium-Isolate jeweils vom Rind, Schwein und Lebensmittel vor.
Gegenüber Tetrazyklin lagen die Resistenzraten von E. faecalis und E. faecium zwischen 16% (E. faecalis vom Rind) und 37% (E. faecalis vom Schwein), gegenüber Erythromycin zwischen 6% (E. faecalis vom Rind) und 49% (E. faecium vom Schwein) und gegenüber Chloramphenicol zwischen 4% (E. faecium aus Lebensmitteln) und 22% (E. faecium vom Rind). Gegenüber Enrofloxacin verhielt sich E. faecalis (33% sensible Isolate beim Rind) empfindlicher als E. faecium (0% sensible Isolate beim Rind). Gegenüber den Leistungsförderern bewegten sich die Resistenzen zwischen 0% (E. faecium vom Rind gegen Tylosin) und 100% (E. faecium aus Lebensmitteln gegen Flavomycin).
Rinder- und Schweinebestände scheinen als Reservoir für Enterokokken mit Resistenzen gegen die humanmedizinisch bei Enterokokkeninfektionen in erster Linie eingesetzten Antibiotika (Ampicillin, Gentamicin und die Glykopeptide) nur eine sehr untergeordnete Rolle zu spielen. Auch scheint die Gefahr für den Verbraucher, solcherart resistente Enterokokken über Lebensmittel aufzunehmen, gering. Demgegenüber sind die Resistenzraten gegenüber dem neuzugelassenen humanmedizinischen Therapeutikum Quinupristin/Dalfopristin sowohl in Rinder- und Schweinebeständen als auch in den Lebensmitteln bedenklich hoch, wobei die wahrscheinliche Ursache dafür durch das Verbot des Einsatzes von Virginiamycin beseitigt worden sein dürfte.
Resistenzen gegenüber human- und veterinärmedizinisch wichtigen Antibiotika, die bei Enterokokkeninfektionen nicht das Mittel der ersten Wahl darstellen, wie beispielsweise Tetrazyklin und Erythromycin, traten zum Teil relativ häufig auf. Hier ist nicht auszuschließen, daß eine Übertragung auf andere Bakteriengattungen stattfinden kann. Darin liegt zwar möglicherweise eine Gefahr für den Verbraucher, andererseits erscheint der Einsatz einer gewissen Zahl wirksamer Antibiotika zu therapeutischen Zwecken auch bei lebensmittelliefernden Tieren unverzichtbar.
Insgesamt kann das Risiko für den Verbraucher, über Lebensmittel Enterokokken aufzunehmen, die gegen die bei Enterokokkeninfektionen in erster Linie eingesetzten Antibiotika resistent sind, als gering eingeschätzt werden.