zum Inhalt springen

Fachbereich Veterinärmedizin


Service-Navigation

    Publikationsdatenbank

    Ätiologie und Inzidenz der zystischen Ovardegeneration bei Hochleistungskühen in einer Milchviehanlage in Sachsen-Anhalt (2002)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Zeruhn, Miriam (WE 19)
    Quelle
    Berlin, 2002 — 142 Seiten
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/8340
    Kontakt
    Tierklinik für Fortpflanzung

    Königsweg 65
    Haus 27
    14163 Berlin
    +49 30 838 62618
    fortpflanzungsklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Die Zystische Ovardegeneration (ZOD) wird als definiert als flüssigkeitsgefüllter ehemaliger Graaf´scher Follikel mit abgestorbener Eizelle. Seine Größe überschreitet 25 mm, er tritt in Abwesenheit eines Gelbkörpers auf und persistiert 10 Tage oder länger. Ungefähr 30% aller Milchkühe entwickeln während ihres Lebens ZOD. Ursächlich für diese ovarielle Dysregulation ist eine hypophysäre Insuffizienz. Prädisponierende Faktoren sind weitgehend ungesichert. Die Diagnose durch die Palpation vom Rektum her und die daraus resultierende Therapie der ZOD erweisen sich als schwierig und ungewiss.
    Mit Hilfe dieser Studie sollten die Häufigkeit, der Zeitpunkt des Auftretens und die Pathogenese der ZOD möglichst genau erfasst werden. Es sollte untersucht werden, ob im Hinblick auf das Stoffwechselgeschehen die Ätiologie geklärt werden kann.

    Deutsche Schwarzbunte Milchkühe (n=132) wurden nach den im folgenden beschriebenen Untersuchungen in Gruppen aus Tieren mit Follikel- und Luteinzysten und aus Tieren mit unveränderten Ovarien geteilt.
    Alle Tiere wurden in Boxenlaufställen teilweise mit Spaltenboden, teilweise mit Über-flurentmistung gehalten und zweimal täglich mit einer totalen Mischration aus betriebseigenem Anbau gefüttert. Mit der Trockenstellung etwa 6 Wochen ante partum bis 10 Wochen post partum wurden Blutproben genommen. Aus dem Serum wurden die Parameter Freie Fettsäuren (FFS), Harnstoff, Bilirubin, ?-Glutamyl-Transferase (GGT), Glutamat-Dehydrogenase (GlDH), Aspartat-Amino-Transferase (AST), Glukose und Insulin bestimmt. Der pH-Wert und die Netto-Säure-Base-Ausscheidung (NSBA) im Harn wurden gemessen. Die Beurteilung der Körperkondition (BCS) und die Messung der Rückenfettdicke (RFD) wurde zu denselben Zeitpunkten vorgenommen.
    Die Tiere wurden nach der Kalbung 14-tägig vom Rektum her untersucht. Nach rektaler Palpation wurde eine ZOD diagnostiziert, wenn eine flüssigkeitsgefüllte Blase auf dem Ovar mit einem Durchmesser von mehr als 2,5 cm bei gleichzeitiger Abwesenheit eines Gelb-körpers palpiert wurde. Die Diagnose wurde retrospektiv anhand der Progesteronbestimmung im Nachgemelk verifiziert. Milchproben wurden zweimal in der Woche während der Melkzeiten aus dem Nachgemelk entnommen. Bei Verdacht einer Zyste wurde ab 56 d post partum die palpatorische Diagnose mit Hilfe der Sonographie adspektorisch gefestigt.
    Diese Tiere wurden mit zufällig ausgewählten Kontrolltieren ohne Ovardegeneration verglichen. Tiere mit Puerperalstörungen wurden nicht in die Auswertung genommen.
    Besonders peripartal erhöhte Werte der NSBA und post partum erniedrigte Werte der NSBA und des pH-Wertes im Harn erlaubten eine Aussage bezüglich des Risikos der Ausbildung einer ZOD. Einen gesicherten Hinweis erlauben ebenfalls erhöhte Werte der Bilirubingehalte 6 und 10 Wochen post partum und erhöhte freien Fettsäuren 6 und 8 Wochen post partum. Zum Beginn der Transitionsfütterung gibt die stärkere Zunahme der Rückenfettdicke seit der Trockenstellung von Kühen mit Luteinzysten einen Hinweis auf ein erhöhtes Zystenrisiko. Das Risiko für das Auftreten von Follikelzysten spiegelt sich besonders im erhöhten Milchfettgehalt und Fett-Eiweiß-Quotienten der ersten Milchkontrolle wider. Dagegen ist der Eiweißgehalt von Tieren mit Follikelzysten bei der zweiten MLP signifikant niedriger.

    Das Auftreten von Ovarialzysten nimmt mit der Anzahl der Laktationen zu.
    Die Prävalenz von Ovarialzysten war 6 Wochen post partum mit 18,9% am höchsten. Die Auswertung von 132 Progesteronprofilen ergab, daß häufiger Follikel-Lutein-Zysten (LZ) als Follikel-Theka-Zysten (FZ) auftraten (61,7% vs. 38,3%). Von den 632 Rektalbefunden bis zum 70. Tag post partum wurden 15,4% ZOD diagnostiziert. 24% Zyklusstörungen durch Zysten wurden jedoch durch die P4-Messung gefunden. Bei 64% der 15,4% palpatorisch diagnostizierten ZOD ließen sich physiologische Zyklen feststellen.
    Von 44 Zystenbefunden im Ultraschall wurden 63,6% als FZ und 43,2% als LZ identifiziert. Durch die retrospektive P4-Messung wurden 38,6% FZ und 18,2% LZ diagnostiziert.
    Die einmalige rektale Palpation sowie die Sonographie lieferten unzureichende Ergebnisse hinsichtlich der Diagnose von zyklusbeeinflussenden Zysten. Nur mit Hilfe der Messung der Progesteronkonzentration in Milch oder Serum konnten eventuelle Zyklusarrhythmien eindeutig festgestellt werden.

    Die Ergebnisse sprechen für eine andauernde Leberbelastung durch eine latent azidotische (NSBA, pH im Harn) und ketotische (Bilirubin, FFS) Stoffwechsellage und machen die Bedeutung der Lipomobilisation für die Genese der ZOD deutlich. Die negative Energiebilanz scheint noch bis 10 Wochen post partum Auswirkungen auf die Leber zu haben und provoziert durch Leberverfettung und Ketose das Wachstum von Follikelzysten besonders 6 und 8 Wochen post partum.
    Die Ausbildung einer ZOD ist nicht sicher vorhersagbar. Durch eine vorsichtige Transitionsfütterung, die eine übermäßige Lipomobilisation und das Risiko einer Azidose limitiert, wird das Risiko reduziert. Warum Kühe unter identischen Haltungsbedingungen und ähnlichem Leistungsniveau so unterschiedlich auf die Belastung des Laktationsstart reagieren, wird in weiteren Untersuchungen untersucht werden müssen.
    Die Studie unterstreicht die Unmöglichkeit, durch eine einmalige rektale Untersuchung Zysten im Sinne von zyklusinhibierenden Gebilden sicher zu erkennen. Dies gilt auch, wenn die rektale Untersuchung durch die Ultraschalluntersuchung bestätigt wird.