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Fachbereich Veterinärmedizin


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    Publikationsdatenbank

    Nabelentzündungen – Risikofaktoren, Prophylaxe und beteiligte Erreger (2025)

    Art
    Vortrag
    Autor
    Meier, Kim Kristin (WE 18)
    Kongress
    100 Jahre Klinik für Rinder in Hannover : Buiatrisches Symposium anlässlich des Jubiläums
    Hannover, 26. – 27.09.2025
    Quelle
    Kontakt
    Nutztierklinik

    Königsweg 65
    14163 Berlin
    +49 30 838 62261
    klauentierklinik@vetmed.fu-berlin.de

    Abstract / Zusammenfassung

    Nabelentzündungen zählen zu den häufigsten Erkrankungen des Kalbes und können unbehandelt zum Tod führen. Daher sind effektive Prävention, regelmäßige Nabelkontrollen und eine frühzeitige, konsequente Behandlung von großer Bedeutung. In Deutschland kommen vor allem jodhaltige Antiseptika sowie Chlortetrazyklin-Spray im Rahmen einer präventiven Nabelpflege („Nabeldesinfektion“) zum Einsatz. Deren Wirksamkeit wird allerdings sehr unterschiedlich bewertet. Zur Behandlung nabelkranker Kälber werden vorrangig Penicillin und Amoxicillin eingesetzt. Allerdings gibt es keine aktuellen Daten zur Erregervielfalt am Nabel und deren Resistenzsituation gegenüber den eingesetzten Antibiotika. Im Rahmen der PraeRi-Studie (Prävalenzstudie Rind, 2016 – 2019) und der NabRes-Studie (Bakterielle Erreger am Nabel und ihre Resistenz gegenüber gängigen Antiinfektiva, 2022 – 2024) wurde die Häufigkeit von Nabelentzündungen bei Kälbern und Einflussfaktoren auf die Nabelgesundheit in verschiedenen Betrieben untersucht. Außerdem wurde die Erregervielfalt im Nabel gesunder und nabelkranker Kälber, sowie die Wirksamkeit der gängigen Antibiotika auf diese Erreger überprüft.

    Risikofaktoren und Einfluss der Nabelpflege (PraeRi-Studie)
    Auf den Betrieben (bei 3.445 untersuchten Kälbern) wurde im Median bei jedem vierten Kalb zwischen dem 5. und 21. Lebenstag eine Nabelentzündung festgestellt (25,0 %, IQR: 0,0 – 50,0 %). Die erfragten Behandlungsinzidenzen lagen mit 4,5 % (Median) in den letzten 12 Monaten vor dem Bestandsbesuch hingegen deutlich unter den festgestellten Krankheitshäufigkeiten. Mittels multifaktorieller Analysen konnten aus einer Vielzahl untersuchter möglicher Einflussfaktoren auf die Nabelgesundheit, drei Risikofaktoren identifiziert werden. Während trockene Liegeflächen in den ersten zwei Lebenswochen (Incidence Rate Ratio (IRR) = 0,77) und ein Verbleib des Kalbes bei der Kuh von mehr als 12 Stunden (IRR = 0,75) das Risiko einer Nabelentzündung reduzierten, erhöhte ein Body Condition Score der Kuh jenseits der optimalen Kondition zum Zeitpunkt der Kalbung das Nabelentzündungsrisiko um das 1,4-fache. Faktoren wie die Menge an Erstkolostrum und die Art des Abkalbebereiches hatten in unserer Studie keinen Einfluss auf die Nabelentzündungsprävalenz. In Betrieben ohne routinemäßige Nabelpflege erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit für eine Nabelentzündung auf das 2,3-fache verglichen mit einem regelmäßigen Einsatz. Das Einbringen eines Mittels in die Nabelschnur senkte die Wahrscheinlichkeit für eine Nabelentzündung um 60 % im Vergleich zu Betrieben, die keine Maßnahmen zur Nabelpflege ergriffen (Odds Ratio = 0,4). Eine wiederholte Nabelpflege reduzierte die Wahrscheinlichkeit auf das 0,6-fache. Wenn Handschuhe während des Vorganges getragen wurden, stieg die Wahrscheinlichkeit für eine Nabelentzündung auf das 1,3-fache im Vergleich zum Nichttragen von Handschuhen. Dies zeigt, dass neben der Nabelpflege auch die Art der Durchführung einen Einfluss auf die Entstehung einer Nabelentzündung bei Kälbern hat. Grundsätzlich spielen das Management von Kuh und Kalb und die Geburtshygiene eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Nabelentzündungen.

    Erregervielfalt und aktuelle Resistenzlage im Kälbernabel (NabRes-Studie)
    Untersuchungen in fünf Milchkuhbetrieben in Brandenburg zeigten teils signifikante Unterschiede in der Erregervielfalt zwischen 47 neugeborenen Kälbern (105 Bakterienspezies) und 106 Kälbern mit Nabelentzündung (100 Bakterienspezies). Einige Erreger – darunter Bacteroides spp., Staphylococcus aureus, Streptococcus dysgalactiae, Streptococcus uberis und Trueperella pyogenes – wurden fast ausschließlich bei nabelkranken Kälbern isoliert. Für ausgewählte Erreger (Escherichia coli (n=139), Staphylococcus aureus (n=44), Trueperella pyogenes (n=44), Streptococcus dysgalactiae (n=13), Streptococcus uberis (n=41), Klebsiella spp. (n=23)) wurden die minimalen Hemmkonzentrationen (MHKs) mittels Bouillon-Mikrodilution bzw. VITEK® 2 compact (bioMérieux) bestimmt. Über zwei Drittel (68,2 %) der S. aureus-Isolate aus Nabelentzündungen waren Methicillin-resistent (MRSA). Alle übrigen Erreger wiesen hohe Empfindlichkeitsraten gegenüber Amoxicillin/Clavulansäure auf. Die Streptokokken und Trueperellen waren empfindlich gegenüber Penicillin, einem first-line Antibiotikum bei Nabelentzündungen. Gegenüber Tetrazyklin zeigten alle Erreger nur geringe Empfindlichkeiten. Die MHK-Werte der E. coli waren bei nabelkranken Kälbern insgesamt höher als bei neugeborenen Kälbern. Außerdem zeigten E. coli-Isolate nabelkranker Kälber, die von Betrieben stammten, welche Chlortetrazyklin-Spray zur Nabelpflege einsetzten, geringere Empfindlichkeit gegenüber Ampicillin, Enrofloxacin, Tetrazyklin und Trimethoprim/Sulfamethoxazol im Vergleich zu Isolaten von Kälbern aus Betrieben, die eine Iodformulierung verwendeten. Die große Erregervielfalt erschwert die Identifizierung von Infektionserregern. Die geringen Empfindlichkeiten, besonders beim Off-Label-Einsatz von Chlortetrazyklin-Spray, deutet auf eine Selektion resistenter Erreger im Rahmen von Nabelentzündungen hin. Eine rechtzeitige Therapie mit first-line Antibiotika erscheint bei Streptococcus spp. und Trueperella pyogenes hingegen erfolgsversprechend.