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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Tages- und Jahresrhythmus ausgewählter Verhaltensweisen von Araberpferden in ganzjähriger Weidehaltung:
    unter besonderer Berücksichtigung der Klima- und Fütterungsbedingungen (2003)

    Art
    Hochschulschrift
    Autor
    Kuhne, Franziska (WE 11)
    Quelle
    Berlin: Mensch und Buch Verl., 2003 — 211 Seiten
    ISBN: 3-89820-674-2
    Verweise
    URL (Volltext): https://refubium.fu-berlin.de/handle/fub188/5016
    Kontakt
    Institut für Tierschutz, Tierverhalten und Versuchstierkunde

    Königsweg 67
    14163 Berlin
    +49 30 838 61146
    tierschutz@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Vorrangiges Ziel der vorliegenden Arbeit war die Feststellung von Klima- und Fütterungsfaktoren, die die Verhaltensweisen aus den Funktionskreisen Nahrungsaufnahmeverhalten, Ausruhverhalten und Komfortverhalten von Araberpferden bei Weidehaltung unter naturnahen Bedingungen beeinflussen und wie die Pferde ihr Verhalten räumlich aufteilen. Ganzjährige Weidehaltung unter naturnahen Bedingungen entspricht am ehesten der Natur der Pferde, wenn dem ein entsprechendes sinnvolles Management zu Grunde liegt. In einer einjährigen Beobachtungszeit wurde das Verhalten von 10 Pferden und die Nutzung der zur Verfügung stehenden Koppel visuell beobachtet und aufgezeichnet. 24-Stunden-Beobachtungen fanden an 36 Tagen des Jahres statt. Weiter wurden die Tiere von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang an 5 Tagen je Monat beobachtet. Besonderes Interesse galt möglichen Verhaltensänderungen bei Einwirkung äußerer Stressoren, welche die Modalität, Intensität und Frequenz einzelner Verhaltensweisen der Pferde und des Familienverbandes beeinflussten. Klimadaten wurden mit Hilfe einer elektronischen Wetterstation erfasst. Die Charakteristik der 24-Stunden-Rhythmik wurde im Jahres- und Tagesverlauf dargestellt. Die Häufigkeit eines Verhaltens und die mittlere Dauer je Aktion wurden für jedes Pferd berechnet. Die Frequenz und die mittlere Dauer der Aktionen je Verhaltensweise wurden für das Jahr, den 24-Stunden-Tag und im Tag-Nacht-Vergleich ermittelt. Verhaltensänderungen der Pferde unter dem Einfluss spezieller Klima- und Futterbedingungen wurden durch den Vergleich mit der mittleren Tagesperiodik des Jahres aufgezeigt. Die Pferde verbrachten innerhalb von 24-Stunden 57-72% der Zeit mit der Nahrungsaufnahme, 23-36% der Zeit verbrachten sie ruhend, 0,05-0,3% der Zeit scheuerten, wälzten oder beknabberten sie sich und 1-6% der Zeit wurde für Lokomotion, unabhängig der untersuchten Verhaltensweisen, verwendet. Die bei den einzelnen Pferden verschieden stark ausgeprägten monatlichen Schwankungen im Zeitaufwand für das Grasen bzw. für das Heufressen sind eher in der unterschiedlichen Menge des zur Verfügung stehenden Heues zu suchen, als in der Vegetationssituation, was wiederum die starke Abhängigkeit der Nahrungsaufnahme von sozialen Beziehungen dokumentiert. Diese individuellen Unterschiede wurden im Mittel über das Jahr in der Frequenz zum Grasen mit 7-11 mal und in der mittleren Dauer je Graseaktion von 17-34 Minuten an einem 24-Stunden-Tag deutlich. Heufressen zeigten die Pferde in einer Frequenz von 16-24 mal mit einer mittleren Dauer von 21-37 Minuten je Aktion. Die Aktionsunterschiede konnten auch in den anderen Funktionskreisen beobachtet werden. Die Pferde dösten innerhalb von 24-Stunden 13-23 mal mit einer mittleren Dauer von 19-26 Minuten. Die Tiere legten sich 1-2 mal hin und ruhten dann für 15-30 Minuten. Die untersuchten Verhaltensweisen des Komfortverhaltens konnten nicht täglich beobachtet werden. Zeigten die Pferde "Scheuern", "Wälzen" oder "Beknabbern", führten sie es für 1-5 Minuten durch. Die Tiere zeigten Lokomotion außerhalb der untersuchten Verhaltensweisen 14-25 mal täglich mit 2-3 Minuten je Aktion. Entsprechend der verschiedenen Aktionsfrequenzen und -dauer der Pferde ergaben sich individuell völlig unterschiedlich strukturierte saisonale Periodika. Die Nahrungsaufnahme fand bei der Mehrzahl der Pferde in der Lichtzeit des Tages, mit einer sich entsprechend der Hell-Dunkel-Phasen des Jahresverlaufes entwickelnden Periodik, statt. So wurde von den Pferden besonders zwischen 7:00 und 19:00 Uhr gegrast. Die Tiere grasten tags 6-9 mal mit einer mittleren Dauer je Aktion von 17-32 Minuten. In der Nacht grasten die Pferde 1-3 mal mit einer Dauer von 7-19 Minuten. Heu wird insgesamt bevorzugt in der Dunkelzeit eines 24-Stunden-Tages gefressen. Ranghohe Pferde folgten am deutlichsten dem Jahresverlauf der Hell-Dunkel-Phasen beim Heufressen, rangniedere Pferde fraßen über den Tag verteilt in uneinheitlichen Zeitintervallen und mit unterschiedlicher Dauer je Aktion. Die Frequenz zum Fressen von Heu betrug tags 7-14 mal mit einer mittleren Dauer je Aktion von 21-45 Minuten und nachts 9-11 mal mit einer mittleren Dauer je Aktion von 24-42 Minuten. Längere Ausruhperioden zeigten die Pferde in der Dunkelzeit des 24-Stunden-Tages. Im Jahresverlauf verschob sich der Beginn der Hauptdösperioden bei den meisten Pferden mit der Dämmerung, d.h. in den Sommermonaten wurde ab 20:00-21:00 Uhr und in den Wintermonaten ab 17:00-18:00 Uhr für längere Zeit gedöst. Dabei zeigten besonders rangniedrige Tiere über das Jahr verteilt auch tagsüber längere Ruhephasen. Ausruhen im Liegen wurde besonders von Mitternacht bis Sonnenaufgang ausgeführt. Die Pferde dösten am Tag 6-12 mal mit einer mittleren Dauer je Aktion von 13-22 Minuten und in der Nacht 7-11 mal mit einer mittleren Dauer je Aktion von 23-36 Minuten. Die Pferde ruhten tags nicht täglich im Liegen aus, wenn die Tiere lagen, dann aber für 14-34 Minuten. In der Nacht lagen die Tiere 1-2 mal für 15-33 Minuten. Die Pferde präferierten im Tag-Nacht-Vergleich eindeutig den Tag zum Grasen, auch die mittlere Dauer je Aktion war tags tendenziell länger. Heufressen hingegen zeigten die Tiere tendenziell tags häufiger und nachts länger je Aktion. Zwischen den Tagen und Nächten der Monate konnten auffällige Unterschiede bei der Nahrungsaufnahme beobachtet werden. Der Tag-Nacht-Vergleich je Monat zeigte Auffälligkeiten im Graseverhalten der Pferde sowohl was die Frequenz als auch was die mittlere Dauer je Aktion betrifft. Beim Heufressen konnten für die Frequenz, im Gegensatz zur mittleren Dauer je Aktion, nur wenige auffällige Unterschiede im Tag-Nacht-Vergleich je Monat beobachtet werden. In der Ausruhfrequenz präferierten die Pferde im Mittel über das Jahr weder den Tag noch die Nacht. In der mittleren Dauer je Aktion tendierten die Tiere zum längeren Ruhen in der Nacht. Zwischen den Tagen und Nächten der Monate konnten auffällige Unterschiede im Ausruhverhalten beobachtet werden. Der Tag-Nacht-Vergleich je Monat ergab in der Regel für die Ausruhaktionen keine Auffälligkeiten. Auffällige Unterschiede machten die Tiere in der mittleren Dauer je Aktion zum Ruhen zwischen den Tagen und Nächten je Monat. Komfortverhalten und Lokomotion zeigten die Pferde besonders tagsüber. Der Vergleich der Tag-Nacht-Differenz der mittleren Dauer je Aktion einer Verhaltensweise mit der Tag-Nacht-Differenz der Gesamtzeit, welche am Tag und in der Nacht für dieselbe Verhaltensweise von den Pferden aufgewendet wurde, ergab gleiche und gegenläufige Tendenzen. Die räumliche Verteilung der Nahrungsaufnahme auf die Koppel wurde durch die Zufütterung von Heu, von den Heustellen und den zwei Grasflächen bestimmt. Auch während des Ausruhens hielten sich die Tiere bevorzugt in der Nähe der Heustellen bzw. auf den Gasflächen auf. Zum Wälzen nutzten die Pferde ebenfalls die zwei großen Grasflächen und zum Scheuern den Unterstand und die Baumgruppe auf der Koppel. Verhaltensänderungen bei Einwirkung äußerer Stressoren wurden für extreme klimatische Bedingungen - Gewitter, hohe Umgebungstemperaturen, starker Wind bei niedrigen Umgebungstemperaturen -, und für unterschiedliches Heuangebot im Vergleich zur Jahresperiodik beschrieben. In ihrer Nahrungsaufnahme, speziell der Graseaktion, und im Ausruhverhalten ließen sich die Pferde stärker von der zur Verfügung stehenden Heumenge beeinflussen als von Regen oder Gewitter. Die Pferde, besonders die ranghohen Stuten, nutzten bei hohen Umgebungstemperaturen während des Grasens zum Teil die Luftbewegung der freien Koppelflächen. Einige Tiere, rangniedrige Stuten und der Hengst, fraßen trotz hoher Lufttemperatur vermehrt Heu, worin die Abhängigkeit des Verhaltens vom sozialen Rang des Tieres deutlich wird. Alle Pferde zeigten unabhängig vom Nahrungsangebot und dem sozialen Rang verlängertes Ausruhverhalten an heißen Tagen. In der vegetationsarmen Jahreszeit versuchten die Pferde bei niedrigen Umgebungstemperaturen und hohen Windgeschwindigkeiten die Nahrungsaufnahme unabhängig von der zur Verfügung stehenden Heumenge zu erhöhen. Die Pferde zeigten unter Ausnutzung des Windschattens der Bäume verlängerte Graseaktionen. Windschutz war den Pferden an allen verglichenen Vormittagen wichtiger als Regenschutz, nur zum Dösen suchten die Tiere auch den Unterstand auf. Bei unter naturnahen Bedingungen gehaltenen Pferden werden die artspezifischen Bedürfnisse eines Pferdes: kontinuierliche, ruhige Bewegung; Leben im Gruppenverband; Kontakt zur Umwelt und eine auf die Verdauungsphysiologie abgestimmte Fütterung weitestgehend berücksichtigt. Eine kurzfristige Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Tiere in Einzelfällen und -situationen tritt im Zuge von Managementmaßnahmen, welche beeinflussbar sind, und im Zusammenhang mit klimatischen Stresssituationen, welche weniger beeinflussbar sind, auf.