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Im Rahmen des REACH Programms der neuen europäischen Chemikalienpolitik sollen in den nächsten Jahren 30 000 Altsubstanzen auf ihr toxikologisches Potential untersucht werden. Hierfür sollen wenn möglich valide Alternativmethoden zu Tiersuchen eingesetzt werden. In der Reproduktionstoxikologie ist hierfür die Whole Embryo Culture (WEC) ein Kandidat. In dem bisher vorgeschriebenen Kulturmedium der WEC von 100% Rattenserum (RaS) begründen sich zwei Nachteile: 1. für die Gewinnung des RaS werden Spendertiere getötet und 2. gefährdet die Chargenvariabilität die Vergleichbarkeit der Ergebnisse. Das Ziel dieser Arbeit war es, ein Kulturmedium zu etablieren, das in diesen Kriterien dem RaS überlegen ist. Handelsübliche Rinderseren, wie Fötales Bovines Serum (FBS), Donor Bovines Serum (DBS) und Adultes Bovines Serum (ABS), waren bisher als Kulturmedium der WEC nicht geeignet. Die Untersuchung sowohl dieser als auch der Einflussgrößen des Herstellungsprozesses auf die Eignung der Rinderseren für die WEC resultierten in zwei neuen Kulturmedien. Die Basis ist entweder die Kombination von FBS und DBS oder das Donor Pregnant Bovine Serum (DPBS), einem speziell für die WEC in der industriellen Herstellung neu etablierten Subtyp des DBS. Beide werden mit 10% Rattenserum supplementiert und ermöglichen eine vergleichbare Entwicklung von Embryonen wie in 100% Rattenserum. Weiterhin wurde die Bedeutung von Wachstumsfaktoren (Insulin-like Growth Factor-1 [IGF-1], Epidermal Growth Faktor [EGF] und Vascular Endothelial Growth Factor [VEGF]) als Alternative für die Supplementierung von Rinderseren mit RaS untersucht. Mit RT-PCR Analysen ihrer Rezeptoren im Vergleich zwischen In-vivo- und In-vitro-Embryonen bzw. Untersuchungen der Supplementierung des Rinderserums mit den einzelnen Wachstumsfaktoren in der WEC konnte insbesondere mit VEGF der Effekt der Supplementierung von heterologem Serum mit 10% Rattenserum teilweise reproduziert werden. Eine Änderung in der Sensitivität der Embryonen gegenüber Testsubstanzen durch den Einsatz der neuen Kulturmedien konnte durch die Untersuchung von Penicillin G, Ethanol, Valproinsäure, all-trans Retinsäure und 5-Fluorouracil ausgeschlossen werden. Die Konzentrations-Effekt-Beziehungen als auch die spezifisch auftretenden Anomalien waren vergleichbar mit den Ergebnissen von anderen WEC- oder In-vivo-Studien. Die neu etablierten Kulturmedien ermöglichen eine Senkung des Tierverbrauchs für die Herstellung des Kulturmediums der WEC um 90% und die Erhöhung der Chargen des Kulturmediums von 50 – 80 ml auf 20 000 – 50 000 ml. Um die Verfügbarkeit für jedes Labor zu gewährleisten, wurden diese Kulturmedien in das Produktportfolio der kooperierenden Firma (Biochrom AG, Berlin) aufgenommen. Es wurde zwei Kulturmedien für die WEC etabliert, welche die benötige Standardisierung der WEC mit der entsprechenden Reproduzierbarkeit aller Auswertungsparameter ermöglichen und gleichzeitig den Tierbedarf für die WEC deutlich reduziert.