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Es wurden der Tages- und Jahresrhythmus ausgewählter Verhaltensweisen von Przewalskipferden unter seminatürlichen Haltungsbedingungen – mit besonderer Berücksichtigung der Klimabedingungen untersucht.
Im Rahmen des Europäischen Erhaltungsprojekts für das Przewalskipferd (EEPP) wurde im Land Brandenburg, im Biosphärenreservat Schorfheide ein Semireservat für Przewalskipferde eingerichtet. Das Projekt verfolgt die Vorbereitungen zur Wiederauswilderung der Przewalskipferde in ihren ursprünglichen Lebensraum, den Trockengebieten in Zentralasien.
Das vorrangige Ziel dieser Arbeit war, den Einfluss von Klimafaktoren auf die Verhaltensweisen Nahrungsaufnahme, Ausruhverhalten, Fortbewegungs-verhalten und Komfortverhalten von Przewalskipferden, unter der jeweiligen Berücksichtigung der Flächennutzung, in der naturnahen Haltung eines Semireservats festzustellen.
In einer einjährigen Beobachtungszeit wurden die verschiedenen Verhaltensweisen der elf Przewalskistuten und die Nutzung der zur Verfügung stehenden Fläche visuell beobachtet und dokumentiert. An insgesamt 46 Tagen des Jahres 2000 wurden von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang alle fünf Minuten die jeweiligen Verhaltensweisen und Standorte aller Pferde in einem Beobachtungsprotokoll niedergeschrieben. Mit Hilfe einer stationären elektronischen Wetterstation wurden die Klimadaten erfasst.
Die Häufigkeiten einzelner Verhaltensweisen der Pferde wurden summiert und deren prozentualer Anteil am Gesamtverhalten der Pferde in Bezug auf das gesamte Jahr und die einzelnen Jahreszeiten ermittelt. Zusätzlich wurde die durchschnittliche Tagesrhythmik im Jahres- und Jahreszeitenverlauf dargestellt. Weiterhin wurde der Einfluss spezieller Klimabedingungen auf die Häufigkeiten einzelner Verhaltensweisen aufgezeigt. Letztendlich wurde die prozentuale Nutzung einzelner Teilflächen im Jahr, in den Jahreszeiten und für bestimmte Verhaltensweisen berechnet.
Im Jahresdurchschnitt verbrachten die Przewalskipferde anteilig vom Gesamtverhalten 54,3% der Beobachtungszeit mit der Verhaltensweise Grasen, 35,4% mit der Verhaltensweise Dösen, 4,1% mit der Verhaltensweise Stehen, 3,5% mit der Verhaltensweise Gehen, 2,6% mit dem Komfortverhalten und 0,1% mit der Wasseraufnahme. Zwischen den einzelnen Jahreszeiten ergaben sich Unterschiede in den verschiedenen Häufigkeiten der einzelnen Verhaltensweisen, bei der Futteraufnahme anteilig vom Gesamtverhalten bis zu 9,18%, beim Ruheverhalten bis zu 15,13%, bei der Lokomotion bis zu 6,06% und bei der Verhaltensweise Stehen bis zu 7,84%. Somit waren die Frühlings- und Wintertage die Tage, an denen die Przewalskipferde am häufigsten Graseaktivität und Lokomotion zeigten, die Sommer- und Frühlingstage die Tage mit den höchsten Prozentsätzen im Ruheverhalten und nah beisammen Stehen. Die Begründungen für diese jahreszeitlichen Schwankungen sind in der jeweiligen konditionellen Situation der Pferde und den entsprechenden Vegetationsgegebenheiten zu sehen.
In der Tagesrhythmik gab es zwar Schwankungen bezüglich der Dauer der beiden Hauptverhaltensweisen Grasen und Dösen, jedoch zeigten sich über die Jahreszeiten identische Tagesperioden zur Futteraufnahme und zum Ruheverhalten. In allen Monaten war durchschnittlich eine kurze Ruhephase in der Vormittagszeit gegen 10.00 Uhr zu beobachten. Anschließend folgte eine unterschiedlich lange Phase, in der fast alle Tiere mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt waren. Zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr grasten und dösten dann durchschnittlich gleich viele Tiere. Ab ca. 15.00 Uhr begann die Hauptgrasezeit, in der die Pferde bis zur Abenddämmerung mit der Futtersuche beschäftigt waren.
Es wurden die Einflüsse äußerer Stressoren in Form von Klimaveränderungen und deren Auswirkung auf das Grase- und Ruheverhalten, sowie auf das nah zusammen Stehen und Liegen während des Ruheverhaltens und in der Standortwahl der Pferde beschrieben. Es zeigte sich, dass alle Pferde ein verlängertes Ausruhverhalten an heißen Tagen bevorzugten und an diesen vermehrt die Nähe untereinander zur Insektenabwehr suchten. Einen Einfluss des Niederschlags auf die Verhaltensweisen der Pferde konnte nicht festgestellt werden. Eine Präferenz für verschiedene Teilflächen bei unterschiedlichen Klimabedingungen wurde von den Pferden nicht gezeigt.