Königsweg 69
14163 Berlin
+49 30 838 62551 / 52790
lebensmittelhygiene@vetmed.fu-berlin.de / fleischhygiene@vetmed.fu-berlin.de
Routinemäßig durchgeführte epidemiologische Untersuchungen bei gehäuft auftretenden gastrointenstinalen Symptomatiken im Bereich der Bundeswehr liefern wertvolle Daten über die Prävalenz B. cereus-bedingter Erkrankungen. B. cereus dominiert bei weiterhin deutlich steigender Bedeutung als Verursacher lebensmittelbedingter Erkrankungen in der Bundeswehr.
Die in den Jahren 1999 und 2000 routinemäßig durchgeführten mikrobiologischen Oberflächenuntersuchungen in 183 Verpflegungseinrichtungen der ehemaligen Wehrbereiche III und IV (diese umfassen die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland) sind im Hinblick auf die B. cereus-Prävalenz auf Oberflächen und Bedarfsgegenständen ausgewertet worden. Weitere Untersuchungen sollten die sporozide Wirkung von Wofasteril® E400 / alcapur® und dem standardmäßig in Bundeswehrküchen verwendeten Desinfektionsmittel Tego 2000® vergleichend darstellen.
Der qualitative Suspensionstest nach DVG-Methodik, bei dem unterschiedliche Desinfektionsmittelkonzentrationen auf eine Sporensuspension mit und ohne Eiweißbelastung einwirkten, wurde anhand einer durch Vermehrung überlebender Keime bedingten Trübung in einer Nährbouillon ausgewertet. So wurde ermittelt, inwieweit eine Wirksamkeit im Sinne der Abtötung aller eingesetzten Sporen (1,0 x 107 KbE) unter bestimmten Konzentrations-Zeit-Bedingungen vorliegt.
Beim quantitativen Suspensionstest wurde die sporozide Wirkung durch die Reduktion der Keimzahl infolge der Einwirkung des Desinfektionsmittels nachgewiesen. Auch hier wirkten verschiedene Konzentrationen der Desinfektionsmittel in einem Reaktionsgefäß auf Sporen von B. cereus ein.
Mit Sporensuspension beimpfte Keimträger aus V2A-Stahl und Polyethylen, welche in Küchen üblicherweise zu desinfizierende Materialien darstellen, sind ebenfalls einer quantitativen Desinfektionsmittelprüfung mit unterschiedlichen Konzentrationen der zu prüfenden Präparate unterzogen worden.
Im Feldversuch sind insgesamt 700 Oberflächenproben von Bedarfsgegenständen in sieben Verpflegungseinrichtungen vor bzw. nach der Desinfektion auf das Vorhandensein von B. cereus untersucht worden.
In den Verpflegungseinrichtungen der Bundeswehr zeigten die routinemäßigen Untersuchungen aus den Jahren 1999 und 2000, dass die Belastung der Oberflächen mit B. cereus mit 14 % positiver Proben (n=4412) hoch ist. In diesen Einrichtungen werden Amphotenside zur Desinfektion verwendet.
Bei den durchgeführten Suspensionstests zeigte Tego 2000® keine sporozide Wirkung auf einen B. cereus-Teststamm. Das alternativ getestete Desinfektionsverfahren auf Peressigsäurebasis (Wofasteril® E400/ alcapur®) wirkte selbst unter Eiweißbelastung sporozid. Weitergehende praxisnahe Untersuchungen mit Keimträgern aus V2A-Stahl bzw. PE ergaben, dass Wofasteril® E400 / alcapur® bei einer Konzentration von 0,25% und einer Einwirkzeit von 30 min bei 20°C die Zahl der eingesetzten B. cereus-Sporen um etwa 5 lg KbE-Stufen zu reduzieren vermochte. Bei Verwendung von Tego 2000® in der für den belasteten Bereich empfohlenen Konzentration von 1% konnte im Keimträgertest keine Reduktion der Sporenzahl festgestellt werden, womit die Ergebnisse der Suspensionstests im praxisnahen Ansatz bestätigt wurden.
Im Feldversuch konnte ein signifikanter Unterschied zwischen der sporoziden Wirkung von Tego 2000® und der von Wofasteril E400® / alcapur® belegt werden. Die Verwendung von Wofasteril® E400 / alcapur® unter Praxisbedingungen führte zu einer deutlich stärkeren Reduktion der B. cereus-Prävalenz als die vergleichsweise geprüfte Anwendung von Tego 2000®. Anhand des ermittelten Wertes für die Relative Effektivität wird deutlich, dass die sporozide Wirkung von Wofasteril® E400 / alcapur® unter Berücksichtigung der tatsächlichen Ausgangsprävalenz von B. cereus auf Oberflächen und Bedarfsgegenständen als 6,25-mal effektiver zu bewerten ist als die von Tego 2000®.
Die ermittelte B. cereus-Prävalenz auf den Oberflächen der Verpflegungseinrichtungen im Zusammenhang mit der beschriebenen Häufigkeit B. cereus-bedingter Erkrankungen in der Gemeinschaftsverpflegung der Bundeswehr deutet darauf hin, dass dem Risiko der Kontamination von Lebensmitteln über belastete Flächen eine große Bedeutung zukommt. Es lag nahe, diese hohe Prävalenz durch die Auswahl eines geeigneten Desinfektionsmittels zu reduzieren. Die Durchführung von Desinfektionsmittelprüfungen und die Bewertung ihrer Ergebnisse sind aufgrund fehlender Normen für die Prüfung chemischer Desinfektionsmittel auf ihre sporozide Wirkung erschwert. In Anlehnung an bestehende Normen für die Wirksamkeitsprüfung von Desinfektionsmitteln auf vegetative Keime wurden Methoden modifiziert und ein Reduktionsfaktor von mindestens 3 lg KbE im quantitativen Suspensionstest sowie im Keimträgertest als Beleg für eine vorhandene sporozide Wirkung gefordert. Da die Resultate von Laboruntersuchungen aufgrund unterschiedlichster Einflussfaktoren unter Feldbedingungen nicht unbedingt auf die Praxis übertragbar sind, wurde zur Sporozidie-Prüfung der Desinfektionsmittel ein Feldversuch im vorgesehenen Anwendungsbereich durchgeführt. Trotz fehlender sporozider Wirkung des in Bundeswehrküchen üblicherweise eingesetzten Desinfektionsmittels sind bei Anwendungempfehlungen andere Auswahlkriterien wie Unbedenklichkeit für Mensch und Umwelt und die Aspekte der Arbeitssicherheit einzubeziehen.
Eine ausschließliche Verwendung von Wofasteril® E400 / alcapur® in Verpflegungs-einrichtungen wird deshalb nicht grundsätzlich befürwortet. Vielmehr sollte die gute sporozide Wirkung von Peressigsäure gezielt genutzt werden, v.a. im Falle behördlich angeordneter Entseuchungen im Zusammenhang mit einer B. cereus-bedingten Gruppenerkrankung, zumal die Anwendung von Wofasteril® gemäß der "Liste der vom Bundesgesundheitsamt geprüften und anerkannten Desinfektionsmittel und -verfahren" des RKI für diesen Zweck zulässig ist und das Desinfektionsmittel in der DVG-Liste geführt wird. Darüber hinaus ist der gezielte Einsatz von Wofasteril® E400 / alcapur® sinnvoll, wenn bei mikrobiologischen Eigenkontrollen eine erhöhte B. cereus-Prävalenz in einer Verpflegungseinrichtungen festgestellt wurde. Führt die einmalige Anwendung von Wofasteril® E400 / alcapur® nur vorübergehend zum Erfolg, sollte der ausschließliche Einsatz von Wofasteril® E400 / alcapur® empfohlen werden. Im Rahmen von Bundeswehreinsätzen ist die ebenfalls ausschließliche Verwendung von Wofasteril® E400 / alcapur® angezeigt.