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Lebermetastasen verschlechtern die Prognose von Patienten, die an kolorektalen Karzinom erkranken erheblich. Da chirurgische oder chemotherapeutische Behandlungsversuche oft nicht indiziert oder deren Ergebnisse unbefriedigend sind, besteht dringender Bedarf für die Entwicklung neuer Behandlungsmethoden.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit war es, im Vorfeld klinischer Studien das geeignetste Prodrug für eine liposomal vermittelte lokoregionäre HSV-tk-Suizidgentherapie von kolorektalen Lebermetastasen zu ermitteln. Pegylierte Liposomen dienten in dieser Arbeit als gefahrlose Genfähren. Sie wurden im Tierversuch zusammen mit einem Embolisat lokoregionär appliziert und transfizierten so die Lebermetastasen mit dem Thymidinkinasegen. Die nachfolgende Behandlung mit einem nicht toxischen Prodrug, welches von den transfizierten Zellen durch die eingebrachte Thymidinkinase in einen toxischen Metaboliten konvertiert wurde, trieb die Tumorzelle dann in den Suizid. Für diese Prodrug-Behandlung wurden die Nukleosidanaloga Valaciclovir (VCV, ein Valinsäurester des Aciclovir und damit oral verfügbar), Aciclovir (ACV, i.p. und in zwei Dosierungen appliziert) und Ganciclovir (GCV, i.p. appliziert) getestet. Einem oral verfügbaren Präparat wäre für die spätere klinische Anwendung gegenüber einer Tropfinfusion der Vorzug zu geben, da die Prodrugbehandlung 1-2 Wochen andauert.
Die in-vitro-Versuche unter Verwendung der Tumorzelllinien CC531 und F98 zeigten deutlich eine gesteigerte Zytotoxizität HSV-tk-transfizierter Zellen zugunsten des Prodrug GCV gegenüber dem ACV.
Bei den in-vivo-Versuchen am Lebermetastasenmodell der Ratte bestanden bei den oral VCV-behandelten Tieren und den in geringer Dosis ACV-behandelten Tieren keine signifikanten Wachstumshemmungen des CC531 Lebertumors am Ende der Behandlung gegenüber der Kontrollgruppe. Es zeigte sich aber im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikante Hemmung des Tumorwachstums bei den mit je 100 mg / kg ACV (p = 0,0048) respektive GCV (p = 0,0011) behandelten Hochdosisgruppen. Zwischen diesen beiden Hochdosisgruppen bestanden bezüglich des Tumorwachstums keine signifikanten Unterschiede. Daher wäre ein klinischer Einsatz hinsichtlich der therapeutischen Effizienz dieser hochdosiert und i.v. verabreichten Prodrugs nahezu gleichwertig zu beurteilen. Tendentiell scheint eine bessere Wirksamkeit des GCV vorzuliegen. In dieser Gruppe wurden bei zwei der zehn Tiere sogar Regressionen des sehr agressiv wachsenden CC531-Kolonkarzinomtumors erzielt.
Das Auftreten von Lungenmetastasen war ebenfalls nur in diesen beiden Behandlungsgruppen deutlich verringert (30 % der Tiere unter ACV-Hochdosisbehandlung, respektive 10 % der Tiere unter GCV-Hochdosisbehandlung, dagegen entwickelten etwa 60 % der Tiere in allen anderen Versuchsgruppen Lungenmetastasen).
Die gesteigerte Effektivität in den Hochdosisgruppen ist in erster Linie zurückzuführen auf das Erreichen deutlich höherer Plasmawerte, besonders für das GCV. Dagegen zeigte die mit dem oral verfügbaren Valinsäureester, VCV-behandelte Gruppe neben der nicht ausreichenden Tumorantwort wesentlich geringere Plasmawerte für das entstehende ACV. Die im Anschluss ausgeführte Auswertung von PCR-Messungen einer dafür eigens mit geführten Kontrollgruppe gab Aufschluss über Anreicherung und zeitlichen Verlauf der Genexpression in Organen. So wurde ein starker Expressionsabfall des therapeutischen Gen zwischen Tag 5 und Tag 9 nach Applikation nachgewiesen. Die verabreichte Thymidinkinase wurde bei diesem Tierversuch besonders in der Milz und auch der gesunden Leber nachgewiesen. Die Entwicklung eines geeigneten Therapiemonitoring nicht nur mit konventionellen Parametern (die Verwendung des Prodrug GCV erschien leicht myelosuppressiv), sondern auch im Sinne der Expressionsüberwachung ist daher anstrebenswert.
Die Ergebnisse der Arbeit belegen eindeutig, dass eine hohe Plasmakonzentration der Prodrugs Voraussetzung für eine effiziente Behandlung des Tumors ist. In unseren präklinischen Versuchen erwies sich die liposomal vermittelte HSV-tk Suizidgenstrategie mit allen verwendeten Prodrugs als gut verträgliche, nebenwirkungsarme Behandlung.