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In einem milcherzeugenden Betrieb in Brandenburg wurden tierindividuelle Indikatoren hinsichtlich ihrer Fähigkeit zukünftig auftretende Erkrankungen, abweichende Milchleistungsparameter und auffällige Stoffwechselparameter anzuzeigen untersucht. Insgesamt wurden 417 multipare Milchkühe in der postpartalen Transitionsperiode (Tag 1 bis 40 post partum) untersucht. An den Tagen 1 bis 6 post partum, 10 und 40 post partum wurden nach einem festgelegten Untersuchungsplan die Indikatoren Pansen, Augen, Ohren, Schmutz, Körpertemperatur, Bewegung, Klauenstellung und Standruhe beurteilt. Grundlage dafür war ein Beurteilungsschlüssel, der den verschiedenen Befunden der Indikatoren Noten zuordnete. An den Tagen 1, 4, 10+2 und 40+4 post partum wurden Blutproben entnommen und das Serum hinsichtlich ausgewählter Stoffwechselparameter untersucht. Der größte Anteil vom physiologischen Zustand abweichender Befunde der tierindividuellen Indikatoren trat zu Beginn der postpartalen Transitionsperiode auf. Am Tag der Kalbung zeigte ein größerer Anteil Tiere eine unzureichende Pansenfüllung (37,4% vs. 9,1%), Enophtalmus (24,7% vs. 9,3%), kalte Oberflächentemperatur der Ohren (21,6% vs. 6,5%) und Stand-Unruhe (20,6% vs. 6,7%) als am Tag 40 post partum. Die Indikatoren zeigten Assoziationen über mehrere Untersuchungszeitpunkte und verschiedenen Indikatoren hinweg. Die Laktationsnummer hatte auf die Körperkondition zum Zeitpunkt der Kalbung einen signifikanten Einfluss (p<0,05). Umfeldbedingungen wie die Einstreubeschaffenheit und die Lufttemperatur beeinflussten signifikant den Indikator Schmutz (p<0,05) und neben der Körpertemperatur am Tag der Kalbung (p<0,05) die Oberflächentemperatur der Ohren (p<0,0001). Die tierindividuellen Indikatoren wurden einzeln und in Kombination hinsichtlich ihrer Sensitivität und Spezifität für Erkrankungen (Ret.sec., Endometritis, Mastitis, Erkrankungen des Bewegungsapparates) untersucht. Die Werte der Sensitivität blieben dabei nahezu durchgehend im Bereich 0-50%, während die Spezifität je nach Indikator oder Kombination den Bereich 50-100% einnahm. Ein zeitlich enger Bezug zwischen Indikatorerfassung und Diagnose wirkte sich positiv aus. Auch die Milchleistung und Milchzellgehalte sowie Bilirubin, GLDH und Nichtveresterte Fettsäuren im Serum wiesen verhältnismäßig niedrige Sensitivität bei höherer Spezifität hinsichtlich des zukünftigen Auftretens klinischer Erkankungen (Retentio secundinarium, Endometritis, Mastitis) und des Abganges auf. Die untersuchten tierindividuellen Indikatoren sind in der Lage, einen Teil der risikobelasteten Tiere zu identifizieren. Sie erlauben jedoch keine prognostische Aussage hinsichtlich Erkrankungswahrscheinlichkeit und Leistungsparametern. Die Nutzung der tierindividuellen Indikatoren liegt somit in der Anwendung als Entscheidungshilfe zur Vorstellung zur weitergehenden tierärztlichen Untersuchung.