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Stallfliegen stellen in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ein großes Problem dar. Neben einer Leistungsminderung durch massive Belästigungen während der Sommermonate fungieren Musziden vor allem als Krankheitsüberträger [1]. Mehr als 100 Krankheitserreger sind aus Fliegen isoliert worden, von denen 65 gesichert übertragen wurden [2]. Unsachgemäßer und häufiger Gebrauch von den verfügbaren Insektiziden kann innerhalb weniger Fliegengenerationen zur Entwicklung von Resistenzen führen.
Material & Methoden: Ziel der Arbeit war es, das Vorkommen und die Verbreitung von Resistenzen bei Musziden in Milchviehbetrieben im Bundesland Brandenburg zu dokumentieren, um betroffenen Betrieben eine individuelle und wirksame Beratung hinsichtlich zukünftiger Fliegenbekämpfung zu geben. Gleichzeitig wurde mit der ?FlyBox®? ein kürzlich entwickeltes Verfahren auf seine Eignung als mobiler Feldtest für die Diagnose von Resistenzen untersucht. Die Resistenzprüfungen fanden von Juni bis November 2008 auf 60 Milchviehbetrieben statt. Eine Überprüfung der Wirkung des Pyrethroids Deltamethrin als Kontaktinsektizid erfolgte mit Hilfe der ?FlyBox®?, die innen mit einem insektizidbehandelten Netz ausgekleidet war. In Fütterungsversuchen wurden die Wirkstoffe Spinosad, Thiamethoxam und Imidacloprid auf ihre Wirksamkeit untersucht. Nach dieser Querschnittsuntersuchung wurden dann Fliegen aus 15 besonders auffälligen Betrieben eingefangen und im Labor nachgezüchtet, um ihre Empfindlichkeit unter kontrollierten Bedingungen mit etablierten Verfahren und einer Auswahl vorher nicht eingesetzter Wirkstoffe untersuchen zu können. Bei diesen Evaluierungen kamen mit dem elektronischen Pipettiersystem EDOS 5222 der Firma Eppendorf topikal appliziertes Lambda-Cyhalothrin als weiteres Pyrethroid, Imidacloprid und Thiamethoxam im modifizierten Fütterungsversuch sowie die Larvizide Cyromazin und Triflumuron zum Einsatz. Für alle Laboruntersuchungen wurden vorzugsweise Fliegen bzw. Stadien der F1-Generation in vergleichbarem physiologischen Zustand verwendet.
Ergebnisse: Nach Deltamethrin-Exponierung in der?FlyBox®? ergaben sich bei Feldpopulationen von 58 der 60 Betriebe entweder keine oder eine reduzierte Paralyse; gegenüber Thiamethoxam waren 9 von 60 Populationen auffällig; und bei 52 von 60 Fliegenpopulationen gab es abweichende Reaktionen gegenüber Imidacloprid. Lediglich Spinosad erwies sich noch als voll wirksam.
Während die topikale Applikation von Lambda-Cyhalothrin bei dem sensiblen WHO-Stamm schon bei der ?Discriminating Dose? (DD) (2,5 ng a.i./Fliege) zu 100% Mortalität führte, betrug die maximale Mortalität lediglich 27% bei einer der nachgezüchteten Feldpopulationen. Erst die 1024fache DD (2560 ng a.i./Fliege) führte nach 48 Stunden bei 10 der 15 Feldpopulationen zu 100% Mortalität. Im modifizierten Fütterungsversuch mit Thiamethoxam und Imidacloprid waren bei einer Dauer über 48 Stunden 14 von 15 bzw. 3 von 15 Populationen zu 100% abgestorben. Die larvizide Wirkung von Cyromazin zeigte nach Einsatz der DD (0,75ppm) bei 12 von 15 Populationen volle Wirksamkeit. Für Triflumuron DD (2ppm) waren in 4 von 15 Populationen alle Fliegen gestorben.
Schlussfolgerungen: Von den untersuchten Feldpopulationen erwiesen sich lediglich zwei von insgesamt 60 als voll empfänglich gegenüber Deltamethrin. Abweichungen wurden auch beim Einsatz von Thiamethoxam (9 von 60 Populationen) und bei 52 von 60 Fliegenpopulationen gegenüber Imidacloprid festgestellt. Diese Ergebnisse konnten im Labor mit etablierten Verfahren bestätigt werden. Lediglich Spinosad erwies sich noch als voll wirksam Zur Bekämpfung von M. domestica ist deshalb ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich, bei dem neben einem strategischen Einsatz von Bioziden auch sanitäre Maßnahmen (Stallhygiene) eine wichtige Rolle spielen müssen. Die kontinuierliche Resistenzüberwachung sollte ein fester Bestandteil von Planung, Auswahl und ggf. auch Rotation der eingesetzten Biozide sein.