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Die Aufnahme des Tierschutzes unter die Staatsziele der Bundesrepublik Deutschland hat für die konkrete Regelung des betäubungslosen Schlachtens nur eine mittelbar klärende Funktion, insofern als Tierschutz und Grundrechte nun überhaupt erstmalig als formal gleichrangig zueinander in ein Verhältnis gesetzt werden können. Diese Bestimmung des Verhältnisses wurde – trotz öffentlicher Empörung – bislang weder von einem Gericht noch von der Bundesregierung vollzogen, obwohl beide Seiten infolge der sich an Legislative, Exekutive und Judikative richtenden Staatszielbestimmung dazu befugt wären. Die Entscheidung wird vielmehr von allen Beteiligten weitergereicht, und auch die EU hat bereits verdeutlicht, das Thema „religiöse Riten“ als aus ihren gemeinschaftlichen Tierschutzvorschriften ausgeklammert zu betrachten und die diesbezüglichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften ihrer Mitgliedstaaten zu berücksichtigen (Tierschutzprotokoll des Vertrags von Amsterdam, ABl C 340/110 vom 10.11.1997). Aus der durch das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 15. Januar 2002 erfolgten Auslegung der seinerzeit bestehenden Rechtslage und dem öffentlichen Unwillen, die praktischen Konsequenzen einer derartigen Rechtslage zu verantworten, resultiert die Notwendigkeit, „unverzüglich nähere Regelungen zu treffen, unter welchen Umständen das Schächten ausnahmsweise zulässig ist“ (Bundesratsentschließung). Eine solche Entscheidung sollte vom Gesetzgeber durch Präzisierung des § 4a TSchG erfolgen. Grundsätzlich stehen dabei zwei Alternativen zur Auswahl: 1. Ein ausnahmsloses Verbot des Schlachtens ohne vorherige Betäubung, wie derzeit in Europa in Island, Norwegen, Schweden und der Schweiz. 2. Ein religiöses Schlachten mit Tierschutz-Kompromiss, wie derzeit in Europa in Österreich und Dänemark.