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Die Embryogenese beruht auf einer Vielzahl von räumlich und zeitlich kontrollierten Prozessen, die aufeinander aufbauen. Ein wesentlicher Prozess bei der Bildung der Körperanlage und bei der Organogenese ist die Mesodermbildung. Sie beginnt mit der epithelialen mesenchymalen Transition (EMT), bei der epitheliale Zellen in mesenchymale Zellen umgestaltet werden, die dann in verschiedene Richtungen weiter differenzieren können. Darunter befindet sich das sogenannte präsomitische Mesoderm (PSM), aus dem die Somiten hervorgehen. Somiten sind u.a. die Vorläufer der Wirbelkörper und der Skelettmuskulatur.
Embryonale Prozesse wie die Mesodermbildung werden durch noch nicht vollkommen aufgeklärte Netzwerke von Regulatorgenen gesteuert. Eine Charakterisierung des Zusammenspiels aller beteiligten Regulatorgene ist daher elementar für die Aufklärung von Vorgängen in der frühen Embryogenese, wie EMT und Mesodermbildung und würde zudem zum Verständnis von Vorgängen in der Tumorprogression und Metastasierung beitragen, da die EMT auch hierbei einen zentralen Vorgang darstellt.
P19 Embryonale Carcinoma (P19 EC) Zellen dienten als Zellkulturmodell pluripotenter Stammzellen in vitro. Sie können in vitro zur Mesodermbildung induziert werden und damit zur Identifizierung von Regulatorgenen der Mesodermbildung verwendet werden.
Die Charakterisierung der P19 EC Zellen mittels einer Antikörpermarkierung wies auf einen epithelialen Zelltyp mit Stammzelleigenschaften hin. Sie exprimierten die Markergene Cdh1 und Oct4, die epitheliale Zellcharakteristik und Pluripotenz anzeigen; eine Expression des mesenchymalen Markers Vim wurde im Gegensatz dazu nicht detektiert.
Mittels Aktivierung der Wnt-Signalkaskade, die ein bei der EMT wichtiges Regelnetzwerk darstellt, sollte eine gezielte Induktion der P19 EC Zellen in Richtung Mesoderm ermöglicht werden. Alternativ sollte eine Differenzierung der P19 EC Zellen zu Mesoderm bzw. PSM mittels der Zugabe von DMSO oder einer Tbx6-Überexpression in den P19 EC Zellen untersucht werden. Mithilfe einer Microarray-Analyse sollte ein Gesamtüberblick über die sich dabei in ihrem Expressionsniveau verändernden Gene möglich werden. Durch Funktionsanalysen einzelner sich darin signifikant verändernder Gene wäre eine Eingliederung dieser Gene mit ihrer Funktion bei EMT und Somitogenese sowie im Embryo möglich.
Eine gezielte Aktivierung der Wnt-Signalkaskade durch die Induktion mit Wnt3a oder SB216763, als Inhibitor von Gsk3β, einem wichtigen Enzym in der Wnt-Signalkaskade, war nicht möglich. P19 EC Zellen ließen sich demnach nicht mittels der Wnt-Signalkaskade zu einer Differenzierung en bloc in Richtung Rumpfmesoderm induzieren.
Eine unspezifische Mesoderm-Induktion der P19 EC Zellen mit DMSO war dagegen möglich. Mittels Expressionsprofilierung auf einem Microarray konnten Mesoderm-spezifische Gene identifiziert werden. Der gleiche Effekt konnte allein durch Überexpression von Tbx6, einem essentiellen Regulator im PSM, erzielt werden. 24 Gene wurden bereits durch die alleinige Tbx6-Überexpression in den P19 EC Zellen beeinflusst. Aus diesen Genen wurden 12 auch durch die DMSO-Induktion allein reguliert. Die Überexpression des Transkriptionsfaktors Tbx6 in Kombination mit DMSO-Induktion begünstigte die Differenzierung der P19 EC Zellen in Richtung PSM.
Tbx6 führte unter anderem zur Aktivierung der Regulatorgene Mixl1, Nrarp und Tnfrsf19, die für die weitere Funktionsanalyse mittels RNA-Interferenz ausgewählt wurden. Ein „knockdown“ der Expression in P19 EC- und in ES Zellen war aber mit den dafür hergestellten Konstrukten nur mit Tnfrsf19 erzielbar. In vivo im Embryo erzielte jedoch auch dieses knockdown-Konstrukt keinen Phänotyp. Weitere Funktionsanalysen mittels Überexpression von Tnfrsf19 und einer vermutlichen dominant negativen Variante dieses Gens in vivo zeigten ebenfalls keinen Phänotyp.
Tnfrsf19 wurde sowohl als Zielgen des Wnt-Signalwegs als auch, in den eigenen Analysen aufgrund der Microarray-Daten, als Zielgen von Tbx6 identifiziert und scheint somit eine Rolle bei der Bildung von PSM zu spielen. Die vorliegende Arbeit erbrachte einen Hinweis auf eine Rolle von Tnfrsf19 bei der Bildung von PSM sowie der Somitogenese und identifizierte weitere Kontrollgene der EMT und Mesodermbildung im Mausembryo.