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In der vorliegenden Untersuchung wird die Haltung von Laborkaninchen in einem unstrukturierten, laborüblichen Metallkäfig (ýLaborkäfigý) mit der Haltung in einem strukturierten, geräumigen Kunststoffkäfig (ýMilieukäfigý) verglichen. Jeder Käfigtyp wurde auf seine Eignung für die Einzeltierhaltung als auch für die Paarhaltung weiblicher nichtreproduzierender Kaninchen geprüft. Untersucht wurden 48 Chinchilla-Bastard-Kaninchen in vier Gruppen von jeweils 12 Tieren, die in drei Altersbereiche (3,5 Monate, 5,5 Monate und 7,5 Monate) unterteilt waren. Schwerpunktmäßig wurden Ethogramme an den repräsentativen Tageszeiten sowohl für die minimale Aktivität (am Mittag) als auch für die maximale Aktivität (am Abend) erstellt. Die ethologischen Studien wurden durch Befunderhebungen des Gesundheitszustandes, des Gewichtes, von Pfotenveränderungen und Veränderungen der Hoppelfähigkeit ergänzt.
Ergebnisse:
Laborkäfig
Der Einzelkäfig wies mit 43x54 cm (= 2.322 cm²) eine so geringe Breite und Tiefe auf, dass die Bewegungsabfolge des Hoppelns nicht ausgeführt werden konnte, hier wurden Hoppelansätze unternommen. Die doppelte Breite im Paarhaltungskäfig erlaubte den Tieren Hoppeln mit stark verkürzter Schrittfolge. Eine Käfighöhe von 36,5 cm ließ kein artgemäßes Erkundungsverhalten durch Aufrichten zu, obwohl die Kaninchen bis ins Adultalter Aufrichtversuche unternahmen. Durch die räumliche Enge auch in der 3. Dimension sank die Hoppelfähigkeit fast aller Kaninchen im Altersbereich von 7,5 Monaten von ýgutý auf ýgenügendý bei der einen Hälfte und auf ýungenügendý bei der anderen Hälfte der Gruppe.
Der einstreulose Drahtgitterboden fügte den Tieren schadensträchtige Veränderungen an den Pfoten zu. Es kam zu zwei Krallenbrüchen und im Alter von 7,5 Monaten zeigten alle Tiere eine verdickte Epidermis oder Sohlenschwielen an den Pfoten.
Die Kaninchen in Einzelhaltung im Laborkäfig zeigten im Mittel die größten Gewichtszunahmen, was durch häufiges Fressen und geringe Bewegung verursacht wurde und
möglicherweise auch auf die geringe Stimulation durch den reizarmen Laborkäfig zurückzuführen ist. ýGitternagený kam im Vergleich zu den Einzeltieren im Milieukäfig seltener vor, allerdings wurde die Tränkflasche häufiger bearbeitet und z.T. aus der Halterung gestoßen.
Die Paarhaltungstiere im Laborkäfig hatten zu 9,4-18,7% soziale Kontakte mit der Artgenossin, vorwiegend als Kontaktliegen an der Partnerin. Sexuelle und aggressive Verhaltensweisen kamen selten vor. Ein schadensträchtiges Beissen der Partnerin konnte anhand von drei Bissverletzungen verifiziert werden. Entspanntes Liegen beider Kaninchen kam bedeutend weniger vor als in den anderen Haltungsformen und wird auf die räumliche Enge zurückgeführt.
Milieukäfig
Die Käfiggröße von 4.658 cm² (3.220 cm² offene Grundfläche, 1.438 cm² Fläche unter dem Liegebrett) ließ Bewegungsabfolgen wie Hoppeln mit verkürzter Schrittfolge zu, wobei die Kaninchen oftmals um die Standfläche des Liegebrettes hoppelten. Die für Lokomotion aufgewendete Zeit war doppelt bis dreifach so hoch wie im Laborkäfig. Die Käfighöhe von 66 cm gestattete den Tieren, sich zur Erkundung vollständig aufzurichten. Die Möglichkeit zum Auf- und Abspringen von der erhöhten Ebene und die Käfiggröße führte zu einer verzögerten Beeinträchtigung der Hoppelfähigkeit, konnte diese aber nicht völlig verhindern. Die Hoppelfähigkeit der Kaninchen verschlechterte sich bei der überwiegenden Zahl der Tiere im Altersbereich von 7,5 Monaten von gut auf genügend und nur bei einem Tier auf ungenügend.
Das Liegebrett mit seiner erhöhten Ebene als environmental enrichment wurde von den Einzelhaltungstieren zwischen 5,4-30,4% und den Paarhaltungstieren zwischen 9,3-30,5% der Beobachtungszeit genutzt.
Die Kaninchen der Einzelhaltung im Milieukäfig nutzten den strukturierten Käfig mit erhöhter Ebene und Unterschlupf ebenso wie die Paarhaltungstiere. Sie zeigten den größten Zeitanteil der Verhaltensweise Gitterbeissen.
Die Paarhaltung im Milieukäfig regte die Kaninchen zu stärkerem Bewegungsverhalten an. Sie nahmen weniger Nahrung auf als die anderen Gruppen und hatten die durchschnittlich geringste Gewichtszunahme. Das Sozialverhalten mit 18,2-26,6% am Gesamtbeobachtungszeitraum zeigte das rege gegenseitige Interesse der Tiere an der Artgenossin. Es dominierte dabei das Kontaktliegen an der Partnerin. Trotz der Rück-
zugsmöglichkeiten durch erhöhte Ebene und Unterschlupf suchten die Tiere im Milieukäfig viel häufiger die Sozialpartnerin auf. Eine aggressive Auseinandersetzung zeigte sich an einer geringfügigen Bißverletzung am Ohr eines der Tiere.
Vergleichende Beurteilung der beiden Käfigtypen:
Laborkäfig
Der Laborkäfig für die Einzeltierhaltung ist wegen seiner räumlichen Enge als nicht tiergerecht einzustufen. Auch eine Aufwertung des Laborkäfigs durch Nutzung als Doppelkäfig ist kritisch anzusehen. Die niedrige Käfighöhe, bei der das Aufrichten unmöglich ist, bliebe bestehen ebenso wie die Reizarmut dieses Käfigtyps.
Ein erfolgreiches Ausweichen oder Fliehen des subdominanten Tieres vor dem dominanten Tier ist bei der Paarhaltung im Laborkäfig nicht möglich, so dass der nicht-strukturierte Käfigtyp trotz weniger schadensträchtiger Auseinandersetzungen auch deshalb als nicht tiergerecht anzusehen ist.
Milieukäfig
Die Einzelhaltung von Tieren im Milieukäfig sollte - sofern es sich nicht um adulte männliche Tiere handelt - nur noch speziellen Fragestellungen vorbehalten sein. Aufgrund des gehäuft aufgetretenen Gitterbeissens ist der Käfig mit attraktiven bearbeitbaren Nageobjekten anzureichern.
Die Paarhaltung im Milieukäfig von zwei adulten weiblichen Kaninchen in diesem immer noch restriktiven, aber in seinen Abmessungen über das gesetzlich festgeschriebene Mindestmaß hinausgehenden Käfig, kommt den natürlicherweise sozial lebenden Tieren sehr entgegen. Die Strukturierung durch das Liegebrett erzeugt Anreize zur Bewegung und bietet gern genutzte erhöhte Beobachtungs- und Liegefläche sowie Rückzugsmöglichkeit. Die Käfiganordnung führt je nach Verhaltensweise zu unterschiedlichen Kontakten und ermöglicht so ein Kommunizieren der Tiere.
Schlussfolgerungen:
Die in den zur Zeit geltenden EG-Richtlinien genannten Haltungsnormen genügen nicht den Ansprüchen, die an eine artgerechte Tierhaltung gestellt werden müssen. Eine erweiterte Käfiggröße mit ausreichender Höhe und Strukturierung verschiedener Funktionsbereiche wie im Milieukäfig kommt den Bedürfnissen der Kaninchen in größerem Maße entgegen. Durch Einführung dieser Käfige in die Laborhaltung könnte außerdem je nach wissenschaftlichem Bedarf eine artgerechte Paarhaltung etabliert werden.
Comparative studies on the housing of single and pair-caged female laboratory r
abbitsIn this study the housing of laboratory rabbits in an unstructured metal c
age commonly used in laboratories (laboratory cage) has been compared with the h
ousing in a structured larger cage (environmental cage). Each cage type was test
ed for its suitability for housing single and paired female nonreproductive labo
ratory rabbits. A total of 48 chinchilla bastard laboratory rabbits were examine
d in four groups of 12 animals at 3.5 months, 5.5 months and 7.5 months of age.
In general, the entire behavioral rep.Results:Laboratory cageThe single cage (43
x54 cm = 2.322 cm2) had so little space that the animals could only attempt to h
op. Doubling the cage floor area enabled the animals to hop only with short step
s.Even though rearing was attempted by rabbits up to adulthood, this characteris
tic exploratory behavior could not be carried out with a cage height of 36.5 cm.
Due to the lack of space, hopping ability of almost all 7.5-month-old rabbits sa
nk from "good" to "sufficient" in 50% and to "insufficient" in the other half of
the group.The stainless steel cage harms the animals" hocks. There were two cas
s of broken claws, and all hocks showed thick epidermis or calluses at age of 7
5 months.Single-caged rabbits in the laboratory cage had the largest mean weigh
gain caused by frequent eating and little exercise due to boredom. Stereotypic
l behavior such as biting bars was seen less often in single-caged rabbits than
in the environmental cage, but they bit water bottles and pushed them out of th
ir mountings more frequently.SUMMARY 143Pair-caged rabbits in the laboratory ca
e had social contact with their counterparts 9.4-18.7% of the total time, predo
inantly expressed as lying in contact with the other rabbit. Sexual and aggress
ve behavior was rare. Harmful biting resulted in three injuries. Relaxed lying
f both animals was rarer than in the other systems and was due to the lack of s
ace.Environmental cageWith a cage floor area of 4.658 cm2 (3.220 cm2 open area,
1.438 cm2 area under the shelf), the animals were able to hop with short steps.
They often hopped around the stable leg of the shelf.A cage height of 66 cm all
owed the animals to completely rear for exploration.The period of locomotion was
two to three times higher than in the laboratory cage.Jumping up and down from
the shelf may slow down morphological changes in hopping motion, but it was not
prevented. The ability to hop deteriorated in most of the animals by the age of
7.5 months from "good" to "sufficient", and to "insufficient" in only one animal
.The shelf as an environmental enrichment was used by single-caged animals 5.4-3
0.4 % and by pair-caged animals 9.3-30.5 % of the observation time.In the enviro
nmental cage single-caged rabbits used the enriched system equipped with resting
shelf and hiding place in the same way as the pair-caged animals. These animals
showed bar biting most frequently.Compared to the other groups the pair-caged r
abbits in the environmental cage moved more than all other rabbit groups. They a
te less than the other groups and had the lowest mean weight gain. Social behavi
or comprised 18.2-26.6% of the observation time, pointing to a lively interest i
n the other animal. This was predominantly expressed by lying in contact with th
e other animal. In spite of the possibility of retreating to the shelf or hiding
under it, the rabbits cared for their social counterpart much mor.144 SUMMARYAs
sessment of the two cage types:Laboratory cageAccording to welfare requirements,
the laboratory cage for single-caged animals is not appropriate for the housing
of rabbits due to the lack of space. Even increasing the floor area by using th
e "double cage" is not adequate, since the low height of the cage, which prevent
s rearing, and little stimulation remain unchanged.When rabbits were kept as a p
air in the laboratory cage, the subordinate animal cannot retreat or escape when
a dominant animal is chasing it. The nonstructured cage is not appropriate for
the animals despite the lower number of injurious fights.Environmental cageIn th
e environmental cage, rabbits with the exception of adult males - should only
be kept as singles when used for testing special scientific hypotheses. Because
of frequent bar biting, the cage should be enriched with attractive objects for
gnawing.For housing female rabbits in pairs, the environmental cage shows more s
pace than prescribed by the minimum regulatory requirements. In addition, it off
ers places to retreat, which is very favorable for animals to socialize and exer
cise. The solid shelf is used for sitting, lying, jumping or hiding. The rabbits
seem to "communicate" in this cage type.Conclusions:The housing standards for c
aging rabbits fixed in the EC guidelines are inadequate to house rabbits in acco
rdance with animal welfare requirements.In contrast, the environmental cage test
ed in this study offers a larger living space, an adequate height and structure
(e.g. hiding place combined with resting shelf) suited to rabbitsnerds. We rwcen
ommend installing these cages in laboratories and housing rabbits in pairs, if p
ossible.A larger living space of adequate height structured with different funct
ional areas as in the environmental cage is particularly suited to rabbits" need
s. Installing these cages in laboratories may establish pair caging for differen
t scientific objectives.